Home | News | Suchen | News-Archiv | Kategorien | Kontakt

«In Bildern denken» und andere Einsichten: Thomas Woodtli, Werner Bommer und Stefan Sieboth im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Ausstellung

Seit vielen Jahren kreuzen sich die Wege von Thomas Woodtli, Werner Bommer und Stefan Sieboth. Nun erfüllen sich die drei Künstler den Wunsch, einmal gemeinsam auszustellen. Und beweisen in dieser üppig angelegten Ausstellung mit den vielschichtigen und mehrdeutigen Werken ihre ganz persönlichen Haltungen und Handschriften.

«In Bildern denken» betitelt Thomas Woodtli seine Arbeiten und es zeigt sich, dass der Künstler aus dem Schwarzbubenland als ein in Bildern Denkender auch ein Bild-Erfinder ist, der in komplexen digitalen Bildprozessen die Grenze zwischen malerischen, zeichnerischen sowie fotografischen Auswirkungen ausreizt. Dazu sampelt und manipuliert Woodtli am Computer seine fotografierten An- wie Ausschnitte, auch eigene Bilder, Farben, Landschaften, Architekturen, Graffiti, Stimmungen und Orte, lässt Florales auf Fotopapier durch die Sonne belichten, bearbeitet Tonalitäten, arrangiert diese Bildelemente am Computer in- und übereinander, um sie im Inkjetverfahren auf den Glasbildträger zu drucken.
Es ist das Suchen, Finden, Fotografieren, das Kreieren neuer Bildwertigkeiten, das ihn künstlerisch antreibt, um die Übergänge zwischen Erkennbarkeit und Verfremdung, analoger und digitaler Effekte auf dem Grat eines eindeutigen Moments und suggestiver Bildgeschehen auszuloten. Landschaften und Architekturen geraten so in teils irreale Kontexte. Fernsicht und Nahsicht entwickeln eine illusionistische Tiefenwirkung, Fassbares und Unfassbares bilden irritierende Impressionen; gegensätzliche Geschichten finden sich zu gemeinsamer situativer Ausstrahlung, Transparenz und Zwielicht verwischen wandelbare Stimmungen, fotorealistische vereinen sich mit malerischen Perspektiven. Bei Thomas Woodtli entsteht aus der Bildfindung eine multiple suggestive Bildwerdung, mit der er die vielschichtigen Möglichkeiten des Bildes und die Mehrdeutigkeit des Sehens hinterfragt, auch die Schnittlinien, wie weit man mit dem Gegenständlichen gehen kann, bis es noch erkennbar ist, zur Malerei wird, abstrakt erscheint oder das Fotografische die Rätsel hinter diesen Bildwelten vorgibt.

Werner Bommers zwei Lebensspuren
Bei Werner Bommer hat die Freude an der Kunst, insbesondere der Malerei zwei Lebensspuren eröffnet. Die eine ist ab Mitte der 1970er Jahre die des renommierten Galeristen aus Zürich und Zug. Der andere gleichermassen eigenständige Lebensweg ist die Malerei, die Leidenschaft der «Kunst» als schöpferische Freiheit. Werner Bommer – er hat 1974 die Ausbildung an der Hochschule für Gestaltung Basel mit dem Zeichenlehrerdiplom abgeschlossen und malt seitdem kontinuierlich – findet seine Impulse am ehesten im Expressionismus amerikanischer Prägung, in der Freiheit der malerischen Geste, im intuitiven Akt des Farbauftrags. Aber letztendlich geht es Werner Bommer vor allem um Farbe und Form, um die Malerei an sich und um deren Qualität. Denn auch wenn Inhalte nicht wichtig sind, trotz des impulsiv sich abstrahierenden Farbauftrags, dem energischen Pinselduktus und lebhafter Bildgeschehen, bei Werner Bommer bilden reale und figürliche Momente die Grundidee seiner Bildgeschehen: Architekturen, Florales, Gegenständliches, Industrieareale, Hausfassaden, Flurpläne, rhythmische oder topografische Strukturen. Im Bild neu komponiert aus Farbe und Fläche, die je nach Abstraktionsgrad noch Gegenständliches erkennen lassen. Neu ist bei ihm die Symbiose von Malerei und digitalisierten Prozessen. Dazu fotografiert Werner Bommer seine konventionell gemalten Bilder, vergrössert und bearbeitet diese digital wie auch weitere fotografische Eindrücke und druckt diese neuen Bildnisse hinter Plexiglas, um dann auf der Rückseite des Gedruckten malerisch einzugreifen: wiederum effektvoll im expressionistischen Duktus, bis nicht mehr zu trennen ist, was malerischer, was fotografischer Akt ist, was im Vordergrund, was im Hintergrund steht. Sicher ist lediglich, dass sich Farbe und Form zu «Einsichten» aus Imagination und Irritation fügen.

Stefan Sieboths künstlerische Prinzipien
Stefan Sieboths künstlerische Prinzipien sind ganz der konkreten Kunst mit minimalistischen Prinzipien, der Geometrie, der Relevanz des Gleichgewichts und der Gesetzmässigkeit verpflichtet: die Gerade, der Scheitel, die Linie, Kreisform, Winkel, das Konvexe und Konkave, präzise Verschiebungen, exakt Tektonisches, filigran Schwingendes. Doch trotz aller Einfachheit und Klarheit strahlen seine Skulpturen auch etwas Erhabenes, Wehrhaftes, Elegantes und eine zeitübergreifend gelassene Ästhetik aus, die er zum Ausgleich der Kräfte von Bewegung und Ruhe, Statik und Leichtigkeit wirkungsvoll austariert.
Ob nun aus Chrom, Chrom-Nickel-Stahl, Alu, aus geschliffenem Acryl, ob als goldfarbener Messingguss, als Bronzeguss, ob glänzend oder in monochrom-flächigen, pop-artiger Kolorationen, ob eher schmuckhaft oder körperhaft, ob technische Raffinesse oder florale Idee – es sind vielgestaltige Inszenierungen in den Raum hinein und aus dem Raum heraus, im Innenbereich wie für den Aussenbereich. Sieboths Werke sind Raum und plastische Zeichnung, evozieren im Formalen des Konkreten auch philosophische Betrachtungen, sei es zur Natur, zum Menschen, oder beleuchten als linear verwinkelte Leuchtkörper poetisch zeichnerisch-konstruktive Grundsätze. Ohne je diese konkreten Prinzipien zu verlassen, bleibt Stefan Sieboth letztendlich immer eigen-willig souverän im künstlerischen Denken. Denn das Eigen-willige zu generieren, sei es in der Architektur, im funktionalen Design und der zeitlosen Kunst, ist der Motor seines Schaffens.

Bis 26.5.2019, Öffnungszeiten: Mi + Do 16 - 19 Ur, Sa + So 14 - 18 Uhr. Matinée: Sonntag, 19.5., 11 Uhr, mit Lisa Christ Slam-Poetin. Vernissage, heute 4.5.2019, 17 Uhr.

Werke von Thomas Woodtli  2019 im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist. (Fotos: Eva Buhrfeind)
Werke von Thomas Woodtli 2019 im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist. (Fotos: Eva Buhrfeind)
Werke von Werner Bommer und Stefan Sieboth 2019 im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist. (Fotos: Eva Buhrfeind)
Werke von Werner Bommer und Stefan Sieboth 2019 im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist. (Fotos: Eva Buhrfeind)
Werke von Werner Bommer und Stefan Sieboth 2019 im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist. (Fotos: Eva Buhrfeind)
Werke von Werner Bommer und Stefan Sieboth 2019 im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist. (Fotos: Eva Buhrfeind)
Werk von Stefan Sieboth 2019 im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist. (Foto: Eva Buhrfeind)
Werk von Stefan Sieboth 2019 im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist. (Foto: Eva Buhrfeind)