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Das Bild im Zeitmoment und umgekehrt: Stijn Cole im Haus der Kunst St. Josef in Solothurn

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Ausstellung

Das Haus der Kunst St. Josef in Solothurn zeigt Arbeiten des belgischen Künstlers Stijn Cole, der seine Landschaftsmalerei und seine fotografischen Arbeiten im Kontext der Zeit versteht und diesen Kontext konzeptuell umsetzt

Eigentlich ist Malerei nichts anderes als Farbauftrag auf einem Bildgrund als immerwährende malerische Konfrontation mit dem Bildinhalt. Genauso wie die Landschaftsmalerei nichts anderes ist als Teil einer Entwicklung in der Malerei. Und wenn man dann noch die Fotografie hinzunimmt, deren Bilder einerseits Abbilder sind und andererseits sich aus vielen Pixeln zusammensetzen: Dann ist man zum Beispiel beim 1978 im belgischen Gent geborenen Künstler Stijn Cole angekommen, der seine Landschaftsmalerei und seine fotografischen Arbeiten im Kontext der Zeit versteht und diesen Kontext konzeptuell umsetzt oder erweitert. Neben dem Zeitmoment spielen die Interpretationen einer definitiven Bildwirkung, die sich aus Sekundenverschiebungen und formalen Effekten ergibt, eine wesentliche Rolle im bildnerischen Schaffen Stijn Coles, vor allem in den hier im Haus der Kunst St. Josef in Solothurn gezeigten grossformatigen Arbeiten. Da löst sich das landschaftliche Moment in konkret gliederte Farbfelder auf oder sekundenschnell fotografierte und im Bild überlagerte Sequenzen verwandeln sich zur malerischen Haltung.

Stijn Cole: «Finistère/Fisterra»
«Finistère/Fisterra», diese beiden «Ende der Erde»-Orte, der eine in der Bretagne, der andere in Spanien, in Galicien, beide am Jakobsweg gelegen, geben die Landschaft, die Stimmungen, das Meer und den Titel vor: Innert Sekundenabständen hat Stijn Cole die atmosphärischen Wandel fotografiert, dann am Computer in 256 Felder aufgelöst und pro Feld alle Pixel zusammengezählt, weiter den mittleren Farbton berechnet, anschliessend die Ölfarben gemäss des berechneten Vorschlags pro Feld gemischt und zu einer mosaikartig-geometrischen Farbpalette einer Landschaft konkretisiert – das malerische Ergebnis ist eindrücklich. Man ahnt, erkennt den Horizont, den Himmel, das Meer, das Land, vermutet darunter informelle Farbgesten, und sieht doch in erster Linie in diesen grossformatigen Triptychons, die sich zu Altarbildern öffnen, die landschaftliche Brechung in 256 kleine Farbpixelquadrate. Die Betrachtenden sind hin und her gerissen, müssen sich im Bild und an den eigenen Bildern orientieren, die atmosphärische Komposition in der Wahrnehmung ordnen. Denn die Zeit der sekundenschnellen fotografischen Bilderfolgen wird in den malerischen Farblandschaften eins, das fotografische Panorama bleibt nur noch ideelles Konzept. Das aufgemalte Datum steht für den Zeitpunkt der Aufnahme und des Erlebten.

Stijn Coles grossformatige Arbeiten
Diese Rückführung des Gesehenen und Fotografierten in die Malerei respektive in den malerischen Effekt, kommt gleichermassen eindrücklich im Chorraum in den grossformatigen Arbeiten zum Tragen: tosendes Meer, stürmische See, Gischt, Wellen, Sturm, ganz unmittelbar die Betrachtenden konfrontierend als beinahe klassisch stimmende, gestisch bewegte Malerei. Doch es ist reine Fotografie, es sind Bildsequenzen innerhalb von Viertel- oder halben Sekunden aufgenommen und als zwei kurze Zeitfolgen übereinander gelagert. Die zeitlich erste Aufnahme hat Stijn Cole in grauen Nuancen auf die Rückseite einer Glasplatte gedruckt, die zweite – in blauen Tönen auf Karton gedruckt – liegt einige Zentimeter darunter. Derart, dass in der Überlagerung der zeitlichen, räumlichen und chromatischen Ebenen die fotografischen Momentaufnahmen eine malerische Nachhaltigkeit suggerieren. Subjektiv und präzise in der Illusion eines Bildes hinter dem Bild. Fotografie als Einheit aus Zeit, Licht, Weite und schlichter Manipulation des Bildträgers irritieren die Wahrnehmung, wenn Stijn Cole einen sich gerade im Untergang befindlichen Sonnenuntergang im Meer fotografiert. In bläulich-diffuse Töne getaucht, wird der Horizont, die Weite zur malerischen Vermutung, hätte der Künstler nicht den Bildträger einmal in der Mitte waagerecht geknickt: Das einfallende Licht des Raumes bricht die zarten Farbnuancierungen zu einem feinen, weiten Horizont auf. Manchmal wirkt das Einfache auch komplex.
Bis 14. April 2019. Geöffnet Do-Fr 17-20 Uhr, Sa-So 13-17 Uhr. Vernissage heute Samstag, 16.2.19, 17 Uhr.

Triptychon von Stijn Cole 2019 im Haus der Kunst St. Josef in Solothurn. (Foto: Eva Buhrfeind)
Triptychon von Stijn Cole 2019 im Haus der Kunst St. Josef in Solothurn. (Foto: Eva Buhrfeind)
Stijn Cole 2019 im Haus der Kunst St. Josef in Solothurn:  tosendes Meer, stürmische See, Gischt, Wellen, Sturm. (Foto: Eva Buhrfeind)
Stijn Cole 2019 im Haus der Kunst St. Josef in Solothurn: tosendes Meer, stürmische See, Gischt, Wellen, Sturm. (Foto: Eva Buhrfeind)
Triptychon von Stijn Cole 2019 im Haus der Kunst St. Josef in Solothurn. (Foto: Eva Buhrfeind)
Triptychon von Stijn Cole 2019 im Haus der Kunst St. Josef in Solothurn. (Foto: Eva Buhrfeind)