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Rotkäppchen sucht seinen seinen Wolf: Fortsetzung eines berühmten Märchens in der Freitagsgalerie Solothurn

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Ausstellung

In der Freitagsgalerie Solothurn kann man der Fortsetzung eines berühmten Märchens beiwohnen. Präsentiert wird neben Veronika Medicis Bühnen-Maquetten Leonardo Bezzolas Fotoserie zur Entstehung der Bühneninstallation.

«Der Wolf muss her», beschied das Rotkäppchen, das für immer in seinem Erfolg hätte baden können. Schliesslich hatte es zusammen mit der Grossmutter eine Viertelstunde (oder war es eine halbe?) im engen, dunklen, etwas glitschigen Bauch des Wolfes verbracht. Und das war schon mehr, als manch eine(r) erlebt hat. Doch der Ruhm verblasste, niemand wollte mehr seine Geschichte hören. Ein Remake, dachte sich das Rotkäppchen, würde den Ruhm neu beleben, gar noch steigern. Aber der Wolf, dem sie endlich begegnete, war noch jung und etwas tapsig und machte sich beim Anblick der roten Kappe aus dem Staub. Denn schon seinem Vater war die Bekanntschaft mit ihr schlecht bekommen. «Du bist eine Gefahr für die Umwelt», sagt er, «geh nach Hause und lass dir von deiner Mutter die Flausen austreiben».

Stefan Heyms Fortsetzung «Wie es dem Rotkäppchen weiter erging».
Vorhang für Vorhang hatte Veronika Medici während des Oktobers die Solothurner Freitagsgalerie in eine phantasievolle Märchenbühne aus Wellkarton verwandelt. Bis man sich wie in einem Guckkasten noch einmal ins «Rotkäppchen» versetzen konnte.
Am Freitagabend dann erzählte Veronika Medici, die für ihre originellen Puppentheater-Geschichten bekannt ist, nicht das Grimmsche Märchen, sondern Stefan Heyms süffisant-kritische Fortsetzung «Wie es dem Rotkäppchen weiter erging». Eine Parabel, mit der Heym augenzwinkernd die ebenso oberflächliche wie schnelllebige, widersprüchliche Publicitysucht paraphrasiert und lakonisch den wahren Wert der einfachen Liebe beschwört. Oder anders: Es ist des «ungefressenen», damit ruhmlosen Rotkäppchens treuer Freund Felix, der als erlösende Moral treu wartet und bereit ist, den Wolf für sie zu spielen. Angst hat er nicht, dass man ihm den Bauch aufschlitzt, denn «wer aus Liebe gefressen wird, der bleibt drin».
Unkonventionell ist diese Geschichte und unkonventionell war der Rahmen in der Intimität der proppenvollen Freitagsgalerie. Rotkäppchenmässig bei Kuchen und Wein, die Galerie bis auf einige kleine Bühnen-Maquetten und das kleine, still beleuchtete Märchenhäuschen leergeräumt, fand dieser eigenwillige Paradigmawechsel unter der subtilen Regie Veronika Medicis statt: verschmitzt und auf eine subversive Art märchentantenfreundlich hintersinnig. Derweil Dülü Dubach auf der Quetschkommode das Geschehen musikalisch kommentierte - gleichennassen frech, märchenhaft, verspielt oder theatralisch.
Am Freitag, 2. November 2001, 14 bis 20 Uhr, öffnet die Galerie nochmals und präsentiert neben den Bühnen-Maquetten Leonardo Bezzolas Fotoserie zur Entstehung der Bühneninstallation.

Veronika Medici 2001 in der Freitagsgalerie Solothurn.
Veronika Medici 2001 in der Freitagsgalerie Solothurn.