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Tricks, Illusionen und Wunschträume: «Die magische Glühlampe» von Woody Allen im Atelier-Theater Bern

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Literatur

Brooklyner Melancholie im Atelier-Theater, Bern, dazu passend trübes Regenwetter am Premierenabend. Sogar der Zauberstab ihres Sohnes Paul, mit dem Mutter Pollak am Ende der Vorstellung versucht, ihren untreuen Ehemann aus dem Haus zu treiben, entpuppt sich als eine Täuschung. Aus dem harten Stock wird eine bunte Blume.

Eine Schlüsselszene für dieses Stück der Hoffnungen und Träume, die wie Seifenblasen zerplatzen und einen kümmerlichen Alltag zurücklassen, aus dem wie der Phönix aus der Asche immer wieder die alten, wackeligen Illusionen aufsteigen: einziger Lebenshalt dieser Menschen. Es ist ein Woody Allen, wie man ihn noch gar nicht solange kennt, der erst in seinen jüngeren Filmen einen ernsthafteren, schwermütigeren Ton anschlägt.
Aber schon in seinem 1981 uraufgeführten Stück «Die magische Glühlampe» zeigt er, dass er auch als ernstzunehmender Dramatiker pointiert und liebevoll die kleinen Alltagsdramen des zwischenmenschlichen Lebens aufzuzeigen weiss, die sich bei ihm meistens in ärmeren, jüdischen Familien abspielen. Nur einige komische Passagen zum Schluss hin lassen noch den Komiker erkennen und den Zuschauer befreit auflachen.
Das ganze trostlose Leben der Familie Pollack besteht aus der Flucht vor der Realität; mit Wunschträumen macht man sich ständig etwas vor, die Wahrheit wird immer wieder verschönert oder verdrängt.
Die ewig frustrierte Mutter Enid projiziert all ihre unerfüllten Hoffnungen auf den total verklemmten Sohn Paul, der sich mit seinem Zauberkasten in seine Welt verkriecht. Die Zauberei als Spiegelbild ihres trugreichen Lebens. Vater Max entzieht sich der nörgelnden Umwelt mit seiner Freundin Betty in Zukunftsträume ohne Zukunft. Sohn Steve geht derweilen dem Hobby des Feuerlegens nach. Der Podest jedoch, auf den die Mutter Paul gestellt hat, ist zu hoch für den armen Zauberlehrling. Im entscheidenden Moment versagt er und stürzt ab.

Lebensnahe Inszenierung
In dieser lebensnahen, unter die Haut gehenden Inszenierung von Michael Oberer kommt man sich weniger wie ein Zuschauer, sondern immer wie mehr wie ein ungebetener Gast in einem Familiendrama vor. Keine grossen Namen, aber eine lebendige, in jeder Phase hervorragende Interpretation dieser an sich so unterschiedlichen, in ihren Träumen so gleichen Charakteren. Elisabeth Bergen als ständig räsonierende Mutter Enid, Thomas Horvath als stotternder, zaubernder Paul und Niklaus Scheibli als zündelnder Steve würden jedem Woody Allen Film zur Ehre gereichen. Auch Bernd Hofmann als windiger Vater Max wird seiner Rolle gerecht, nur manchmal wirkt er etwas farblos. Noch zu erwähnen sind Sabina Ritzmann als Betty, und Joachim Wolf als Jerry Wexler, der in seiner Rolle als erfolgloser Manager nicht ganz so sehr zum Durchbruch kommt.
Das Geschehen spielt sich in einem von Dieter von Arx blendend gemachten Bühnenbild ab. Geschickte Raumaufteilung und Beleuchtung schaffen drei Schauplätze auf der Bühne und lassen die triste Armutsatmosphäre so richtig zur Geltung kommen.

Elisabeth Berger und Bernd Hofmann in «Die magische Glühlampe» von Woody Allen.
Elisabeth Berger und Bernd Hofmann in «Die magische Glühlampe» von Woody Allen.