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Ausschnitt aus der russischen Kunstlandschaft: Wladimir Filipenko, Ciril Mamonow, Evgenij Monin, Nicolai Blagovolin im Chäller-Lädeli in Wiedlisbach

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Ausstellung

Wieder einmal ist Russland zu Gast in Wiedlisbach. Das Chäller-Lädeli zeigt im «Spittel» graphische Arbeiten von vier russischen Künstlern und bietet damit einen kleinen Ausschnitt aus der russischen Kunstlandschaft.

Melancholisch, düster-beklemmend, wie aus einem inneren oder äusseren Gefängnis heraus gestalten sich die verhaltenen schwarzweissen Kaltnadelradierungen des 55jährigen Moskauers Ciril Mamonow. Mit schnellen, sicheren Strichen erzählt er von der Einsamkeit, Schwermut, der übermächtigen Landschaft, in der sich die Menschen verlieren, von der harten Arbeit mit dem Pflug. Die Stilleben sind nicht beschaulich, sondern scheinen eingesponnen in spinnenwebenartige Linienspiele, die sich zu nervösen Strichen steigern, unheimliche wie angespannte, empfindsame Stimmungen widerspiegelnd. Ein Garten wird so zum Vexierbild seiner Bewohner, drei weibliche Modelle, ein hinkendes Mädchen zum Labyrinth ihrer selbst. Ganz anders hingegen, positiver, ironischer, aber ebenso sensibel präsentiert sich Evgenij Monin. Der 55jährige studierte Architekt, Zeichner und Buchillustrator zeigte schon vor rund einem Jahr in Wiedlisbach seine feinsinnigen Karikaturen. Mit sorgfältig ausgearbeiteten, zartbunten Kaltnadelradierungen beschreibt er mit liebevollem Spott und intelligentem Hintersinn allzumenschliche Eigenarten.

Märchenbilder
Der 41jährige Nicolai Blagovolin schildert das Miteinander der neuen und alten Welt in seiner Heimatstadt Moskau. Mit Stilelementen der naiven Malerei und des Scherenschnitts hebt er in seinen Farblinolschnitten die herkömmlichen Perspektiven auf, setzt die verschiedenen Ebenen, Strassen, Stadtviertel, Bauten, Zeiten an- und ineinander zu einem umfassenden, mehrschichtigen Weitwinkel zusammen.
Detailgetreu und akribisch gearbeitet sind die zahlreichen Verzierungen, Ornamente, Dächer, die alten Paläste, Kirchen, das Bolschoi-Theater, das Kopfsteinpflaster, die Parks, um sie herum das moderne Leben, Eisenbahn, Autos, Menschen. Silbrige und goldige Farbschichten und das ineinander verwobene Geschehen stilisieren seine üppigen Arbeiten zu fremdartigen Märchenbildem.
Seine Eindrücke als Kunstprofessor auf Kuba hat der Petersburger Wladimir Filipenko in stimmigen, ungekünstelten Farbholzschnitten festgehalten.
Der Tabakanbau (als realistische Radierung), eine endlose Strasse mit zwei Autowracks und Menschen, auf flächige, wuchtig-unförmige Gestalten mit Miniaturköpfen und einfache Extremitäten reduziert, spiegeln sie als Musikanten, leichtfüssig mit den Instrumenten tanzend, im Spiel die Lebensfreude wider. (Bis 6. September 1992)

Chäller-Lädeli in Wiedlisbach 1992: Holzschnitt von Wladimir Filipenko. (Foto: Eva Buhrfeind)
Chäller-Lädeli in Wiedlisbach 1992: Holzschnitt von Wladimir Filipenko. (Foto: Eva Buhrfeind)