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Lebens- und Denkweisen: Jakob Weder und Silvio Mattioli in Wangen a.d.A.

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Ausstellung

Ein Leben der Farbforschung und deren künstlerischen Umsetzung gewidmet: Jakob Weder. Die Galerie Käthy Steinke in Wangen a.d.A. zeigt eine retrospektive Auswahl, die «bewacht» wird von martialistischen Eisenskulpturen Silvio Mattiolis.

Stolz und mächtig erhebt sich die «Kathedrale» im Garten, aus Bogen, Stangen, verschiedenen Eisenteilen zusammengesetztes, sich abstrahierendes Kirchenschiff, ebenso raumfordemd wie auch die «Gezeiten», ein angedeuteter Mond, der den Lauf des Lebens beeinflusst und stützt.

Symbolik des Lebens
Während sich Silvio Mattioli in seinen grossen Plastiken - es befinden sich insgesamt fünf im Garten - noch eher monumental und ein wenig pathetisch zeigt, reduzieren sich seine kleineren Eisenskulpturen, obwohl sie jetzt menschliche Züge tragen, zu einer zurückhaltenden Symbolik des Lebens. Ein wenig martialistisch und atavistisch wirken sie schon mit ihren kantigen, geometrischen Formen und ihrem archaischen Gesamtbild, denen die rundlichen Gegenstücke auch etwas Weiches, Friedliches verleihen.
Dreieckige Pfeile weisen die Richtung, die Ziele, von denen es im Leben ja immer mehrere gibt. Manche Figuren tragen auch zwei oder drei Spitzen, zeigen so «Zentrum und Expansion» an. Augen zum Schauen ins Innere des Menschen, lange, schlanke, aufrechte Körper, die in vielen Figuren auch das Miteinander, die Harmonie einer Gemeinschaft verkörpern: zu dritt oder zu fünft sind sie als «Gemeinschaft» angeordnet.
Eine Figur hebt sich aber ab aus dieser eher strengen Truppe, recht farbig und in der fröhlichen, unbeschwerten Bewegung wie ein Tänzer oder ein Clown. Daneben zeigt der 63jährige gebürtige Winterthurer auch Aquarelle zu seinen Kleinplastiken.

Vibrierende Farbfelder
Dass Jakob Weder (1906-1990) ursprünglich Bildhauer war, ist sicher nur wenigen bekannt, galt doch sein Leben ausschliesslich der Farbforschung, aus der dann sein 133teiliges Farbenklavier entstand. Zwei Jahre lang mischte er Farbpigmente zu einem normierten Farbkreis, aus dem er beliebig viele weitere Farben errechnen konnte, minutiös und wissenschaftlich mit Berechnungstabelle, Farbfiltern, Hochleistungswaage und später auch Computern, um Abstufungen zu erreichen, die für das blosse Auge kaum mehr wahrnehmbar sind und nur in der Erahnbarkeit ihre Wirkung entfalten.
Jakob Weders Bilder - sein Hauptwerk von über 150 Arbeiten entstand erst in seinem Pensionsalter - sind keine einfachen, sondern sie erfordern Konzentration. Dann aber spürt man die Musik, die von diesen Farbkompositionen ausgeht, ein farblich umgesetzter Klangkörper. Scheinbare Bewegungen werden sichtbar, die geometrischen Felder beginnen zu vibrieren, die Spiralen zu drehen, die Diamanten zu leuchten, ein unhörbarer Rhythmus setzt ein, Harmonie und Disharmonie, Gleichklang und Kontrapunkt, Bach, Brahms und Schubert. Farben, die sich zu Schwingungen, zu Wellen fortsetzen, sich dabei in immer neuen Gestalten zeigen.

Idealisierend
Die Grundformen sind immer geometrisch, auch wenn er sich nicht mit den Konstruktivisten verwandt fühlte, deren Unwissenschaftlichkeit er ablehnte. So tragen seine Bilder, trotz aller Mathematik und Physik, neben seinen symphonischen Titeln auch Bezeichnungen zu Lebens- und Denkweisen, die einen in einer Wissenschaftlichkeit fixierten idealisierenden Menschen offenbaren. (Bis 20. September 1992)

Galerie Käthy Steinke in Wangen a.d.A. 1992: Eisenskulpturen von Silvio Mattioli. (Foto: Eva Buhrfeind)
Galerie Käthy Steinke in Wangen a.d.A. 1992: Eisenskulpturen von Silvio Mattioli. (Foto: Eva Buhrfeind)