Home | News | Suchen | News-Archiv | Kategorien | Kontakt

Ritualisierte Reinigung durch das Feuer: Bernhard Luginbühl in der Galerie am Marktplatz in Büren an der Aare

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Ausstellung

Mit seinen Verbrennungsaktionen sorgt Bernhard Luginbühl seit 1976 für mancherlei Spektakel. Am Bertoldstag hat er auf dem Marktplatz von Büren an der Aare seine entsprechend benannte Holzfigur öffentlich verbrannt. In der Galerie am Marktplatz dokumentieren Fotos und Holzmodelle alle bisherigen Verbrennungen.

Was für ein Spektakel, was für ein Theater und was für ein Volksauflauf und Fest für die Freunde und Kunstinteressierten Luginbühls. Während in der Galerie eine Modell-Ausstellung die zwischen 1976 und 2001 im deutschsprachigen Raum bekannten Verbrennungsaktionen des heute 72-jährigen Eisenplastikers aus Mötschwil in ihrer theatralischen Wirkung vorführt. Da bot der Anlass auf dem Marktplatz in Büren an der Aare doch eine besondere Stimmung. Erst das leise Zeuseln und Zündeln, gefolgt von einem Feuerwerk, begleitet von Knistern und Sprühen in der winterlichen Nacht. Das Rad, der immer wiederkehrende Archetypus, dreht in der Glut, aufrecht grüsst Bertold mit langem Arm, um dann wie ein mittelalterliches Mahnmal in den Flammen aufzugehen und in sich zusammenzukrachen.

Allegorischer Akt des Unwiederbringlichen
Das Abbrennen der Holzfiguren ist wie ein allegorischer Akt des Unwiederbringlichen, wie eine - inzwischen ritualisierte - Reinigung. Und dennoch leben die Holzskulpturen in den kleinen Modellen weiter. Ausgetüftelte Konstruktionen sind es wahrlich, zwischen kompakter Verschlüsselung und filigraner Sinnbildhaftigkeit, zwischen barocker Fabulierfreudigkeit und technischer Bastelfreude, die Bernhard Luginbühl mit seinen Söhnen bis ins Abenteuerliche ausreizt. Denn das Zusammenbauen, das Konstruieren der Figuren im Freien mit den Helfern, das Gemeinschaftsgefühl ist ein wichtiger Punkt, bis es dann knistert und knallt und die Funken in den Himmel steigen. Dabei ist diesem künstlerischen Pyromanen eine sympathische Gigantomanie, eine lustvoll-theatralische Phantasie nicht abzusprechen.

Bernhard Luginbühl: von Bern über Linz bis Berlin
Begonnen hat der schwergewichtige Bildhauer monumentaler Eisenplastiken 1976 mit seiner ersten und bisher grössten Figur, mit der 22 Meter hohen «Zorn I», als Hommage an Adolf Wölfli und Christoferus auf der Berner Allmend. Es folgten unter anderem «Zorn 2» gegen die Ausrottung der Wale, «Zorn 3» in Linz, «Zorn 4» in Berlin, der «Phönix» auf dem von Roll-Areal in Gerlafingen, 1998 der «Hektor» auf dem Skulpturenweg Grauholz, Figurenverbrennungen im deutschen Künzelsau, Tuttlingen, Schwäbisch Hall, der nach dem Vulkan benannte Popocatepetl auf der Sechseläutenwiese in Zürich 1999, die «Milenium»-Verbrennung auf dem Berner Gurten Silvester 1999, das «Haus Berlin» für die Gäste des Schweizer Botschafters Thomas Borer am 1. August 2001.
Es ist nicht einfach nur die Freude am Spektakel, oft legt der Künstler Feuer an sein Œuvre, um auf aktuelle Probleme aufmerksam zu machen: auf die Dezimierung der Bauernhöfe im Emmental zum Beispiel, die Zerstörung der Bausubstanz in Linz. Die «Pandora» auf dem Albisgüetli Zürich 1996 ist aus politischen Gründen in Asche gefallen, zur Unterstützung der «Erklärung von Zürich» und damit indirekt auch der Genschutz-Initiative.

Bernhard Luginbühls 23. Verbrennung von «Bertold» in Büren an der Aare
«Bertold» nun, auf dem Marktplatz von Büren an der Aare abgefackelt, steht für den Tag seiner 23. Verbrennung, den Namenstag des 17. November, den Bertoldstag. Aber auch Büren ist symbolbehaftet, wird doch jeweils am 2. Januar auf dem Hauptplatz eine Strohpuppe stellvertretend für den «Nimmer Selig» verbrannt und so an jenen Brandstifter gemahnt, der im Mittelalter immer wieder Feuer legte, aber nie gefasst wurde. Zusammenhänge, die Luginbühls Verbrennungsaktionen einen zusätzlichen Reiz verleihen und über das Spektakel hinaus doch etwas Nachdenkliches beinhalten.
Die Ausstellung in Büren an der Aare dauert bis zum 13. Januar 2002, geöffnet, Do + Fr 16-19, Sa 14-17 Uhr. Es erscheint ein Katalog über die Verbrennungsaktionen.

http://www.luginbuehlbernhard.ch/bio.htm
http://doi.org/10.5169/seals-650608
https://www.e-periodica.ch/digbib/view?pid=dkm-003:2016 :76::1010#503

Zeusler mit Hang zur Kunst und Gigantomanie: Bernhard Luginbühl (links) fackelt 2001 in in Büren an der Aare seinen «Bertold» ab.
Zeusler mit Hang zur Kunst und Gigantomanie: Bernhard Luginbühl (links) fackelt 2001 in in Büren an der Aare seinen «Bertold» ab.