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«Toteis» und Spekulatives zur Gletschermoräne: Ulrich Studer in der Galerie Löiegruebe, Solothurn

Verfasst von Eva Buhrfeind |

Ulrich Studer zeigt unter dem Titel «Toteis» neue Arbeiten in der Galerie Löiegruebe, Solothurn.

Ulrich Studer und die Landschaft, die Landschaft und Ulrich Studer – das ist eine unendliche Geschichte. Man möchte ergänzen, Ulrich Studer und die geologischen Erdzeitgeschehen, auch bedingt durch den Klimawandel, sind ein ebenso weites Feld, das dem 1955 geborenen Künstler mit Atelier in Rüttenen und Twann unerschöpfliche Inspirationen und Anhaltspunkte bietet. In seinen Arbeiten schöpft Ulrich Studer philosophisch-kreative Erkenntnisse aus der Natur; immer um Neues erweiternd  beobachtet, erforscht und erspürt er die landschaftlichen Wirkungsweisen und Wahrnehmungen. Der Künstler aus Biel ist mit seinen bildbestimmenden Werken immer ganz nah am und tief im Erdzeit- und Urzeitgeschehen. Dazu gehört auch die Auseinandersetzung mit dem Thema Gletscherschmelze, dem Abschmelzen des Eises in der Serie «Toteis». Unter Toteis ist jenes Gletschereis zu verstehen, das mit dem aktiven Gletscher nicht mehr verbunden ist, sich also auch nicht mehr bewegt und meist mit Sedimenten bedeckt ist. Die Anregung zu dieser Geschichte kam Ulrich Studer in seinem Atelier oberhalb der Twannbachschlucht am Bielersee, ist doch das Toteis eine geologische Resonanz im Berner Seeland. In Vorzeiten vom Rhonegletschereis bedeckt, haben die schmelzenden  Eismassen, das Gletscherwasser ihre prägnanten und auch topografischen Spuren hinterlassen: Ablagerungen, Schichten von Geröll, Gestein allerlei Art, Kies, Sand, Spuren, Strukturelles, fruchtbare Böden. Es sind einmal diese Gesteinsformationen, die es Ulrich Studer angetan haben. Mit kleineren Papierobjekten,  polymorph geformt, mit steinernen Texturen und Farbvariationen, komponiert er das weite Feld der geologischen Vielgestalt und vielfarbigen Steinarten, die Jahrtausende alten Schichtungen und Strukturen zu einer Geschichte vom ewigen «Geröll» – Glitzernd wie Gneis, grau schraffiert wie Schiefer, glänzend mit Lack betont, schwefelgelb, grünlich, rot gemasert, silbrig, matt, schroff, kristallin. Wobei das leichte Material Papier erstaunlich  das Steinerne imaginiert, felsig und steinern anmutet. Ihre geologisch-archäologische  Wirkung beziehen diese Objekte in erster Linie aus der Gesamtheit einer installativen, durchaus variablen Inszenierung, die, einem Geröllfeld gleich, eine ganze Wand im Ausstellungsraum füllt und einen assoziativen Blick auf die Geologie des Gerölls bietet.
In den Arbeiten «Im Inneren» spekuliert Ulrich Studer mit schwarzer Tusche und mit Schellack auf Büttenpapier flächig ineinander geordnet und im Kontrast von matten, rissigen und glänzenden Nuancen, über das mysteriöse Moment im Inneren eines Gletschers – als eine stimmig abstrahierte Fiktion schattenhafter Finsternis und unbekannter Räume. Da wirkt der rote Neon-Eisbär – ein wenig gar plakativ vielleicht –  eher als relikthafter Verweis auf die schmelzenden Polkappen denn auf nordalpines Glazialgeschehen.
Nichtsdestotrotz, auch die Erde der Weinberge sind Ursprünge der Seitenmoränen des ehemaligen Gletschers. Und so visualisiert Ulrich Studer in der Serie «Aroma der Landschaft» ein wiederkehrendes Thema seines Schaffens, in der Reduktion auf Farbe, Bewegung, Struktur und Schichtung über die mikrokosmische Ansicht das grosse Ganze von Natur und Erde, einfach auf das Wesentliche verfeinert. Denn die Natur ist wahrhaftig Teil dieser Drucke mit den Drusenfiltern aus der Weinherstellung; mit Tusche und Pigmenten verdichtet, lässt der Künstler topografische Erdbewegungen wirken.

Bis 7. November 2020. Öffnungszeiten: Freitage 17.00 – 20.00 Uhr, Samstage 13.00 – 18.00 Uhr