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Atelier-Theater Bern: Ein Festival der Narren

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Theater

«Es ist so klar wie die Sonn', das Jahrmarktfest hat anbegonn'.» Und der so sprach, tunkt sogleich den Zuschauer im Atelier-Theater in ein vergnügliches Wechselbad von kuriosen Gestalten, die Goethe am Jahrmarktfest in Plundersweiler zusammengeführt hat.

Man nehme einen jungen, spritzigen Goethe, lasse ihn von einem Peter Hacks modernisieren und aufpolieren, gebe dazu witzig-böse, spritzig-derbe, mitreissende Knittelverse, verrühre es mit der bewährten Inszenierung eines Michael Wedekind und dem phantasievollen Bühnenbild Dieter von Arx' und kröne das Ganze dann mit zwei Vollblutschauspielern und einer Newcomerin mit vielversprechendem Talent: Fertig ist ein Theaterabend der allerersten Unterhaltung.

Heitere Narretei
Es ist keine geschlossene Handlung, die sich hier vor uns auftut, sondern ein Festival der Narren und Komödianten, buntes Jahrmarktstreiben und etwas Theater, Verwandlungskunst. Musikanten marschieren auf, aber auch Klamauk und böser Witz fehlen nicht. Musikalisch umrahmt, durchzogen und verbunden wird diese heitere Narretei von Andreij Togni derart, wie es eben zur Kirmes gehört: mit Pfeifen, Pauken und Trompeten.
Ein rasant wechselnder Aufmarsch von Charakteren ist zu sehen, die keck ihre Possen reissen, ihre Spielchen miteinander und gegeneinander treiben, manchmal deftiger als man von einem Goethe erwartet. Diese ganze Rollenvielfalt wird dabei nur von drei Schauspielern bestritten.

Die Possenreisser
Meister-komödiantenhaft (oder auch komödianten-meisterhaft) ist der Paul Felix Binz, der als Strolch torkelnd die Bühne erobert; blitzschnell die Person, das Kleid und das Gesicht wechselnd, steht er plötzlich als Prinzipal des Theaters, als König auf und als Silhouettenreisser vor der Bühne. Seine scheinheilige Madame Schauer, lästernd nach dem Jüngling greifend, lässt so manchen vor Lachen das Lachen vergessen.
Georges Weiss ist der Primus inter pares: ein trunkener Strolch (mehr als überzeugend) und Amtsdiener, des Königs Jude und gleichzeitig sein Verfolger, Moritatensänger, lispelnd-besserwisserischer Lehrer, und als absolute Krönung die altjüngferliche, geile Muhme: Sein Repertoire kennt keine Grenzen.
Den Geschlechtertausch perfekt macht dann Sue Hürzeler als singender Marmotte und grimmiger Gendarm, um dann als blonde Esther und stockendlispelnde Lehrerstochter ihre Verse zum Besten zu geben.
Auf die Frage des Strolchs Weiss: «Wann, wann, wann, fängt die Musike an?» - kann man nur antworten: Jeden Abend um 20.30 Uhr, ausser sonntags.

Georges Weiss, Paul-Felix Binz und Sue Hürzeler in Peter Hacks «Das Jahrmarktsfest zu Plundersweilern».
Georges Weiss, Paul-Felix Binz und Sue Hürzeler in Peter Hacks «Das Jahrmarktsfest zu Plundersweilern».