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«Bruegel Suite»: Das muss man gesehen haben… Lech Majewski in der Galerie Artesol in Solothurn

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Film

Es gibt eine Ausstellung in der Galerie Artesol in Solothurn, die einen Besuch lohnt, nicht zuletzt im Rahmen der Solothurner Filmtage: Lech Majewskis visuelles Oratorium namens «Bruegel Suite».

Bildende Kunst und Film sind sich artbedingt nahe, und sie werden ihre Wesensverwandtschaft nicht los, seit die Bilder in der Laterna magica des 18. Jahrhunderts laufen lernten. Im 21. Jahrhundert gehen die beiden eigenständigen Kunstformen eine spezielle Liaison ein. Erinnert sei nur an «Loving Vincent», einen eben mit dem Europäischen Filmpreis ausgezeichneten Animationsfilm, der die Gemälde Vincent van Goghs in Form eines 90-minütigen Films mit irrem Aufwand nachzeichnet. Er besteht aus mehr als 65000 (!) Einzelbildern, die über 100 Maler im Stile van Goghs nachgemalt haben. Nicht minder aufwendig ist Lech Majewskis «Bruegel Suite», die zu besuchen sich während der 53. Solothurner Filmtage in der Galerie Artesol im Vigierhof an der Hauptgasse 50 in der Solothurner Altstadt lohnt.

Anekdotisches Filmerlebnis
Majewskis faszinierendes visuelles Oratorium vereint Zeitgeschichte mit Bildgeschichte, verbindet die Flämische Malerei des 16. Jahrhunderts mit IT-Technologie des 21. Jahrhunderts. Konkret belebt Majewski, inspiriert von den Bildern Pieter Bruegels d.Ä. (ca. 1525-1569), die berühmte  «Kreuztragung Christi» («Die Prozession nach Golgatha»/1564, Kunsthistorisches Museum Wien), ohne die Zeit- und Bildgeschichte zu hintergehen. In schier unendlichen Schichtungen hochkomplexer und aufwendiger Schritte transferiert der aus dem polnischen Kattowitz gebürtige Film- und Theaterregisseur, Schriftsteller, Dichter, Bildhauer und Maler Lech Majewski die detailreichen und symbolträchtigen Feinheiten Bruegels aus der flämischen Malerei in ein  anekdotisches Filmerlebnis, in gemalte und entsprechend filmisch bewegte Figuren, in hochmoderne, digitale Technologien, zeichenhafte Effekte, computergenerierte Bilder – fixiert auf den landschaftlichen Hintergrund des Gemäldes und deren Symbolik.

Charlotte Rampling, Michael York und Rutger Hauert
Es war eine immense Arbeit, galt es doch, das gesamte, geschätzt 500-köpfige Ensemble Bruegels neu zu rekrutieren, szenisch zu beleben und vor der malerischen Kulisse zu choreografieren und zu dramatisieren. Denn aus dem Originalwerk wurden die Bruegelschen Figuren entfernt, die neuen Darsteller grösstenteils in den Strassen Krakaus gefunden, komplettiert mit bekannten Filmgrössen wie Charlotte Rampling, Michael York und Rutger Hauert. Dazu wurden 250 verschiedene Kostüme neu geschafften, selbst gefärbt, um den Farben der Renaissance gerecht zu werden. Und so verweben sich detailgetreu in unendlichen Schichten und vor dem malerischen Hintergrund Figuren,  geschichtliche Momente und allegorische Zeichen: Golgatha und flämische Landschaft, die Pflanzen, das Rad, die Windmühle als Zeichen von Leben, Tod und Hoffnung.

Multi-strängige Erzählung
Dazu steht der Künstler Bruegel (Rutger Hauert) als bewegte Figur im Zentrum der multi-strängigen Erzählung majestätisch vor einer dichten, digitalen Landschaft agierend und bewirkt so den filmischen Kontext des malerischen Moments. Wir können ihn «live» bei der Arbeit beobachten, wie er die Vision seines Bildes skizziert, erste Figuren in Bewegung setzt. Man entdeckt ihn im Getümmel der kleinfigurigen Menschen mit anderen kommunizieren. Man sieht ihn zeichnen, einen landschaftlichen Punkt auswählen, sich mit Tod und Leben künstlerisch-philosophisch beschäftigen, wenn er über den Tierschädel – als Symbol – sinnierend uns als Zuschauer am Gemälde, an seiner Entstehung teilhaben lässt.
Bis 3. Februar 2018

Galerie Artesol 2018 in Solothurn: Pieter Bruegel d.Ä. (Rutger Hauert) «live» bei der Arbeit, wie er die Vision seines Bildes skizziert.
Galerie Artesol 2018 in Solothurn: Pieter Bruegel d.Ä. (Rutger Hauert) «live» bei der Arbeit, wie er die Vision seines Bildes skizziert.
Rutger Hauert als Pieter Bruegel d.Ä.
Rutger Hauert als Pieter Bruegel d.Ä.