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Malerei und Holzobjekte: Gergana Mantscheva und Anna Schmid im Schlösschen Vorder-Bleichenberg in Biberist

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Ausstellung

Im Schlösschen Vorder-Bleichenberg in Biberist zeigen Gergana Mantscheva und Anna Schmid erneut eine Auswahl ihrer Arbeiten. Klassisch-realistisch geschulte Malerei die eine, virtuos gesägte Holzskulpturen die andere.

Es sind diese «Matratzen», so realistisch gemalt, dass sie beinahe greifbar wirken, sie sind charakteristisch für die aus Sofia gebürtige Gergana Mantscheva. Sie beweisen eindrücklich ihre klassische Malausbildung: Täuschend echt gemalt all mit den Falten, Nähten, Steppnähten, dass man dicht herantreten muss, um die Malerei zu erkennen. Sie sind – gerollt, geknickt, verdreht, als Ausschnitt skulpturartig in der Wirkung – Objekt und Herausforderung eines formal wie farblich austarierten Malanspruchs. Diese akademisch geschulte Malerei zeigt sich auch in den klassisch stimmenden Porträts: eine junge Frau in Pose, ein Junge mit einem Goldcape, die in ihren malerischen Effekten, den gebrochenen Farben, dem diffusen Lichteinfall vor dunklem, leicht in sich nuanciertem Hintergrund, Altmeisterliches in sich tragen. Nur dass diese Figuren in ihrer Maltechnik modern sind: Ölfarben auf Acryl und in ihrer Plastizität manieriert präsent. Mantschevas präziser Malstil verleiht den Inhalten allgemein eine atmosphärische Schwebe zwischen malerischer Ästhetik (als Mittel zum Zweck) und persönlicher Reflexion. Wie auch beim Blick auf wogendes Gras, das in der Genauigkeit an Franz Gertsch erinnert. Die Ästhetik der menschlichen Figur als Gegenstand künstlerisch-sozialer Recherche findet sich auch in ihrer Auseinandersetzung mit dem Thema der Ostblock-Frauen und der Zwangslage Prostitution: Zwei junge Frauen, nur mit einem offenen Hemd bekleidet, spiegeln beinahe freskenhaft in einer manierierten Intimität ein trostloses, dennoch verbindendes Lebenselend. Ein weiteres Thema Mantschevas ist ihre bulgarische Herkunft, die Erinnerungen und Eindrücke an eine fremd-vertraute Heimat als malerische Melancholie des Erlebten, und der Ostblock allgemein zwischen Aufbruch und Scheitern. Dazu gehören die Abbildungen von Wohnblocks als diskrete Einblicke in fremde Lebensräume. Dem realisierenden Malstil treu, erzählt sie mit einem sachlich reduzierten Blick vom Leben und damit von Heimat. Auf kompaktes Papier gemalt erscheinen diese architektonischen Ausschnitte collagenartig ineinander konstruierter Wohnansichten und Urnengehäuse wie Trompe-l’œil aus dem Bild in den Raum zu ragen. Die Räumlichkeit der raffinierten Malweise und des Zuschnitt wird dadurch gesteigert, dass die Bilder zwischen zwei Glasplatten gepresst im Bildrahmen zu schweben scheinen.

Bis zur Grenze des Möglichen
Anna Schmid, sie lebt und arbeitet in Spiez und ist zum zweiten Mal im Schlösschen vertreten, lässt ihre mit der Motorsäge geschaffenen Skulpturen und allgegenwärtigen archetypische Formen, grenzen- wie zeitlos in ihrem Ursprung wirken. Allesamt aus einem Stück geformt, sind diese Holzskulpturen ausgesprochen eigenwillig in der Lesbarkeit und freien Interpretation. «Es soll die Betrachtenden an etwas erinnern, das man nicht genau benennen kann», beschreibt die Künstlerin ihre gestalterische Intention, wenn sie mit der Kettensäge regelmässig kerbend oder schnitzend die Baumstämme und -teile zu ebenso filigranen wie auch wehrhaft anmutenden Objekten derart bearbeitet, dass die Intention ein Geheimnis bleibt. Die (Ab-)Sichten sind enthalten, lassen aber Raum für eigene Entdeckungen und die eigene Fantasie des Einzelnen.
Virtuos geht Anna Schmid bis an die Grenzen von Statik und Fragilität, Kompaktheit und Transparenz, erzählerischer Dramaturgie und fremdartigen Chiffren, lotet alle Möglichkeiten des Materials (und der Motorsäge) aus, stets konzentriert auf die formale Sprache nativer Zeichen. Die gestalterische Grundidee schöpft aus Themen wie Strömungsgeschichten, Naturmomente bis hin zu den floralen Wellenrädern oder wellenartig geschnitzten Schwingungen als ornamentale Bedeutungsträger. Manche wirken wie aus Papier gefaltet, andere wachsen wie Türme oder totemartig schlank in die Höhe, lehnen wie urzeitliche Fragmente an der Wand oder bilden mantelartige (Schutz)Hüllen. In der Kapelle dann gelingt der Künstlerin mit femininen Fischgrätkorsetts eine allegorisch spannende Choreografie zum Thema Frausein. Aber allen Arbeiten sind rudimentäre menschliche Momente zu eigen.
Bis 23. September 2018. Geöffnet: Mi + Do 16-19 Uhr, Sa – So 14 – 18 Uhr. Matinée-Konzert Sonntag, 9. September, 11 Uhr, mit Franziska Baschung, Klarinette, Manuela Bürgisser, Akkordeon, Melda Umur, Kontrabass.

 

Werke von Gergana Mantscheva und Anna Schmid im Schlösschen Vorder-Bleichenberg in Biberist.
Werke von Gergana Mantscheva und Anna Schmid im Schlösschen Vorder-Bleichenberg in Biberist.