Home | News | Suchen | News-Archiv | Kategorien | Kontakt

Vernissagerede Ausstellung Peter Frick und Daniel Mentha in der Galerie Artesol in Solothurn

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Vernissagerede

Vernissagerede vom 17. August 2019 zur Ausstellung von Peter Frick und Daniel Mentha in der Galerie Artesol in Solothurn.

Meine Damen und Herren

Ich freue mich, dass Sie gekommen sind, um mit Peter Frick und Daniel Mentha ihre zweite spannende Ausstellung in der Galerie Artesol zu eröffnen.

Von Gerhard Richter soll der Satz stammen: «Kunst ist die höchste Form von Hoffnung». Ja, stimmt – Kunst ist Hoffnung und es ist mehr.
Kunst nimmt immer eine Position ein, gewährt Einsichten, ist Haltung und fast immer Rezeption der Wahrnehmung und Herausforderung durch die formalen Mittel.
Kunst ist ein freier Raum, der gefüllt wird mit Bildern, Geschichten, Landschaften, Metaphern und Stimmungsmomenten, Zeitlosigkeit und Natur als Lebenserfahrung.

Kunst setzt Zeichen und gehört ins Leben!

Beide Künstler kennen sich Jahrzehnten bald, seit ihrem Postgraduate (Medizinstudium/Psychiatrie). Das künstlerische Schaffen ist eines der verbindenden und inspirierenden Elemente, ein gemeinsamer Weg und wenn es nur die gemeinsame Zeit im kleinen Druckatelier von Peter Frick ist, wo auch Daniel Mentha drucken kann.

Ein künstlerisches und sich bestärkendes Miteinander, welches das Individuelle trägt und Inspirationen gegenseitig befruchten lässt.

Wie jetzt im Mezzotinto, jener Tiefdrucktechnik, die viel Handarbeit, Zeit und Ausdauer verlangt, deren plastische, malerische Wirkung jedoch einen grossen chromatischen Reichtum an nuancenreichen Farbtönen und fliessenden Übergängen erreicht - und beiden Künstlern neue Bildwelten eröffnet.

Peter Frick
Seit bald zehn Jahren widmet sich der Bellacher dem Tiefdruck. Seine Arbeiten zeichnen eine feine naturgetreue und detailsichere Genauigkeit des Zeichners und eine ebenso feine Grosszügigkeit des Sehens aus.
Mit seinem grafischen Werk beweist er sich als feinsinniger Beobachter der Welt, wenn er mit grosser Finesse die Natur, den Wald, die Bergwelten erobert – mit den Augen des bedächtigen wie exakten Betrachters, der nicht durch das Leben und in die Verdichtungen der Natur eilen kann, sondern die Sicht, das Erfahren und Wahrnehmen der Besonderheiten und deren Zusammenhänge aus der ihm eigenen Perspektive betrachtet.
Mit diesem Gespür für die Feinheiten, mit der Raffinesse von Stift und Drucktechnik beschreitet Peter Frick die Landschaft, lässt uns den geheimnisvollen und melancholischen Zauber des Waldes entdecken, in das Mystische karstiger Gletscher eintauchen. Bilder, die auch Metaphern sind des Sehens, des Erlebens der Dinge und ihrer Stimmungen.
Wie immer ist die bildnerische Wirkung altmeisterlich in der realitätsnahen Wirkung. Das handwerkliche Können, das zeichnerische wie das tiefdruckgrafische, trägt die Geschichten, lässt die Magie und das Spannungsvolle einer Natur aufleben, die Peter Frick zu atmosphärisch dichten Momenten spiegelt und steigert, so den Betrachter auf erwartungsvolle Entdeckungsreisen schickt.
Nun also das Mezzotinto, das Peter Frick vielfältige Möglichkeiten erlaubt, die Variationen eines Motivs, einer Impression bis in die subtilen Farbmodulationen auszutarieren.
Auch wenn Peter Frick gehandicapt ist im Rollstuhl, nicht mehr so mobil, die Natur zu durchstreifen oder zu erklimmen, er geht nichtsdestotrotz hinaus, in die Wälder zum Beispiel, fotografiert, sammelt Äste, Holz, Laub ein, immer fasziniert auch vom Grund des Waldes, dem Wesen der Auen, einer Landschaft. Einfach, um genau zu wissen, was da passiert in der Natur, in der Landschaft, im Gesehenen, nimmt er das markant sich reflektierende Licht auf den schattigen Ästen auf, verdichtet das Laub, verweist auf Tiefe und den Reiz der Natur als Bühne des Lebens: die Rainauen, Arbostora, Wälder, im ausdrucksintensiven Kontrast einer beinahe greifbaren Genauigkeit und einer literarisch stimmenden Interpretation.
Der einstürzende Grenzzaun der «Pointe de la Douane» im Wechselspiel von lichter Nähe und verschatteter Ferne offenbart über den erlebten Augenblick hinaus auch ein allegorisches Moment. Auch die vexierbildartige, felsige «white islet» wird zur Kulisse eines dramaturgisch wirkungsvollen Erlebens. Der tote Hase, die Impressionen vom Fischmarkt, sie sind stiller Ausdruck des Vergehens im Werden.
Jede Farbvariante entwickelt dabei eine ganz eigene komplexe Atmosphäre. Aber es sind stets diese fein austarierten Kontraste, die das Greifbare seiner Sicht der Dinge ergreifend werden lassen. Der exakte Beobachter wird zum Betrachter universell zu erlebender Augenblicke lyrisch anmutender Ansichten: transparent im Gewachsenem, hell im Dunklen, stets im Kreislauf des Seins oder menschlicher Beziehungen, die vom Vergangenen ins Gegenwärtige reichen.
Aber auch im skulpturalen Arbeiten findet Peter Frick seinen zeitlosen Ausdruck, abstrahierte Schneckenformen, die der ägyptischen Mythologie nachempfundene Anubis-Figur. Die sich auch in den grafischen Arbeiten als spannungsvolle Inszenierung entdecken lassen.

 

Daniel Mentha
Daniel Mentha ist eher der «Freigeist», experimentierfreudig, der seine malerische Seite und darüber hinaus die Suche nach einer bildhaften Erfahrung, im Tiefdruck, wie hier die Radierung oder das Mezzotinto, neugierig, kreativ wie stetig verfeinert.
Das Spiel mit den Techniken, das er schon mal als «Druckzauberei» benannte, ist für Ihn Herausforderung und Inspiration zugleich.
Der gebürtige Neuenburger hat seinem druckgrafischen Handwerk seinen ihm eigenen Stempel aufgedrückt, der in der klassischen Note eher ein freiheitlicher ist, immer offen für die Eigenart der Drucktechnik, für die bildnerischen Effekte, die sich entwickeln, für die Überraschungsmomente, die das Technische im Bildgeschehen um eine eigene Geschichte erweitern.
Auch Daniel Mentha findet im Landschaftlichen jenes Moment für die künstlerische Auseinandersetzung mit den druckgrafischen Möglichkeiten und den Möglichkeiten des Scheiterns als schöpferische Fragestellung «Was gibt mir der Moment, was für eine Wirkung, ein Bild wird werden»? Doch die Landschaft ist bei Daniel Mentha mehr als nur erlebte oder entdeckte Impression – ob Land oder Meer. Sie sind Inspiration, geben ihm, seien es aquarellierte, gezeichnete oder fotografische Vorlagen, jenen Raum für neue Sichtweisen und Bildideen, die Freiheit, die Natur, deren Variationen und Metamorphosen neu zu interpretieren, idealisieren, reduzieren oder konzentrieren auf Stimmungen, Atmosphärisches, auch Dramatisches oder romantisch Anmutendes. Vielfältig sind die Wirkungen und Tonalitäten, in den Zitaten und Assoziationen und Empfindungen.
Die Landschaft in der Radierung zum Beispiel bespielt das Poetische, das Arkadien sehnsuchtsvoller Romantik als Blick in eine beinah lyrisch stimmende Ferne, zeitenloses Ideal der Bildwerdung, Augenblicke reizvoller und entrückter Ausblicke.
Die Magie des aufwändigen Mezzotinto lässt Daniel Mentha in die Magie naturintensiven Erlebens übergehen, laden seine wandelbaren Ausblicke zu wundersamen, auch sinnbildhaften Geschichten ein. Der Monte Rosa ragt düster in eine allegorische Dramaturgie, feine Farbvariationen erzeugen eine bühnenartige Kulisse. Der dicht verwobene Wald wird bei ihm zur symbolistischen Vision, mystisch im idyllischen Zauber, entrückt in der Verdichtung der Nuancen und feinen Effekte; der sich auflösende Blick auf Küsten, Meer, Weite und Wolken vereint das Freiheitliche des Sehens und der künstlerischen Interpretation bis hin zur malerischen Wirkung; über der dunstigen See bei Cannes leuchten die schneebedeckten Alpen wie Metaphern der Ferne.
Aber es ist ein Bild, das alles beinhaltet und verweist: der rezeptionsvertraute Blick aus dem Zimmer, aus dem Innenraum durch das geöffnete Fenster in die Landschaft, in die Weite der Natur. Hier wird der Blick des Künstlers auch zum Blick des Betrachters als konkrete Ahnung eines flüchtigen Augenblicks des Sehens wie intensiver grafischer Reflexion.

                                
    Eva Buhrfeind, August 2019
    anlässlich der Vernissage
    in der Galerie Artesol, 17.8.2019

Daniel_Mentha (links) und Peter Frick.
Daniel_Mentha (links) und Peter Frick.
Hase von Peter Frick 2019 in der Galerie Artesol in Solothurn.
Hase von Peter Frick 2019 in der Galerie Artesol in Solothurn.
Monte Rosa von Daniel Mentha 2019 in der Galerie Artesol in Solothurn.
Monte Rosa von Daniel Mentha 2019 in der Galerie Artesol in Solothurn.