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Geschichte und Gegenwart: Drei interessante Ausstellungen in der Franche-Comté

Verfasst von Eva Buhrfeind/Besançon | |   Ausstellung

In den Museen von Belfort, Montbéliard und Besançon in der französischen Freigrafschaft Franche-Comté zeigen zurzeit drei zeitgenössische französische Künstler ihre Werke. Individuelle Arbeiten, die sich auf originelle Art in die historischen Sammlungen einfügen.

Das Château des Ducs de Wurtemberg dient seit 1937 als ein Museum für eine breitgefächerte Sammlung von unter anderem technischen, archäologischen, natur- und kunstgeschichtlichen Beständen. Parallel dazu werden in regelmässigen Abständen die Arbeiten zeitgenössischer in- und ausländischer Künstler vorgestellt. So auch der 1936 in Nimes geborene Claude Viallat, der neben einer mehrteiligen Installation einige seiner abstrahierten Stoffbilder zeigt. Nicht grundierte und nicht gespannte Stoffe tränkt er mit Farben, durch die Repetition der stets gleichen emblematischen Formen entwickelt sich ein ornamentaler farbiger Rhythmus.

Zeugen der Zivilisation
Stoffe, Tapetenreste, Netze, Schwemmholz, Steine, Seile, Farbeimerdeckel, Äste, Abfall und Zeugen unserer Zivilisation, zu zahlreichen kleinen vielgestaltigen Objekten zusammengesetzt, die sich in den Jahren 1982-1992 an den Wänden seines Ateliers angesammelt hatten, wurden hier nun in die archäologische Sammlung eingefügt. Ein oftmals spannender, denn nicht immer sind die contemporären Werke sofort als solche zu erkennen, wie auch faszinierender Vergleich zweier Archäologien, die der jahrhundertealten Menschheitsgeschichte mit der kurzfristigen individuellen Vergangenheit eines zeitgenössischen Künstlers. In den Kontrasten sind Parallelen, Ähnlichkeiten, Zusammenhänge wie Diskrepanzen in verschiedenen Lesarten möglich.
(Bis 30.September 1992)

Mit Tradition auseinandersetzen
Auch der 46jährige Gerard Collin-Thiébaut arbeitet mit einer kurzfristigen Täuschung des Betrachters. Dabei sind seine aus farbigen, seriell gefertigten Puzzleteilchen zusammengesetzten «Klassiker», die im Musée des beauxarts et d’archéologie in Besançon zwischen den Originalen der Gemäldesammlung immer wieder unerwartet auftauchen, nicht als Persiflage oder Konfrontation mit der Kunst zu verstehen. Sondern mit diesen mehr spielerischen, im Sinne einer Konzept-Kunst zu verstehenden Nachahmungen sucht der Künstler vor allem die Auseinandersetzung mit der Kunsttradition und dem Kunstwerk. «Quelques transcriptions» nennt er sie denn auch, Abschriften, Übertragungen also, um so den mehr auf Namen denn auf Bildinhalte konzentrierten Betrachter aus einem gewohnheitsmässigen Registrieren aufzurütteln.
Diese aus vielen kleinen und recht farbigen Puzzleteilchen neu zusammengesetzten, mit ihren Goldrahmen und Beschreibungstäfelchen eher unauffälligen Werke - die Vorbilder stammen aus fast allen Kunstepochen - zwingen den irritierten Betrachter schnell einmal zu einem genauen Hingucken und näherem Beschäftigen mit dem Bild. Wobei natürlich eine Beziehung zwischen Vorbild und Wiedergabe, zwischen historischer und contemporärer Kunst akzentuiert wird.
(Bis 5.Oktober 1992)

Aufs Wesentliche reduziert
Die geschichtsträchtige Zitadelle von Belfort bildet den Hintergrund für die umfangreiche Ausstellung von Vincent Barré. Mit martialisch, atavistisch, urchristlich und archaisch wie nativ könnte man den Gesamteindruck dieser in ihrer künstlerischen Ausformung streng reduzierten Skulpturen und Objekte umschreiben, die jetzt auf einem Rundgang, dem «Chemin de Ronde» durch die wehrhafte Festung führen. Rückgriffe auf die Geschichte, Religion, Mythologie bilden in den Arbeiten aus Holz, Stahl und Glas einen wichtigen Aspekt, werden doch so mit einer modernen Kunstsprache Vergangenheit und Gegenwart für die Zukunft neu verknüpft. Ziel des 44jährigen Künstlers ist es dabei, mit möglichst wenig Mitteln möglichst viel Raum zu umfassen wie auch einen direkten engen Bezug zum Raum selber herzustellen. Auch wenn diese zur metaphernhaften Schlichtheit und vereinfachender Sinnbildlichkeit zurückgenommenen Skulpturen in den letzten zehn Jahren entstanden sind, so scheinen sie mit ihrer jetzigen unmittelbaren Umgebung unwiderruflich verbunden zu sein: die gläserne Arche im Verlies, griechische Göttinen, Wächter in ihrer unergründlichen Stille, der archaische Bogen thronend über der Stadt, der riesige Pflug-Vogel vor den Mauern.
Seine seit zehn Jahren erfolgreiche künstlerische Tätigkeit - der ausgebildete Architekt Barré wandte sich erst 1982 der Bildhauerei zu - wird in dieser chronologisch angelegten Ausstellung zusätzlich durch Skizzen, Studien und Gemälden dokumentiert.
(Bis 30.August 1992)

Vincent Barrés Bogen über Belfort. (Foto: Eva Buhrfeind)
Vincent Barrés Bogen über Belfort. (Foto: Eva Buhrfeind)