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Die Einfachheit der Dinge im Bild: Nancy Wälti, Marcel Peltier und Alfie Maurer (Sämu Lanz) im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Ausstellung

Im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist, zeigen Nancy Wälti, Marcel Peltier und Alfie Maurer (Sämu Lanz) ihre künstlerischen Absichten.

Die Kunst ist ein seltsam Ding, mit der Kunst ist es – gerade im Einfachen – nicht immer einfach, zumindest nicht für die Betrachtenden. Kunst ist eben nicht immer «einfach schön, macht aber Arbeit», sondern oftmals auch widerspenstig und herausfordernd, kryptisch oder freigeistig. Und wie es sich hier in dieser von Alfred Maurer initiierten Ausstellung zeigt, Kunst ist und bleibt Haltung und Rezeption ihrer Zeit und unserer Wahrnehmung. So braucht es eine gewisse Neugier, sich mit den künstlerischen Ideen und Zusammenhängen auseinander zu setzen und aus eigenen Bildern nachhaltig zu schöpfen.
Zum Beispiel bei der Solothurnerin Nancy Wälti. Hier bilden die doppelbödigen Bildtitel einen ersten Faden, anhand dessen die 42-jährige, gelernte Bildhauerin uns mit unscheinbaren alltäglichen Begriffen und Bildzeichen auf Spurensuche schickt: «Masslos», das ist der abgeschmirgelte, erst geweisste und vergoldete Massstab, in der Form vertraut, nun dekorativ ohne Masse die Wand schmückend; «Rauch/Ente» ist nichts anderes als die mit Tusche gezeichnete Rauchverbotsflamme, nun um 45° gedreht und zur kalligrafischen Ente mutiert in der weiten Fläche des Bildträgers. «Was bleibt» zeigt, was bleibt, wenn man ein Buch gelesen hat: Erinnerungen, manchmal nur als Leere und die zeichenhaft zentrierten Buchzeichenbändeli. Raffiniert transformiert Nancy Wälti vertraute Formen in subtil verfremdete Assoziationen. So dass sich die Eindeutigkeit aufhebt und Anregung wird für neue Aussagen, die durchaus gewisse gesellschaftskritische Töne in sich tragen. Eine Spurensuche kultureller Begrifflichkeiten findet sich auch in den zeichnerischen Arbeiten. Mit Graphit auf Papier erreichen die «Menü»-Balken der Websites eine künstlerisch universelle Dimension; mit Pigmenttusche und feinen linearen Schriftzügen verdichtet Nancy Wälti Vergangenheit und Zukunft, allein die Gegenwart ist blank, die gilt es wohl zu füllen. Gleichermassen hintersinnig wirkt das mit rotem Lippenstift geküsste «Mundtot»-Kreuz in der Kapelle, prägnant in der Schlichtheit sind Wirkung und Gedanken frei.
Auch bei Marcel Peltiers Arbeiten braucht es nur ein wenig Musse, um diese Spielarten künstlerischer Intentionen zu lesen und nachzuvollziehen. Entstanden sind die meisten Inhalte in Acryl-Aquarell-Technik während eines kürzlichen Atelier-Aufenthaltes in Hamburg aus konzeptuellen Bildgedanken, freier figurativer Bildfindung und Tagesthematiken. Natürlich finden sich seine einfachen Formen, mit denen der 74-jährige Oltner Künstler die Wahrnehmbarkeit einer Form und deren Wandelbarkeit, als Assoziation und Imagination, immer wieder neu sichtet. Dazu gehört die vorderorientalische Ornamentik, die er zur textilen Wirkung ebenso wie als Wand-Ensemble austariert. Oder mit dem wiederaufgeflammten Fukushima-Thema als Geisha-Interpretationen ausfiguriert. Polymorphe Körper, körperliche Bewegtheit, Schemen, mit denen der Künstler vordergründiges Sehen und nachwirkendes Erkennen auslotet: Was ist malerische Idee, was das Spiel mit den Formen, was ist kulturelle, ornamental eingebundene oder was deren malerische Metamorphose? Auch seine «Räume» basieren auf der assoziativen Suche nach Inhalt, Gestalt und Aussage. Formal reduziert und suggestiv verdichtet als Spiel mit den Farben, Ebenen und Überlagerungen zitiert Marcel Peltier seine künstlerische Reflexionen immer neu.
Alfie Maurer, der seit seiner Heirat den Namen gewechselt hat zu Sämu Lanz, aktuell wohnhaft in Uetendorf, untersucht mit seinen expressiv anmutenden schwarzweissen Fotografien im Unscheinbaren des Alltäglichen das Scheinbare im Wirkungsvollen. Archäologischen Spurensuchen gleich, geht er mit der digitalen Kamera auf analoge Bildfindung und -wirkung, ein abstraktes Arbeiten der Kamera. Kahle, einst genutzte Hauswände, voller Zeichen, Spuren und Mikrokosmen neuzeitlicher Vergangenheiten, Reste abgerissener Plakate, steinerne Schichten, hölzerner Restabfall, die Sämu Lanz mit Makroeinstellungen und Zoom fokussiert zu informellen Gesten, malerischen und zeichnerischen Bewegungen. Die Kamera bleibt dabei das Handwerkszeug, es ist neben dem Blick für die Ästhetik des Unscheinbaren vor allem die Transformation im Druck auf das besondere Papier, in das die Druckfarben eindringen können und die malerische Qualität bewirken. In dieser Verwandlung von digitalen zu analogen Momenten, von Bildsichtung und Bildwirkung eröffnen sich den Betrachtenden eigenwillige bis freie Suchbilder: Man sieht, was man weiss oder erkennt, emotional, subjektiv oder objektiv.

Bis 15. Dezember 2019. Öffnungszeiten: Mi + Do 16-19 Uhr, Sa + So 14 – 18. Vernissage: Samstag 23.11., 17 Uhr, Einführung: Julia Strobel, Kunsthistorikerin Bern. Matinéen: So 8.12. und So 15.12., jeweils 11 Uhr. Führungen: Sa 30.11., 16 Uhr mit Alfie Maurer (Sämu Lanz), Sa 7.12., 16 Uhr mit Nancy Wälti und Marcel Peltier

Marcel Peltier 2019 im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist. (Foto: Eva Buhrfeind)
Marcel Peltier 2019 im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist. (Foto: Eva Buhrfeind)
Werke von Alfie Maurer (Sämu Lanz) im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist. (Foto: Eva Buhrfeind)
Werke von Alfie Maurer (Sämu Lanz) im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist. (Foto: Eva Buhrfeind)
Werke von Nancy Wälti im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist. (Foto: Eva Buhrfeind)
Werke von Nancy Wälti im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist. (Foto: Eva Buhrfeind)