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Spuren kostbarer Gewebe: Zu einer Ausstellung in der Abegg-Stiftung Riggisberg

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Ausstellung

In den vergangenen zwei Jahren sind in der Konservierungswerkstatt der Abegg-Stiftung Riggisberg wieder einmal weltberühmte Textilwerke der Spätantike und des Mittelalters restauriert worden. Auch wenn es oft nur noch Fragmente sind, gibt diese Jubiläumsausstellung zum 25jährigen Bestehen «Spuren kostbarer Gewebe» doch einen interessanten Einblick in die alte Textilkunst.

Vor 25 Jahren würde die Abegg-Stiftung, ein kunstwissenschaftliches Institut, gegründet, das unter anderem sich die Textilkonservierung und Kunstforschung zur Aufgabe macht und in deren Mittelpunkt alte Textilkunst steht.
Reste von künstlerisch gestalteten Stoffen beweisen eine frappante Textilfreudigkeit und -fertigkeit früherer Jahrhunderte, bis in die Spätantike reichen die textilen Zeugen, deren Schönheit nicht immer voll nachvollziehbar ist, hat doch die Zeit deutliche Spuren der Zerstörung und des Verfalls hinterlassen.

Aufwendige Restaurierung
So sind denn diverse komplizierte Konservierungs- und Restaurierungsarbeiten notwendig, nicht nur, um das Kunstwerk zu erhalten, sondern auch, um den ästhetischen Eindruck einigermassen wiederzugeben.
In den letzten zwei Jahren sind nun in den Konservierungswerkstätten der Abegg-Stiftung wieder einmal weltberühmte Textilwerke der Spätantike und des Mittelalters restauriert worden, die jetzt in der Jubiläumsausstellung zum 25jährigen Bestehen vorübergehend vereint gezeigt werden. Auch wenn die ursprüngliche Pracht sich trotz aller Mühe nicht mehr ganz wiederherstellen lässt - die durch klimatische und mechanische Einwirkungen entstandenen Schäden sind irreparabel -, so ist diese Ausstellung als «Spuren kostbarer Gewebe» nur noch ein Abglanz ihrer einstigen Schönheit, doch ein in ihrem Aufbau, den ausführlichen und detaillierten Beschreibungen mit den Bildertafeln über die mühevolle Kleinarbeit, ein interessantes und spannendes Zeugnis alter Zeiten.

Begehrte Sammelobjekte
Die Entdeckung des mittelalterlichen Kunsthandwerks um die Mitte des 19. Jahrhunderts liess die Stoffe zu begehrten Sammelobjekten für Kunstliebhaber wie Kunstgewerbemuseen werden, was für den heutigen Standpunkt eine ausgesprochen «unsachgemässe» Behandlung mit diesen Geweben und sogar ein schon skrupellos zu nennendes Abschneiden einzelner Teile mit sich führte, mit deren Schäden die heutige Textilrestauration nun konfrontiert wird.
So war es denn das Ziel der Abegg-Stiftung, die Spuren zu sichern und zu erhalten. Andererseits musste man in Detektivarbeit den Spuren nachgehen, um so die in aller Welt verstreuten restlichen Teile aufzustöbern. Wobei es denn auch gelang, einen grossen Teil dieser Fragmente zum Studium oder zur Konservierung nach Riggisberg zu holen und im Vergleich mit dem Originalgewand oftmals ihre ursprüngliche Lage innerhalb des Stückes herauszufinden, wenn auch nicht durch Vereinigung aller originalen Fragmente, so doch zumindest zeichnerisch rekonstruiert.
Spätantike und frühchristliche Textilien haben sich hauptsächlich als Reste von Kleidungsstücken und Decken erhalten, in Oberägypten fanden sie zum Beispiel eine Zweitverwendung bei Beerdigungen. Vereinzelt finden sich auch ausserordentliche Stücke, die nicht zum üblichen Grabinventar gehören. In dieser Ausstellung werden gleich fünf solcher Textilien gezeigt, darunter solche, die mit ihren Bildinhalten ein wichtiger Bestandteil der spätantiken Raumkunst waren: einmal die beiden in Reservetechnik ausgeführten Fragmente biblischen Inhalts der «Gesetzesübergabe» und von «Daniel in der Löwengrube» oder das Wirkereifragment mit Adler. Die Konservierung eines seltenen spätantiken Gewebes deckte die einstige Verwendung als Tunika auf. Die mühevolle und aufwendige Bearbeitung eines verwitterten und verfalteten bemalten fragmentarischen Leinengewebes liess in einem zeitraubenden Puzzle einen in seiner Grösse und Art einmaligen Behang mit Szenen aus Genesis und Exodus entstehen, mit dem gleichzeitig auch das Wissen um die spätantike Leinwandmalerei erweitert wurde.
Zu dieser Ausstellung erscheint ein kleiner, preisgünstiger Führer, der die zu den Exponaten sehr anschaulich gestalteten Informationen vertieft.
(Bis 1.November 1992, täglich 14 bis 17 Uhr)

Ausstellung «Spuren kostbarer Gewebe» 1992 in der Abegg-Stiftung Riggisberg: Fragmente einer seidenen Tunika aus dem 5. Jahrhundert.
Ausstellung «Spuren kostbarer Gewebe» 1992 in der Abegg-Stiftung Riggisberg: Fragmente einer seidenen Tunika aus dem 5. Jahrhundert.