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Räume aus vier Künstler-Perspektiven: Das Kunstmuseum Solothurn zeigt im «Jahresporträt 1998» Werke von vier jungen Kulturschaffenden

Verfasst von Eva Buhrfeind |

Mit dem «Jahresporträt 1998» präsentiert der Kunstverein Solothurn zum drittenmal vier junge Solothurner Kunstschaffende im Graphischen Kabinett des Kunstmuseums. Die neuen Arbeiten von Jürg Hugentobler, Martin Müller-Reinhart, Anita Breiter und Rita Baumgartner zeichnen sich primär durch ihren eigenständigen Ausdruck aus.

Mit dem erst einmal auf fünf Jahre beschränkten Projekt «Jahresporträt» möchte der Kunstverein Solothurn periodisch und pointiert jährlich vier Kunstschaffende aus der Region - in einem Katalog und in einer Ausstellung - einem breiteren Publikum näherbringen. Dazu wurden dieses Jahr zwei Künstlerinnen und zwei Künstler ausgewählt, die an den kantonalen Weihnachtsausstellungen in Olten oder Solothurn durch ihr eigenständiges Schaffen aufgefallen sind, sich jedoch noch nicht etablieren konnten. Auch wenn sie aufgrund qualitativer Kriterien eingeladen wurden, so erstaunt doch in der Gegensätzlichkeit eine gewisse Nähe zu Fragen nach inneren und äusseren Räumen, nach realen und fiktiven Aspekten.

Realität - Illusion?
Echte Irritation löst zweifelsohne das Werk des gebürtigen St.Gallers Jürg Hugentobler aus, der in Solothurn lebt. Insbesondere seine Schwarzweiss-Fotografien fordern zu einer intensiven und spannenden Auseinandersetzung heraus. Sind diese Räume möglich, nur Illusion, oder beides? Denn der 43jährige Künstler, der auch in der Fotografie stets Bildhauer bleibt, hebt in seinen bildhauerisch verfremdeten, fotografierten Räumlichkeiten die Grenze von Wirklichkeit und Fiktion auf. Dazu schafft er innerhalb eines Raumes zusätzliche Fluchtpunkte und lässt nur allmählich erkennbar das Reale und das Modellierte ineinander übergehen. Auch sein hölzerner Steg, der steil in die Wand zielt, befindet sich in dieser Schwebe.

Martin Müller-Reinharts Räume
Auch bei dem in Paris und Solothurn lebenden Martin Müller-Reinhart spielen die Räume im künstlerischen Schaffen eine zentrale Rolle. Hier zeigt er eine Zusammenstellung von Radierungen aus den Jahren 1977 bis 1994, in denen er mit Fläche und Linie die Grenzen architektonischer Möglichkeiten bis zur Fiktion befragt. Handwerklich und in der Stimmung von einer eindrücklichen altmeisterlichen Qualität vereinen sich zeichnerische und malerische Elemente zu möglichen bis surrealen Raumgedanken, in denen das Kreuz den Menschen oder den Körper allgemein symbolisiert.

Anita Breiters reine Malerei im klassischen Sinn
Die Arbeiten der Langendorferin Anita Breiter sind reine Malerei im klassischen Sinn. Nur, dass sie nun als Unterlage farbige Buchdeckel alter Werke verwendet, diese in ihre kleinen Darstellungen miteinbezieht. Bescheiden und doch intensiv schöpft die 33jährige Anita Breiter die Spannbreite von figürlich bis abstrakt aus. Sie komponiert subjektive Gefühlsfarbwelten ebenso wie kleine Landschaftsskizzen, umreisst reale oder träumerisch-freie Motive - angeordnet zu einer originellen Wandinstallation.

Besucher als Voyeur
Im letzten, abgedunkelten Raum erwartet die Besucher ein Gestell mit Leinwand. Von hinten gibt ein Videoprojektor Einblicke in fremde Zimmer. Unter der Leinwand hängen Geranien, Inbegriff absoluter Bürgerlichkeit, Fensterrahmen und -läden begrenzen die Sicht. Rita Baumgartner entführt mit ihrer Installation in alltägliche Abläufe unbekannter Menschen - vom ersten morgendlichen Kaffee über die Körperwäsche, das Ankleiden, das Geschehen im Bad, in der Küche, am Fenster, mit der Katze oder im privatesten Winkel. Doch auch wenn sie mit den Bildabläufen, mit Nähe und Distanz, mit An- und Ausschnitten spielt, sie ineinander fliessen lässt - der Betrachter gerät unverhofft in eine voyeuristische Intimität. Der private Raum wird öffentlich, das Äussere dringt nach Innen, hebt für einen Augenblick die Grenzen auf.
Bis 20. September 1998, es erscheint ein Katalog.