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Zwischen Wirklichkeit und Illusion: Lex Vögtli in der Galerie Rössli in Balsthal

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Ausstellung

Letztes Jahr wurde sie mit dem eidgenössischen Kunstpreis ausgezeichnet, jetzt stellt die aus Dornach gebürtige und in Basel lebende Lex Vögtli in der Galerie Rössli in Balsthal neuere Arbeiten vor.

Der erste Eindruck, der erste Blick offenbart nicht immer das, was sich letztlich in und hinter einem Bild verbirgt, manchmal braucht es Zeit für eine offene Wahrnehmung und eigene Projektionen, um die künstlerischen Absichten vertieft ergründen zu können. Auch bei diesen neueren und neusten Arbeiten der 1972 geborenen Lex Vögtli ist es nicht anders. Zuerst einmal sind es reine Malereien in kräftigen, harmonisch kontrastierten Farben, meist Ölfarben, die zum Teil mit Acryl- oder Aquarellfarben erweitert wurden.
UND DOCH IST ES NICHT EINFACH Malerei, auch wenn mehrheitlich das klassische Tafelbild assoziiert wird. Die 38-jährige ausgebildete Zeichenlehrerin beweist sich als eine perfektionierte, konzeptuell arbeitende Malerin und als eine Geschichtenerzählerin, deren Storys sich in einer fiktiven Welt abspielen. Sinnbildhaft verschlüsselt sind diese kleinen Arrangements, deren surreale Choreografien den Betrachtenden zwischen irritierter Wahrnehmung und vager Erwartung, zwischen virtueller Wirklichkeit und faszinierender Illusion auf sich selbst zurückwerfen: Da lümmelt ein zu einer unförmigen Wurst aufgeblasener Luftballon auf einer kitschig-süssen Torte, spiegelt sich in der Wand dahinter eine weibliche Brust, verwundert das merkwürdige Gitter seitlich. «Need» überrascht gleichermassen wie die anderen Werke, wie zum Beispiel in «Schlaf», ein Gipfeli scheint auf einer metallenen WC-Rolle zu schlafen, eine seltsam morbide Szene eingebettet in eine irreale Bühne. In «Styx» verweisen die Lebensringe der zu einem Totenschiff umfunktionierten Baumstammscheibe auf das Leben an sich; im Fluss ins Reich der Toten spiegeln sich eigenartige Gaben - sind sie für das Totenreich gedacht? Das Segel ist ein schmiedeeisernes Gitter, durch das alles Leben eins wird mit dem Kosmos. «Die traurigen Brüste» assoziieren als gebrochene Blumen tragische Lebensmomente, ihre Tränen der Trauer, die abgebrannte Kerze, das blutige Tuch spielen die poetisch-theatralische Szene eines fiktionalen Traums.
EIGENTLICH SIND ES ganz banale Objekte, die man hier zu sehen bekommt - zumindest auf den ersten Blick. Sie stehen jedoch stellvertretend für Erlebtes, Erdachtes, Konzipiertes wie für konkrete Geschichten, die Lex Vögtli zu einem scheinbar irrealen Kontext chiffriert. Da spielt Unterbewusstes ebenso mit wie Mythologisches als erweitertes Sinnbild, malerisch nuancierte Feinheiten wie Licht und Schatten, Fläche und virtueller Raum ohne konkrete Tiefe. Ihre Bilder erweisen sich als ein raffiniertes Spiel mit den Brüchen (auch des Lebens), mit der künstlichen Verfremdung von vertrauten Inhalten wie mit dem altmeisterlichen Tafelbild als Bildidee. Merkwürdig irreale Szenen mit ebenso merkwürdiger Staffage eröffnen sich dem Betrachter, in denen eine altmeisterliche Malwirkung von Licht, Farbe und Form und dezent eingesetzte Details als dramaturgische Accessoires diese Wechselwirkung von Spannung und Irritation untermauern. Dabei wird das vertraute Sehen weniger irritiert, als vielmehr die eigene Bilderwartung erweitert: Das surreal wirkende Suggestive weicht einer ahnungsvollen, manchmal grotesken Dramaturgie - die Bildinhalte befinden sich in einer seltsamen Schwebe zwischen künstlerischer Reflexion und nachdenklicher Ironie.
Bis 21. März 2010. Geöffnet: Do + Fr 18-21 Uhr, Sa 15-18 Uhr, So 11-14 Uhr.

Lex Vögtli 2010 in der Galerie Rössli in Balsthal: «Need», ein unförmiger Luftballon lümmelt auf einer kitschig-süssen Torte. (Foto: Eva Buhrfeind)
Lex Vögtli 2010 in der Galerie Rössli in Balsthal: «Need», ein unförmiger Luftballon lümmelt auf einer kitschig-süssen Torte. (Foto: Eva Buhrfeind)