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Der Autor als Maler und Zeichner: Dürrenmatt-Bilder in der Galerie Bernard

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Ausstellung

Zusammen mit der Grenchner Kulturkommission und dem Solothurner Kulturzentrum Palais Besenval zeigt der Grenchner Galerist Hans Liechti im Rahmen des Lehrerweiterbildungskurses seine umfangreiche und beachtenswerte Sammlung Dürrenmattscher Bilder, Zeichnungen und Skizzen. Ein vielschichtiges, intensives Werk, das den Schriftsteller und Menschen über einen anderen Aspekt fassbar macht.

Auch wenn sich Friedrich Dürrenmatt im Laufe seines Lebensweges einmal zwischen seinem künstlerischen und schreibenden Talent zugunsten des Wortes entschieden hat - ein Entschluss, der an sich recht spät fiel -, so hatte er damals schon ein recht beachtliches zeichnerisches CEuvre geschaffen, blieb dem Literaten das Malen und Zeichnen als ein zusätzliches Ventil, um seine Visionen, Gedanken, aber auch Ängste und philosophischen Auseinandersetzungen weniger erzählend denn bildhaft umzusetzen. Oder wie es sein ehemaliger Konolfinger Schulkamerad und spätere enge Freund, der Grenchner Galerist Hans Liechti, formuliert: «Er arbeitete so lange, bis der Kopf leer war, bis der letzte Gedanke, den er bildlich fassen konnte, zu Papier gebracht war»: Malen und Zeichnen als eine Art des bildlichen Schreibens, das nicht zum Hobby degenerierte, sondern in das die Wortkunst intetegriert wurde, ein notwendiger, ausgleichender Bestandteil wurde.

In Neuenburg entstanden
Viele seiner Zeichnungen und Skizzen entstanden in Hans Liechtis ehemaligem Hotel «du Rocher» in Neuenburg, wo die einstigen Schulkameraden nach rund 30 Jahren wieder aufeinanderstiessen und wo sich eine lebenslange enge Freundschaft entwickelte, durch die Liechti letztlich zu seiner Sammlung von Dürrenmatt-Werken gelangte.
Schnelle, spontane Bilder, manchmal serienweise bis zu 60 kleineren Skizzen und Karikaturen innerhalb von eineinhalb Stunden: Mal frech-boshaft und ironisch-hintersinnig wie die Tell- und Alphorn-Geschichten, dann witzige wie die cartoonhaften Eierkopf-Osterversionen bis hin zu den liebevoll-süffisanten Interpretationen seiner Freunde, an denen Dürrenmatt selber seine grösste Freude hatte.
Wenn er schrieb, malte er nicht, und wenn er malte, dann schrieb er nicht, sondern arbeitete wie besessen oft nächtelang an seinen Bildern, den Gouachen, Collagen, Tusche-, Kohle- und Bleistiftzeichnungen, den Litho- und Lumografien, durch deren Vielschichtigkeit und Inhaltsfülle sich Allegorien und Motive aus der Bibel, der Antike, dem Weltall und der Weltgeschichte ziehen.
Die Schöpfung war übrigens ein allumfassendes Thema, die Bestimmung des Menschen darin sein Suchziel, Untergang und Neuanfang, aus alten Welten entstehen neue, ein grenzenloser Komplex, eine universelle Einheit, zu der für ihn auch die Mythologie gehört - der immer wiederkehrende Minotaurus, bedrohliches und mitleiderregendes Kraftsymbol im einsamen Labyrinth des Lebens wie auch die unabdingbare Frage nach Gott, die den als Atheisten beschriebenen, in seinem Innersten sicher tiefgläubigen Menschen, um immer mehr Wissen um Gott ringen lässt.

Apokalypse und Astronomie
Apokalyptisches, Abgründiges, die Frage nach Macht und Tod finden sich in seinen Bildern ebenso wieder wie ein weiteres grosses Interessengebiet, die Astronomie und Varlins Kunst. Dann auch die Frau als Urweib, die metaphorische Verbildlichung des Sexuellen.
Intelligenz und Intellekt, gepaart mit einer tiefsitzenden Sensibilität und Witz, Weitsicht und einem Sinn für Absurdes, Skurriles formen sich zu einem Bildwerk, das kogenial zu seiner Wortkunst zu sehen ist.
Ausstellung: bis 23. Juli 1992. Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag von 16 bis 19 Uhr. Vernissage: 9. Juli 1992, 18 Uhr.

Hans Liechti 1992 vor Dürrenmatts Bildern «Minotaurus im Labyrinth» in der Galerie Bernhard. (Foto: Eva Buhrfeind)
Hans Liechti 1992 vor Dürrenmatts Bildern «Minotaurus im Labyrinth» in der Galerie Bernhard. (Foto: Eva Buhrfeind)