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Prägendes Zeitzeichen einer etwas anderen Kunstvermittlung: «Mondopunkt» in der Konsumbäckerei Solothurn

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Ausstellung

Zwar hat der Ausstellungsraum Konsumbäckerei schon im Mai 2001 seine Pforten geschlossen. Doch jetzt können die Ausstellungsmacher dieser etwas anderen Kunstvermittlung mit einer Werkschau im Künstlerhaus Bethanien, Berlin, ihre künstlerischen Interventionen vorstellen.

«Mondopunkt» - was für ein Titel für eine Berliner Ausstellung. Die Berliner werden staunen ob dieses «abstrakten» Begriffs: Die Welt, auf den Punkt gebracht und nun von Schweizern als Kunst erklärt oder zumindest präsentiert? Für viele Schweizer hingegen ist der Mondopunkt eine wichtige Erfahrung, ein Symbol für die familiär verknüpfte Erinnerung an frühe Bilderfahrungen und verbindet besonders die Generation der 1960er-Jahre als Zeit des Aufschwungs, der Dynamik. Erbrachte als Sammelgut fremde Länder, ferne Welten, unbekanntes Leben ins Haus.

Generationenspezifischer Hintergrund
Auch wenn der Mondopunkt nicht Thema dieser Ausstellung ist, sondern verbindendes Glied von zehn Positionen zeitgenössischen Schaffens vor einem gemeinsamen generationsspezifischen Hintergrund, so agiert der Mondopunkt nun doch als Zeitzeichen für die autonom geführte «Konsumbäckerei», die über Solothurn hinaus in der Schweizer Kunstszene Beachtung fand. Dabei war die «Konsumbäckerei» nicht einfach ein alternativer, sondern ein ungewöhnlicher, weil nichtkommerzieller Ort der Kunstvermittlung.
1993 von der Künstlerin Raffaella Chiara und Christoph Lichtin ins Leben gerufen, stiessen bald darauf die Künstlerinnen Anita Breiter und Hannah Külling und 1998 der Künstler Hubert Dechant dazu. Die «Konsumbäckerei» lief ausser Konkurrenz, aber ihr Programm - vor allem Malerei, Zeichnung, Konzeptkunst, Installation - bot immer wieder Aussergewöhnliches, Provokantes, Irritierendes und Spannendes. Mehrheitlich noch unbekannte, auch experimentell tätige Kunstschaffende bekamen eine erste Herausforderung, sich mit dem Ausstellungsraum auseinanderzusetzen.
2001 dann hörte man - um nicht in Routine oder Beliebigkeit zu versanden - mit der Gemeinschaftsarbeit «Projekt 42» auf. Ein erster Plan, diese Abschiedsvorstellung noch in Biel und Berlin zu zeigen, wurde zwar wieder aufgegeben, da diese Figureninstallation zu spezifisch auf die «Konsumbäckerei» ausgerichtet war. Trotzdem ging Hubert Dechant an seinem neuen Wohn- und Arbeitsort Berlin auf die Suche nach einer Ausstellungsmöglichkeit. Im Künstlerhaus Bethanien, einer Topadresse für zeitgenössische Kunst, zeigte sich der Leiter Christoph Tannert an der bisherigen Kuratoren- wie Künstlertätigkeit interessiert und lud das «Konsumbäckei»-Team mit einer Carte blanche in das internationale Kulturzentrum Bethanien ein.
Zielsetzung für die Solothurner Crew um Christoph Lichtin war eine Gruppenausstellung als Rückblick auf die eigene Geschichte und auf die jener Zeit. Auch wenn kein thematisches Konzept geplant war, so präsentiert sich «Mondopunkt» doch von der Fragestellung thematisch: Was verbindet, was ist typisch und symbolisch für die inzwischen etablierte und zum Teil preisgekürte Künstlergeneration? Mit Regula Dettwiler und Lorenzo le kou Meyr wurden je eine Künstlerin und ein Künstler erneut eingeladen, die bereits wie die auch als Kuratoren tätigen Anita Breiter, Raffaella Chiara, Hannah Külling und Hubert Dechant bereits einmal ausgestellt hatten. Acht Jahre hatte man zusammen konzipiert und diskutiert bis zum Konsens, nun durfte jedes Teammitglicd seinen Wunschkünstler aufbieten. Um eben über diese Retrospektive hinaus mit Stefan à Wengen, Pascale Wiedemann, Andreas Dobler und Daniel Schibli prospektiv aufzuzeigen, welche Position aktuell wäre.

Für Berlin geschaffene Werke
Die Arbeiten, die entweder noch nie gezeigt oder speziell für Berlin geschaffen wurden, umfassen einmal Malerei, faszinierend realistisch von Stefan à Wengen, utopisch bei Andreas Dobler oder als kleinformatige Tafeln von Anita Breiter. Dann wird Pascale Wiedemann mit ihrer Installation - Stickerei auf Haushaltsfolie - Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Hannah Külling geht als Einzige vom Mondobuch aus, das sie installativ mit Fotos erweitert und neu sichtet. Regula Dettwiler ist unter anderem mit einem Video zum Thema Natur und Idylle, Hubert Dechant mit einer filigranen Wandzeichnung, Daniel Schibli mit eigenwilligen Fotografien vertreten. Lorenzo le kou Meyr hinterfragt mit seiner Installation aus Gemälde und Film die Schärfe des Blicks für das Bild, Raffaella Chiara in ihren Kunstlack-Bildern das Gegenständliche. Der gleichzeitig im Fink-Verlag erscheinende Katalog, aufgebaut im Stil eines Mondobuchs, vereint darüber hinaus kunstphilosophische Essays junger, renommierter Kunsthistoriker.
Künstlerhaus Bethanien Eröffnung der bis zum 9. März 2003 gezeigten Berliner Ausstellung

«Mondopunkt»: 13. Februar 2003, 19 Uhr.

«Baumhaus V» von Stefan à Wengen.
«Baumhaus V» von Stefan à Wengen.