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Platt, rund, klein oder wuchtig: «Die Platte», Arbeiten von 70 Keramikschaffenden im Palais Besenval in Solothurn

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Ausstellung

Zum vierten Mal findet er in Solothurn statt, der Schweizer Keramik Wettbewerb, mit dem die Arbeitsgemeinschaft Schweizer Keramiker ASK im Palais Besenval die Gebrauchskeramik fördern will. «Die Platte» lautet das diesjährige Thema, das von rund 70 Keramikschaffenden in allerlei Möglichkeiten eher behäbig bis beliebig, bewährt bis verspielt geformt wurde.

Die Platte ist rund, aber nicht immer. Oft ist sie es, manchmal auch platt. Sie kann klein und simpel sein oder gross und wuchtig. Sie kann auch Cake-Form haben, dann leicht gewellt und von einem Ei durchbrochen sein. Sie kann zu einem alten Kahn mutieren oder in edler schlichter Ausführung auf eisenkettengeschwungener Höhe balancieren. Die Platte kann verbrannte Erde zitieren, den zeitlos würdigen Ausdruck des Rakubrandes hervorkehren. Strenge geometrische Formen finden sich ebenso wie Blumenmotive, fernöstliche Chiffren, malerisches Dekor wie das Verspielte, Verträumtes oder kitschig Angehauchtes.
Die Platte: Sie tendiert oftmals zur Schale, sie kann aber auch gefässartig einen Adler imitieren, als Gartenhügel mit Rechaud-Kerze gemütliche Stimmung hervorrufen, fröhlich bemalt von einer Hühnerfang-Aktion erzählen oder ganz traditionell alte Zeiten und frühe Moderne ins Hier und Heute retten. Nicht immer ist die Funktion dieser Gebrauchskeramik offensichtlich, kleine quadratische Plättchen auf Keramik-Spiralen sind allenfalls für Smarties geeignet, die rotgrüne, hölzerne Lolli-Verzierung eines ansonsten schönen Gefässes ist ein eher trendiger Gag.

Bewährtes wird bewahrt
Diese Ausstellung soll laut ASK den Stand und die Entwicklung des professionellen Schweizer Keramikschaffens aufzeigen und die Vielfalt dieser Medien verdeutlichen. Das Thema war (wie bei den drei vorherigen Ausstellungen «Das Gedeck», «Tea for Two» und «Die Tasse») vorgegeben. Zum Thema durften die Teilnehmer nur ein Stück einreichen. Und es wurden alle 69 Keramikerinnen und Keramiker den Teilnahmekriterien entsprechend angenommen. «Hors concours» laufen wiederum die Keramik-Schulen. Allein für die Prämierung dann waren klare Konzepte, zeitgenössische Ausdrucksweise und Ästhetik gefragt.
Man erlebt im Palais Besenval keinen Aufbruch, kaum Aufmüpfiges oder gar visionäre Ziele. Bewährtes wird bewahrt, das Gewohnte verharrt, zukunftsweisende Entwicklungen, die dem Kunstgewerblichen neue Horizonte öffnen, werden wohl gescheut. Selbst die Jury musste diesen Eindruck bestätigen. Vieles ist unspektakulär, manches von einer etablierten zeitlosen Ästhetik.
Das Künstlerische ist oft bemüht, das Originelle ebenso, mit Rückgriffen auf Klubschulniveau, auf Kunstbegriffe, ob nun Graffiti wie Keith Haring oder Ethno-Zeichen. Die vom Keramiker Andreas Steinemann eingerichtete Ausstellung führt zusammen, was zusammengehört. Sie vermeidet Widersprüche, auch Gegensätze und hebt die Preisträger hervor.

Die Preise
Die Preissumme von 9000 Fr., (5000 Fr. stammen aus der Ikea-Stiftung) wurde von der fünfköpfigen Jury (Sabine Nadler, ASK Dietikon, Patricia Glave, ASK Lausanne, Edith Guggenbühl, Heimatwerk Zürich, Dorothée Schellbaum, ASK Schaffhausen und Köbi Gantenbein, Chefredaktor «Hochparterre», Zürich) an die Preisträger übergeben.
Den ersten Preis (3000 Fr.) erhielt Renée Duc aus Lausanne für ihre Platte aus Presston, die an gefalteten Wellkarton erinnert und eine gleich geformte Glasplatte in sich trägt. Schlicht, aber einfallsreich verbinden sich so zwei fremde Materialien.
Der zweite Preis (Grazia Conti-Rossini, Zürich, 2000 Fr.) ist eine Variation zweier ineinander gestaffelter Schalen in schwarzweiss, auch hier eine gradlinige, aber dennoch elegante Idee.
Der dritte Preis ist eine unauffällige, kleine, graue quadratische Platte mit Noppen, ein Seifenteller, der sich - was oftmals fehlt bei diesen handwerklichen Einzelstücken - für eine grössere Produktion eignet.

Perfekt, üppig und doppelte Irritation
Auch die sechs Anerkennungspreise (jeweils 500 Fr.) geben sich teils neckisch oder konsequent ästhetisch konzipiert wie Angela Burkhardts Objekt in Neriage-Technik. Hier wird das gefärbte Porzellan im schwarzweissen Streifenmuster aneinandergesetzt und auf einer Gips-Negativform gebrannt bis zur Perfektion.
An ein Schwimmring-Sofakissen auf zahlreichen zappeligen Noppenfüssen erinnert François Rüeggs ungewöhnliches, üppiges platzforderndes Stück. Und Marc Zumsteins Tortenplatte lässt Omas Tortenteller wieder aufleben. Auf goldenen Füsschen steht sie, ist mit blauem Enzian bemalt und doch zu unproportional geraten. Aber immerhin ein witziger Blick zurück, während Gabriela Hollenstein die Pop-Art konsultiert. Eine Platte als Platte, als Zelluloidplatte «His masters voice». Die doppelte Irritation ist hier gelungen.
Bis 14. November 1999: Mi-Sa 14 bis 18 Uhr, So 10-17 Uhr.

Keramikwettbewerb 1999 im Palais Besenval Solothurn: «Frutti di mare» von François Rüegg, der für diese Arbeit einen Anerkennungspreis erhielt. (Foto: Eva Buhrfeind)
Keramikwettbewerb 1999 im Palais Besenval Solothurn: «Frutti di mare» von François Rüegg, der für diese Arbeit einen Anerkennungspreis erhielt. (Foto: Eva Buhrfeind)
Keramikwettbewerb 1999 im Palais Besenval Solothurn: Spiralenplatte «ADN Plat» von Raimonde Pannatier (links) und «Barque à fruits» von Jens Balkert. (Foto: Eva Buhrfeind)
Keramikwettbewerb 1999 im Palais Besenval Solothurn: Spiralenplatte «ADN Plat» von Raimonde Pannatier (links) und «Barque à fruits» von Jens Balkert. (Foto: Eva Buhrfeind)