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Dem Ideal eine äussere Form geben: Annäherung an den Künstler Albert Anker mit der Inser Ausstellung «Wege zum Werk»

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Ausstellung

Nach dreijähriger Vorbereitungszeit präsentiert die Gemeinde Ins wieder eine grosse Albert-Anker-Ausstellung: «Wege zum Werk» bietet mit rund 200 Werken und entsprechendem Rahmenprogramm eine publikumsfreundliche Annäherung an diesen populären Schweizer Maler.

«In erster Linie besteht die Kunst nicht in der Nachahmung, sondern in zwei Punkten: Zum Ersten muss man sich in seiner Vorstellung ein Ideal bilden, zum Zweiten muss man dieses Ideal den Augen der Mitmenschen darstellen, ihm eine Gestalt schaffen, welche unserem Schauen und Hören zugänglich wird.» Dieses Zitat von Albert Anker aus dem Jahre 1849, eines von mehreren, die diese Ausstellung begleiten, könnte auch das Anliegen der Inser Kunstkommission unter der Leitung des Sekundarlehrers Rudolf Wirz formulieren: dem Betrachter etwas mitteilen, etwas mitgeben aus Ankers Bildinhalten.

Thematisch aufgebaut
Die Ausstellung, organisiert durch die Gemeinde Ins, in enger Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum Bern, ist nicht chronologisch aufgebaut, sondern thematisch. Da ist die Auseinandersetzung mit dem Vater, der ihn zuerst nicht Künstler werden lassen will, sodass Anker zunächst Theologie studiert, bis er 1854 nach Paris gehen darf, um Malerei zu studieren. Dann die Ausbildung in Paris unter anderem beim Historienmaler Charles Gleyre.

Bildnerische Visionen
Ankers Bildwelt war die bäuerliche Welt seines Dorfes, die Menschen in ihren Begebenheiten, im Kreislauf des täglichen Lebens von der Geburt bis zum Tod. Anker malte mehrheitlich Bildnisse und Genreszenen von Kindern und alten Menschen, kreiste also die unschuldige Hoffnung der frühen Jahre und die Weisheit des Alters in seinen bildnerischen Visionen ein. Dazu kamen die Porträts, für die er berühmt war und geschätzt wurde, die privat motivierten wie die Auftragsarbeiten. Dabei war es stets Ankers Anliegen, die persönliche Aura eines Menschen zu erfassen. Selbst die Grossstadt Paris, wo er einen Teil seiner Inser Sujets nach Skizzen malte, hatte thematisch kaum Einfluss auf ihn gehabt. Denn «der Künstler muss lernen, seinem Ideal eine äussere Form zu geben», war sein malerisches Ziel.
Die Ausstellung in Ins bietet keine neuen Erkenntnisse. Aber sie wirbt in dieser atmosphärisch gehängten Werkschau wieder einmal - nach einer 15- jährigen Ausstellungspause - für Ankers Bildwelten als ein Erlebnis. Rund 200 Werke aus Kunstmuseen wie aus Privatbesitz, darunter auch ein Dutzend aus der Sammlung Christoph Blocher führen in das reiche Œuvre Ankers ein. Da kann man einige unbekannte oder selten gezeigte Bilder entdecken wie die stillen, realistisch-ausdrucksstarken Zeichnungen, die altmeisterlichen Stillleben, die Fayencen, mit denen er die Finanzen aufstockt, oder die kleinen, recht impressionistisch anmutenden Ölstudien und Aquarelle, die kurze Momente künstlerischer Freiheit erkennen lassen.
Anker war kein Virtuose, er hat mit seinen Bildern gerungen. Jedem Bild ging dabei eine Vielzahl von Skizzen voraus. Unter dem Titel «Wege zum Werk» möchte die verantwortliche Kunstkommission mit zahlreichen Skizzen Ankers Wirken auf ein Werk hin nachvollziehen. Und er war ein Künstler der Konflikte, hin und hergerissen
zwischen Familienpflichten, Tradition und künstlerischer Berufung, zwischen dem grossstädtischen Paris und dem ländlichen Ins.

Keine treue Wiedergabe
Anker - ein Maler zwischen erzählender Wirksamkeit und kommerziell orientierter Poesie und ein präziser Beobachter seiner Zeit: Zwischen dem symbolhaften «Kinderbegräbnis» und dem innigen «Grossvater mit schlafendem Kind», zwischen verklärten Kinderdarstellungen und dokumentarischen Szenen wie «Die Gemeindeversammlung», der «Zinstag». Doch so realistisch-naturalistisch er auch malte, nie suchte er die treue Wiedergabe oder die Idylle, sondern stets die Menschlichkeit, zumindest seine Idealvorstellung. Denn Ankers malerische Suche galt der Harmonie zwischen Mensch und Mensch, zwischen Jung und Alt, zwischen Mensch und Tier. Eingebunden in die dörfliche oder familiäre Gemeinschaft, in das Miteinander der Generationen, in die Arbeit als Lebenssinn.
Es ist keine wissenschaftliche Ausstellung geworden. Sondern unter Mitwirkung eines Grossteils der Bevölkerung eine engagierte Gemeinschaftsarbeit, die mit Stolz «ihren» Maler in Erinnerung rufen möchte. So, dass gar ein Urenkel Albert Ankers, der Enkel von Sohn Maurice, dessen Knabenbild Plakate und den Katalog ziert, extra aus Amerika anreiste. Zu dieser Annäherung an Albert Anker gehört ein entsprechendes Rahmenprogramm. Vor die Ausstellungshalle wurde ein Informations- und Erlebniszelt eingerichtet. Dort werden Aspekte aus Ankers Leben in ins und Paris im 19. Jahrhundert gezeigt. Ein Pariser Bistro lädt zum Kaffee ein, eine Weinstube zum Inser Wein. Eine Theateraufführung verwandelt Briefe und Schriften Ankers in ein szenisches Spiel mit Musik. Und auf einem geführten Rundgang durch das Heimatdorf Ankers können im Jahr 2000 Spuren aus seiner Zeit gefunden werden. Ein Besuch im Geburts- und Wohnhaus Ankers zeigt sein Atelier so, als ob er es gerade verlassen hätte.
Bis 15. Oktober 2000, täglich 10 bis 21 Uhr. Infos: www.albert-anker.ch oder Tel. 032 313 77 11.
http://www.albert-anker.ch/pdf/CAA.pdf

Beobachter seiner Zeit: Albert Ankers symbolhaftes «Kinderbegräbnis».
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Die persönliche Aura eines Menschen erfassen als Ziel: «Mädchenporträt».
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