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Mit «Diener zweier Herren» in die neue Spielzeit: Städtebundtheater Biel/Solothurn geht mit Goldoni-Stück auf Tournee

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Theater

Sommerzeit, das heisst für das Städtebundtheater Biel/Solothurn auch wieder Sommerproduktionszeit. Zeit für ein leichtes Theaterstück, das den Gepflogenheiten entsprechend ins Freie gehört, aber dieses Jahr nochmals im kleinen Theatersaal des Schlosses Waldegg ob Solothurn für Unterhaltung sorgen wird: Carlo Goldonis «Diener zweier Herren.»

Eigentlich, ja eigentlich sind diese Sommerproduktionen Freilichtaufführungen, neuhochdeutsch auch Open air genannt. Dieses Jahr hingegen findet die sommerliche Theaterproduktion, zumindest was Solothurn betrifft, nochmals in geschlossenen Räumen statt - wie schon im vergangenen Jahr, als Herbert Meiers «Fähndrich von S» im kleinen Haustheater des Schlosses Waldegg uraufgeführt wurde. Für die Zukunft aber soll wieder der Park des Palais Besenval in Solothurn als Premierenort vorgesehen sein.
Und wie im vergangenen Jahr setzt man wieder auf die Spazierlust wie -laune der Besucher, die sich vor und nach dem langen Sitzen die Beine vertreten möchten, denn einen speziellen Busdienst zum Schloss Waldegg gibt es auch heuer nicht, da er zu teuer käme. Vom Benutzen privater Fahrzeuge wird abgeraten, da Parkplätze beim Schloss Waldegg sehr rar gesät sind. Wer jedoch das Lustspiel in Frischluft geniessen möchte: Das Städtebundtheater geht auf Wanderschaft, und zwar am 7./14./ 18./21. und 25. August nach Biel in den Park des Museums Neuhaus; am 20. August in den Schlosspark Nidau; am 15. August im Rahmen des «Theaterznacht» in die Goldgasse in Balsthal (bei Regen in der Bezirksschultumhalle), und am 23. August findet im Stadttheater Olten noch eine Matinee (10 Uhr) statt. Weitere Aufführungen auf Schloss Waldegg: 31.7./2./8./11./12./ 13./28./29. und 30. August; am 2. und 30.8. um 19 Uhr, sonst um 20 Uhr. Schloss Waldegg ist sicher nicht Venedig, Schauplatz von Goldonis Komödie, aber als ein barockes Schloss in heiterheimeliger Umgebung ebenfalls ein idealer Tummelplatz, wenn auch nur auf die während des Umbaues entdeckte Bühne beschränkt, für den mit vielen und nicht immer sauberen Wassern gewaschenen possenhaften Diener Truffaldino. Dieser steht an sich in den Diensten von Beatrice, die in Männerkleidung ihrem nach Venedig geflohenen Geliebten Florindo nachgereist ist, der in einem Duell ihren Bruder tötete. Hier tritt nun Truffaldino klammheimlich auch in die Dienste von Florindo, denn von Beatrice schlecht bezahlt, meint er nur als Diener zweier Herren angemessen leben zu können. Er gerät in allerlei verfängliche Situationen und die von ihm heraufbeschworenen Konfusionen treiben die turbulente Handlung voran bis zu einem für alle versöhnenden Schluss.
Carlo Goldoni, Venezianer, Theaterautor und Regisseur, revolutionierte die Commedia dell’Arte, er nahm den Schauspielern die Maske ab, er brachte die Schauspieler nicht nur dazu, ihr Gesicht, ihre Mimik zum Ausdruck von Leidenschaften und Eigenarten zu verwenden, sondern verlieh dem Spiel Seele. Die einstigen marionettenhaft agierenden Interpreten wurden zu eigenständigen Schauspielern, die in ihren Rollen Menschen zeigen mit Arten und Unarten, zwar immer noch Individuen, aber schon Träger sehr bestimmter Eigenschaften, ganz in der Art des molièreschen Vorbildes. Das Stegreifspiel verwandelte Goldoni zu einer Art italienische Rokokokomödie, in der er mit einfachen künstlerischen Mitteln, geschickter psychologischer Motivierung, realistischen Charakterzeichnungen und lebhafter bühnenwirksamer Dramaturgie die alltägliche Wirklichkeit realistisch nachvollzog. Eine Wirklichkeit, die er dem für ihn faszinierenden eigenartigen Leben und Treiben seiner Heimatstadt entnahm, dazu gehörten für ihn auch Hinweise auf politische, gesellschaftliche und ökonomische Probleme.
Im Mittelpunkt von Spiel und Komik über die Liebe oder Verliebte stehen die Diener, die «Zanni». Aus ihren Reihen hervorgegangen ist der «Arlecchino», dummschlau, faul, gefrässig und unverschämt, dessen Abwandlung ins Tölpelhafte der «Truffaldino» ist.
Eine Paraderolle für Hans Schatzmann, um «Commedia del’arte»-Slapstick und molièreschen Charaktertyp zu verbinden. Unter der Regie von Peter Ehrlich, er gehört zum Schauspielensemble des Zürcher Schauspielhauses, sind unter anderen Aldo Huwyler, Janine Renaud, Peter Glauser, Reto Baumgartner, Monika Niggeler, Beat Albrecht, Raoul Serda als lustiges italienisches Völkchen auf der Bühne zu sehen. Premiere ist heute abend.

Szene aus Carlo Goldonis «Diener zweier Herren» 1992
Szene aus Carlo Goldonis «Diener zweier Herren» 1992