Home | News | Suchen | News-Archiv | Kategorien | Kontakt

Viele Farben, Formen und Bewegung: Zu einer Ausstellung in der Galerie Bertram, Burgdorf

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Ausstellung

In der Galerie Bertram Burgdorf zeigen der polnische Künstler Krzystof Olszewski und seine Schweizer Frau Elvira ihre nach sieben Jahren Aufenthalt in den Schweizer Bergen entstandenen Bilder: expressive, farbige Werke als eine verschlüsselte Botschaft aus dieser Zeit, von diesen Erfahrungen an den Betrachter.

Das handgenähte Zelt, gleich am Anfang, erzählt als stummer Begleiter von seiner Funktion in den vergangenen Jahren.
Die darin ausgebreitete lange, schmale Gouache hat die Gestalt eines Menschen, versteckt unter einer lebhaften Formen- und Farbgebung: Zelt und Bild wie eine Metapher der vergangenen sieben Jahre, die sie mit dem kleinen selbstgenähten Zelt in den Schweizer Bergen verbrachten.
Sie, das sind der 42jährige, aus Lodz gebürtige Krzystof Olszewski (studierter Mediziner mit Selbststudium der Geschichte, der Weltzivilisation und Geschichte der Menschheit, seit 1976 als Künstler tätig, seit 1980 in der Schweiz) und seine Frau Elvira, aus Brig gebürtig, die seit 1976 mit ihm künstlerisch zusammenarbeitet.

Leben in den Bergen
1984 verliessen sie ihr Haus und zogen mit dem winzigen Zelt und wenigen Habseligkeiten aus, um für siebeneinhalb Jahre in den Schweizer Bergen zu leben, nicht aus Zivilisationsmüdigkeit oder als Meditationsflucht, sondern «die Bewegung war aus der Kreativität entstanden und war Kreativität... Die sieben Jahre in den Bergen war eine künstlerische Tätigkeit, die an einem universellen Körper schaffte, der in allen Bedingungen der Welt leben kann... der in Symbiose, also ohne Zerstörung auf der Welt lebt..»

Esoterische Stimmungen
Trotz der kargen Lebensumstände und des Herumziehens - auch zurzeit haben sie keine feste Wohnung - betrachten sie sich nicht als Nomaden im herkömmlichen Sinn, sondern sie versuchen mit dieser Lebensart den Körper, die Psyche, die Umwelt und ihre Beziehung zueinander mit Hilfe aller Sinne durch Licht, Farben und Form zu erforschen.
Im siebten Jahr begannen sie dann die gemachten Erfahrungen, Stimmungen, Gedanken, das Forschen bildnerisch zu einer expressiven, im Pinselduktus oftmals lebhaften, allegorischen Bildsprache umzusetzen, hoben dabei die Grenzen zwischen Wissenschaft und Kunst, Kreativität und Religion auf, liessen alles zu einer metaphorisierenden Geisteshaltung zusammen- fliessen, getragen von gewissen esoterischen Stimmungen, einer inneren Kraft und dem Wissen um Sinn und Macht des Lebens, jeder Zelle, um Anfang und Ende, Leben und Tod.
«Die Essenz der Zeit» heisst zum Beispiel ein Zyklus - zum Teil sind die Arbeiten auch in ihrem Burgdorfer Atelier entstanden, das sie für ein halbes Jahr innehatten - und der düster und beunruhigend Geburt, Schmerz, Degeneration und Tod bezeichnet.

Kräftige Farbpalette
Farben, Formen und Bewegung sind denn auch ein wichtiges Medium wie die eigenen Sinne, um die persönlichen Wahrnehmungen und die entsprechenden inneren Veränderungen zu Bildern zu verwandeln. «Die Farbe ist wie eine riesige Blase im Gehirn, die plötzlich platzt und sich entleert», erklären sie und lassen die breite, kräftige Farbpalette gleichzeitig zur Bewegung werden mit schnellem, fast schon nervösem Pinselstrich. Oder drücken direkt aus der Tube oder spritzen aus der Flasche pastös auf, mal zu einem lockeren Gestus, dann zu einem buntem Netz, abstrahierend oder figürlich. Ein Planetenzyklus entsteht so, der mit seinem die glühende Magma bannenden Ring, den nervösen farbigen Funken als Zeichen des Brodelns, die «ungeheure Explosion des Entstehens und das Absolute des Seins» beschreibt.
Luft, Atmosphäre, Landschaften, organische Körper scheinen sich hinter lebhaften Pinsel- und Farbformationen zu verstecken. Dann wiederum sind es reale Körper: Frauen in verharrender Pose, unnahbar in diesem Netz, verwoben, verhangen, verschwinden sie auch
mal bis zur Unkenntlichkeit unter der Wucht der quecksilbrigen, bunten Farbfäden oder werden zur zeitlosen Wahrnehmung, überzogen von spinnewebenartigen, ungesponnenen Wollfäden. «Ich bin Erinnerung, ich bin Struktur» heisst das Bild. «Warnungen», stark vergrösserten, wirren und verschlungenen, organisch anmutenden Gehirnzellen ähnlich, sprechen von der Gefahr, die von der menschlichen Gehirnzelle ausgeht. Anfang und Ende des Lebens und dazwischen liegt der Mensch, realistisch dargestellt als eine aufbrechende  neben einer thermonuklearen Explosion, beide überschatten eine darunter wie im Schmerz verharrende Frau.

Zwei Seiten
Wie das Leben haben auch die meisten dieser Bilder zwei Seiten, sind doch oft auch von der Rückseite bemalt oder, wie im Objekt-Abschiedsbild von der Burgdorfer Galerie, wird eine klare Realität durch eine diffus bemalte Glasplatte verzerrt.
)Bis 23. August 1992)

Krzystof und Elvira Olszewski 1992 vor ihren Bildern in der Galerie Bertram, Burgdorf. (Foto: Eva Buhrfeind)
Krzystof und Elvira Olszewski 1992 vor ihren Bildern in der Galerie Bertram, Burgdorf. (Foto: Eva Buhrfeind)