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Vernissagerede Ausstellung Thomas Woodtli, Werner Bommer und Stefan Sieboth im Schlösschen Vorder-Bleichenberg in Biberist

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Vernissagerede

Vernissagerede am 4. Mai 2019 zur Ausstellung von Thomas Woodtli, Werner Bommer und Stefan Sieboth im Schlösschen Vorder-Bleichenberg in Biberist.

Meine Damen und Herren
Ich freue mich, dass Sie gekommen sind, um mit Thomas Woodtli, Werner Bommer und Stefan Sieboth diese spannende Ausstellung zu eröffnen. Seit vielen Jahren kreuzen sich immer wieder ihre Wege. Nun erfüllen sie sich hier den Wunsch, gemeinsam ihre künstlerischen Arbeiten auszustellen, ihre ganz persönlichen Haltungen und Handschriften vorzustellen.
Von Gerhard Richter soll der Satz stammen: «Kunst ist die höchste Form von Hoffnung». Ja, stimmt – Kunst ist Hoffnung und es ist mehr. Kunst, ob als Malerei, Zeichnung, Plastik, Installation, ob gegenständlich, digital, ob expressiv oder konkret – Kunst nimmt immer eine Position ein, gewährt Einsichten, ist ausschliesslich Haltung und fast immer Rezeption ihrer Zeit und unserer Wahrnehmung.

Thomas Woodtli
«In Bildern denken» betitelt Thomas Woodtli seine Arbeiten und sagt nichts anderes als«Die Bilder sind frei» und der Künstler ist frei, diese Momente des Sehens und Sichtens immer neu zu formulieren. Thomas Woodtli ist nicht nur ein in Bildern Denkender, sondern auch ein Bild-Suchender und ein Bild-Erfinder, der in komplexen digitalen Prozessen die Ambivalenz malerischer, zeichnerischer sowie fotografischer Auswirkungen ausreizt.
Geht es doch für den Künstler aus dem Schwarzbubenland letztendlich um die digitale Übertragung von Bild und Stimmung, Malerei, Zeichnung, Fotografie, darum, die Geschehen hinter diesen Bildwelten zu sichten und zu verstehen.
Der malerische Akt, die zeichnerische Komponente findet seit geraumer Zeit am Computer statt, es sind die aufwendigen und multiplen Bildbearbeitungsprozesse, mit denen er nun seine Bilder «malt» und kreiert.
Dazu sampelt und manipuliert Thomas Woodtli – wie ein Musiker vielleicht – am Computer seine fotografierten An- wie Ausschnitte, Fotografien erlebter Landschaften, Architekturen, Graffiti, Stimmungen und Orte, Wandbilder, eigener gemalter Bilder, lässt Florales vorher auf Fotopapier durch die Sonne belichten, Farben auf dem Leuchtkasten fliessen, bearbeitet Tonalitäten, collagiert und arrangiert diese Bildelemente und -fragmente am Computer in- und übereinander, generiert so mehrschichtige wie variationsreiche Bildsituationen.
Diese druckt er im Inkjetverfahren auf Glasbildträger, nutzt deren Transluzenz für einen vertiefenden ästhetischen Moment.
Es ist diesesSuchen, Finden, Fotografieren, Sampeln, Komprimieren, Digitalisieren, das Kreieren neuer Bildwertigkeiten, das ihn künstlerisch herausfordert, um die Übergänge zwischen Erkennbarkeit und Verfremdung, analoger und digitaler Effekte auf dem Grat eines eindeutigen Moments und suggestiver Wahrnehmung auszureizen. Bis eben diese Bildgeschehen in neue, teils irreale Kontexte geraten.
Fernsicht und Nahsicht entwickeln illusionistische Tiefenwirkungen oder atmosphärische Faszinationen, Fassbares und Unfassbares bilden irritierende Impressionen; gegensätzliche Geschichten finden sich zu gemeinsamer situativer Ausstrahlung, Räumliches lässt sich neu lesen, Transparenz und Zwielicht verwischen zu wandelbaren Stimmungen, fotorealistische vereinen sich mit malerischen Perspektiven.
Bei Thomas Woodtli entsteht aus der Bildfindung über die aufwendige digitale Bildentdeckung eine imaginativeBildwerdung, mit der er die vielschichtigen Möglichkeiten der Rezeption hinterfragt, die Schnittlinie, wie weit man mit dem Gegenständlichen gehen kann, bis es noch erkennbar ist, zur Malerei wird, abstrakt erscheint oder das Fotografische die Rätsel hinter diesen Bildwelten vorgibt.
«In Bildern denken» wie überhaupt im Schaffen Thomas Woodtlis geht es letztendlich immer auch um die Sinnlichkeit, um die Wahrheit des Bildes, wenn er den sinnlichen Aspekt im medial technisierten Kunstbegriff vielschichtig referenziert.

Werner Bommer
Kunst ist das Erkennen von Einsichten und Aussichten. Kunst ist eine Art zu denken und sich zu äussern. Kunst bezieht Stellung oder konzentriert sich auf den schöpferischen Akt.
Bei Werner Bommer hat die Freude an der Kunst, an der Malerei, zwei Lebensspuren eröffnet: Die eine ist seit Mitte der 1970er Jahre die des Galeristen aus Zürich und Zug.
Der andere gleichermassen eigenständige Lebensweg ist eben die Malerei, die Leidenschaft «Kunst» als schöpferische, unabdingbar sich entfaltende Kreativität.
Werner Bommer – er hat 1974 die Ausbildung an der Hochschule für Gestaltung Basel mit dem Zeichenlehrerdiplom abgeschlossen, malt seitdem kontinuierlich – findet seine Impulse am ehesten im abstrakten Expressionismus amerikanischer Prägung, in der Freiheit der malerischen Geste, im intuitiven Akt des Farbauftrags, in der Spontaneität der Bildentstehung. Aber letztendlich geht es Werner Bommer vor allem um Farbe und Form, um die Malerei an sich und um einen persönlichen malerischen Anspruch.
Denn auch wenn Inhalte nicht wichtig sind, trotz des impulsiv sich abstrahierenden Farbauftrags, dem energischen Pinselduktus und lebhafter Bildgeschehen, bei Werner Bommer bilden reale und figurative Momente die Grundidee seiner Malerei: Architekturen, Florales, Gegenständliches, Industrieareale, Hausfassaden, Flurpläne, rhythmische oder topografische Strukturen.
Im Bild neu komponiert aus Farbe und Fläche zu dynamischen, energiegeladenen Bildereignissen, die je nach Abstraktionsgrad noch Gegenständliches erkennen lassen.
«Ich kann nicht anders», sagt er denn auch und meint, es ist ganz einfach Malerei, sei es in der konventionellen Malerei mit Acryl und hin und wieder Öl auf verschiedenen Bildträgern, z. B. auf Leinwand, Papier, sei es in seinen neuen Hinterglas-Arbeiten.
Denn neu ist bei ihm die Symbiose von Malerei und digitalisierten Prozessen.
Dazu fotografiert Werner Bommer seine konventionell gemalten Bilder, vergrössert und bearbeitet diese digital wie auch weitere fotografische Eindrücke und druckt diese modifizierten Bildnisse hinter Glas, um dann auf der Rückseite des Gedruckten malerisch einzugreifen: wiederum effektvoll im expressionistischen Duktus, bis nicht mehr zu trennen ist, was malerischer, was fotografischer Akt ist, was im Vordergrund, was im Hintergrund steht. Sicher ist lediglich, dass sich Farbe und Form zu «Einsichten» aus Imagination und Irritation fügen.
Stets bleibt Werner Bommer wahrhaftig im konsequenten Weiterentwickeln seines künstlerischen Anspruchs, in der eigenen malerischen Thematik und seiner Handschrift: die Freiheit der reinen Malerei als Haltung und fotografischer Kontext als Bilddefinition, Empfindung und Betrachtung.
Doch letztendlich geht es hier immer wieder um die malerische Qualität, und damit um Farbe, Form, Licht, Dichte und Transparenz, um die Einheit malerischer und technischer Raffinesse.

Stefan Sieboth
Kunst und Handwerk, Form und Funktionalität, ganz im Sinne des Bauhauses als harmonische Einheit nicht zu trennen: Das ist das Wirken von Stefan Sieboth aus Derendingen, dessen Schaffen das weite Feld der Architektur, Raumkonzepte, (Industrial) Design und Bildende Kunst umfasst.
All seine Gestaltungen und Entwürfe gehen stets von konstruktivistisch-geometrischen Fragestellungen, Grundkonzepten und den entsprechenden Herausforderungen aus. Wobei sich diese Haltungen wechselwirkig bedingen.
Auch Stefan Sieboths künstlerische Prinzipien sind ganz der konkreten Kunst mit minimalistischen Prinzipien, den geometrischen Grundstrukturen, der Relevanz des Gleichgewichts und der Gesetzmässigkeit verpflichtet: die Gerade, der Scheitel, die Linie, Kreisform, Winkel, das Konvexe und Konkave, präzise Verschiebungen, exakt Tektonisches, filigran Schwingendes. Doch trotz aller Einfachheit und Klarheit strahlen seine Skulpturen auch etwas Erhabenes, Wehrhaftes, Elegantes und eine zeitübergreifend gelassene, ja auch spielerische Ästhetik aus, die er zum Ausgleich der Kräfte von Bewegung und Ruhe, Statik und Leichtigkeit wirkungsvoll austariert.
Stefan Sieboths Gestaltungen, ob nun aus Chrom, Chrom-Nickel-Stahl, Alu, aus Acryl (geschliffen und poliert), ob als goldfarbiger Messingguss, als Bronzeguss, ob glänzend oder in monochrom-flächigen, pop-artigen Kolorationen, ob eher schmuckhaft oder körperhaft, ob technische Raffinesse oder florale Idee, ob handlich oder installativ – es sind vielgestaltige Inszenierungen in den Raum und aus dem Raum heraus, im Innenbereich wie für den Aussenbereich.
Seine Werke sind Raum und plastische Zeichnung, evozieren im Formalen des Konkreten auch philosophische Betrachtungen, sei es zur Natur, zum Menschen, oder beleuchten als linear verwinkelte Leuchtkörper poetisch zeichnerische Grundsätze. Ohne je diese konkreten Prinzipien zu verlassen, bleibt Stefan Sieboth letztendlich immer «eigen-willig» souverän im künstlerischen Denken und in der Kreativität. Denn das «Eigen-willige» zu generieren, sei es in der Architektur, im Design und der zeitlosen Kunst, ist der Motor seines Schaffens, die Seele seiner Arbeiten.
Dieser Kunst als Einheit von formaler Konzeption und Passion stellt Stefan Sieboth immer auch eine lustvolle sinnliche Dimension gegenüber. Und auch in dieser Ausstellung bilden sie als Ruhepole einen dreidimensionalen Kontext.
Sein seit Jahrzehnten unermüdliches Schaffen und die stete Treue zur Region wurde 2018 mit dem Solothurner Kunstpreis gewürdigt.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen, viel Spannendes zu entdecken und anregende Gespräche zu führen.

Eva Buhrfeind

Vernissage vom 4. Mai 2019 im Schlösschen Vorder-Bleichenberg in Biberist

Ausführlicher Text zur Ausstellung

Eva Buhrfeind
Eva Buhrfeind
Blick in die Ausstellung im Schlösschen Vorder-Bleichenberg Biberist.
Blick in die Ausstellung im Schlösschen Vorder-Bleichenberg Biberist.
Blick in die Ausstellung im Schlösschen Vorder-Bleichenberg Biberist.
Blick in die Ausstellung im Schlösschen Vorder-Bleichenberg Biberist.