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Einblick in den Raum des Begehrens: Fraenzi Neuhaus fasziniert mit feinen Raumkörpern in Luzern

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Ausstellung

Als gemeinsames interdisziplinäres Projekt verbinden Fraenzi Neuhaus und Lisa Schmuckli in der Kornschütte Luzern Kunst und Philosophie zu feingewirkten Raumkörpern und kunststoffenen Wortskulpturen.

Einmal mehr gelingt es der 46-jährigen Solothurnerin Fraenzi Neuhaus, mit ihren textilen Objekten einen Ausstellungsraum in seiner Atmosphäre zu packen und in einen schon sakral anmutenden Ort der Kontemplation zu verwandeln. Von der Decke bis zum Boden hängen wie ein Vorhang zartluftiger, aus weissem Nylon genähte Körperhüllen; Restkörpern gleich schweben sie, scheinen kaum merklich zu vibrieren. Sie trennen den Raum, verdichten den Blick und sind doch transparent, gewähren Durch- und Einblicke, Hoffnung auf das Dahinter. Wie zum Beispiel auf die «Saitenkörper», dicht verflochtene Objekte aus Nylonsaiten, das eine wie ein Stacheltier schwarz bewehrt, das andere sich im reinen Weiss verschliessend, das Innere und das Äussere, das Fragile und das Stabile als Antipoden des Lebens.

Asketisch einfach und filigran
Und so trennt die feinhäutige «Hüllenwand» den Raum nicht im Sinne von Abgrenzen, sondern im Sinne von Innehalten, Berührenlassen, so wie Häute filtern und aufnehmen und gleichzeitig schützen. Verspielt-sinnlich einerseits und asketisch-einfach andererseits reagiert die filigrane Stofflichkeit im Spiel des Lichtes bricht und reflektiert das feinmaschige, feinglänzende Kunststoffmaterial mit den regelmässigen Formen und Mustern aus feinen Nähten und Biesen immaterielle Bewegungen. Suggestionen also auch, die im «Raum des Begehrens» das Aussen und das Innen, das Greifbare und die Illusion, die Hoffnung und Erfahrung konfrontieren - immer neu zu begehen und zu erleben als Ambivalence des Seins.
Denn stets setzt sich Fraenzi Neuhaus über die räumliche Wirkung von Strukturen, Ordnungen mit der Dialektik des Seins und der Metamorphose allen Seins gestalterisch-philosophisch auseinander: Transparenz und Dichte, Fragilität und Stabilität, Hierseits und Jenseits, Leben und Tod, Leichtigkeit und Stärke bestimmen in der Wechselwirkung von Raum, Licht und Wahrnehmung ihre textilen Gestaltungen. Denn so, wie der «Trauerflor», ein schwarzer Teppich aus dicht an dicht genähten, regelmässigen Aufwürfen, wie ein Meer in leiser Bewegung das Leben weiterträgt und den Tod als Sinnbild des Seins begrenzt, so geben sich auch die «Sargkörper» aus vulkanisiertem Kunststoff licht- und lebensdurchlässig. Filigran in ihrer brüchigen Kompaktheit steht der Tod im Licht, ist der ihn umfassende Raum nur eine Hülle. Darüber hinaus generieren ihre sinnbildhaft agierenden Raumelemente subtile Wahrnehmungserlebnisse, die das Taktile ebenso ansprechen wie den individuellen emotionalen Moment. Sie sind reine Stimmung, wie sie Raum sind und Raum fordern, wie sie Licht sind und Licht fordern.

Zweijährige Zusammenarbeit
Dieses interdisziplinäre Projekt entstand aus einer über zweijährigen Zusammenarbeit von Fraenzi Neuhaus mit der Luzerner Philosophin und Psychoanalytikerin Lisa Schmuckli. Aus vielen Gesprächen zu Wahrnehmungs- und Denkerlebnissen wuchsen aus Fäden gesponnene Raumkörper und aus Worten verwobene Gedankenkörper. Das Textliche zum Textilen findet dabei als philosophischer Essay im Katalog und als Tonbandaufnahmen statt und verknüpft auf einer Website www.raumkoerper.com - verbale und formale Raumkörper-Seh-Denk-Befragungen.
Bis 22. Juni 2003 geöffnet: täglich 10 bis 18 Uhr, samstags und sonntags 10 bis 16 Uhr. Am  Donnerstag, 5. Juni 2003, 19 Uhr, laden Fraenzi Neuhaus und Lisa Schmuckli zu einem Dialog über die Ausstellung ein.

Transparent und doch dicht ist Fraenzi Neuhaus’ Raumteiler «Hüllenwand» 2003 in der Kornschütte Luzern. (Foto: Eva Buhrfeind)
Transparent und doch dicht ist Fraenzi Neuhaus’ Raumteiler «Hüllenwand» 2003 in der Kornschütte Luzern. (Foto: Eva Buhrfeind)