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Anker brachte Pariser Malkunst nach Ins: «Albert Anker und Paris» im Kunstmuseum Bern

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Ausstellung

Mit der Ausstellung «Albert Anker und Paris» weist das Kunstmuseum Bern darauf hin, wie der Inser Maler im Vergleich mit französischen Zeitgenossen die Impulse der Pariser Zeit für seine heimatlichen Schilderungen malerisch umsetzte.

Das Œuvre Albert Ankers, der in der populistischen Rezeption als schweizerischer Nationalmaler heimatlicher Idyllen fungiert, ist ohne seine Pariser Jahre nicht denkbar. Dort liess er sich nicht nur an der Ecole Imperiale des Beaux-Arts und bei dem (neben Thomas Couture) damals wohl erfolgreichsten Lehrer der jüngeren Malergeneration, dem Historienmaler Charles Gleyre, ausbilden. Der erfolgreichste Schweizer Genremaler der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm von 1859-1885 am Pariser Salon teil. Er wurde wiederholt ausgezeichnet und verbrachte von 1860 bis 1890 regelmässig die Wintermonate in Paris, um im damals gängigen thematischen Umfeld zu malen.

70 Anker-Bilder im Kunstmuseum Bern
Die Werkschau im Kunstmuseum Bern, das den grössten öffentlichen Bestand an Anker-Werken besitzt, bietet mit rund 70 Anker-Bildern aus verschiedenen Schweizer Privatsammlungen und Museen keine völlig neuen Erkenntnisse. Doch im Vergleich mit zwölf Beispielen damaliger Pariser Weggefährten und 20 historischen Fotografien wird der traditionelle Blick auf Anker zumindest erweitert, auch wenn «Französisches» kaum auszumachen ist. Dafür zitiert die thematisch gegliederte Ausstellung - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - wesentliche und typische Beispiele aus allen Entwicklungsphasen Ankers. Zwar ist eine repräsentative Konfrontation durch die organisatorisch begründete beschränkte Auswahl auf Werke von Charles Gleyre, Atelierkollegen und die seinerzeitigen erfolgreichen Salonmaler wie Auguste Toulmouche, François Bonvin oder Jules Breton nur marginal möglich. Doch es zeigt sich, ohne dass Vorbilder allzu sichtbar werden, dass Anker sich bei den beim französischen Publikum beliebten Themen bedient hat. Aber - und das ist die neue alte Erkenntnis - er ist sich selbst treu geblieben: Seine bäuerlich-ländlichen und porträtierenden Schilderungen basieren zwar auf Impulsen der Pariser Salonmalerei, aber er hat sie auf die lnser Welt übertragen.

Unkritische Genremalerei
Bereits seine Auseinandersetzung mit dem «neugriechischen» Historienstil seines Lehrers Gleyre zeigt, wie er früh über die klassizistische Komposition hinaus zur Genremalerei ansetzt. Anker beherrscht das damals in Frankreich geschätzte Gesellschaftsbildnis der Salonmalerei ebenso wie er in die gleichermassen populären Kinder- Rührstücke, in die ländlich-realistischen oder historischen Milieuschilderungen seine persönliche, menschelnd ungeschönte, jedoch im Gegensatz zu Courbet, unkritische Note hineinbringt.
Mit den Stillleben dann eröffnet sich Ankers persönlicher, weniger bekannte Aspekt. Die Initialzündung ging sicher von der Stillleben-Koryphäe Jean-Baptiste Siméon Chardin (1699-1779) aus, der unter anderen auch Edouard Manet beeinflusste. Mit ihrer Stille und Harmonie, den klaren Formen und streng durchdachten Kompositionen demonstrieren sie Ankers malerische und kompositorische Fähigkeiten, die er zu einer spannungsvoll reduzierten Modernität führt und die auch neben den klassischen Stillleben oder einem Edouard Manet Bestand haben.
Ein weiterer Bereich der Ausstellung ist der französischen Fotografie bäuerlicher Motive gewidmet, die als Kontext zum ländlich geprägten Realismus von Albert Anker verstanden werden können.
Bis 31. August 2003; ein Vergleich mit Verweisen auf weitere Zeitgenossen, Wahlverwandte, aber auch Vorgaben wie Courbet und Millet, den Realismus seiner Zeit findet im kunsthistorisch aufgearbeiteten Katalog (erschienen im Stämpfli-Verlag) statt.

«Tee und Schmelzbrötchen» von Albert Anker 2003 im Kunstmuseum Bern.
«Tee und Schmelzbrötchen» von Albert Anker 2003 im Kunstmuseum Bern.
«Das Bildnis Marie-Marguerite Ormond-Renet» von Albert Anker im Kunstmuseum Bern.
«Das Bildnis Marie-Marguerite Ormond-Renet» von Albert Anker 2003 im Kunstmuseum Bern.