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Der Berg und die Vielfalt der Malerei: Kunstschaffende der Gilde Schweizer Bergmaler im Schlösschen Vorder-Bleichenberg in Biberist

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Ausstellung

Im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist, zeigen 50 Kunstschaffende der Gilde Schweizer Bergmaler facettenreiche Bergwelten. Trotz der Bilderfülle und des breiten Sprektrums wirkt die Ausstellung nicht überladen.

Der Berg ist als Genre in der Kunst bis heute ein Faszinosum. Sinnbild stiller Erhabenheit, entrückter Natur, unendlicher Sehnsuchtsort, wandelbar durch Metamorphosen in Stimmungen von Farbe, Licht und Schatten, Wirklichkeit und Gefühl. Seit dem ausgehenden 18., vor allem seit Beginn des 19. Jahrhunderts ein beliebtes Sujet der Landschaftsmalerei, trug die Alpenmalerei so zum alpenländischen Tourismus bei: Caspar Wolf, Pionier der Hochgebirgsmalerei, der Westschweizer Alexandre Calame, auch ein Meister der Alpenlandschaft, der grosse Beachtung über die Grenzen fand. Und natürlich Ferdinand Hodler, der mit Beginn des 20. Jahrhunderts die erratische Präsenz, das ferne Mysterium des Berges aus dem naturnahen oder idealisierten Realismus in die Moderne führte. Seitdem hat sich das Bild des Berges, die malerische Intention erweitert und weiter entwickelt. Es sind meist persönlich Erlebtes und Erfahrenes, die treue Freude an der Bergwelt, der Reiz, diese wandelreiche Natur immer neu – auch im Bewährten – zu interpretieren, die die Kunstschaffenden inspiriert. Um dieser künstlerischen Haltung einen Rahmen zu geben, wurde im Juli 1988 in Interlaken die Gilde Schweizer Bergmaler GSBM gegründet. Die Aufnahmekriterien durch eine Jury garantieren den professionellen Anspruch der inzwischen rund 70 Mitglieder, unter denen akademisch ausgebildete Kunstschaffende ebenso vertreten sind wie künstlerisch etablierte Autodidakten. Alle Bildsprachen sind vertreten: Realismus, Naturalismus, Tradition, Expressives, Zeichnung, Abstraktes, Objekte, neben Malerei auch druckgrafische Techniken.

99 Werke sind zu sehen
Für die regelmässig durchgeführten Ausstellungen wird jeweils im Vorfeld ein spezifisches Thema vorgegeben, in der Ausschreibung dann werden maximale Bildanzahl (bis fünf Werke pro Künstler) und Bildgrösse bestimmt. Für die definitive Auswahl ist dann eine Jury aus externen Kunstsachverständigen und ausgewählten GSBM-Mitgliedern verantwortlich. Für diese Ausstellung im Schlösschen Vorder-Bleichenberg  wurden von den 50 Kunstschaffenden 200 Arbeiten eingereicht, von denen nun 99 Werke (1 bis 4 Werke pro Person) ausgewählt wurden und von Thomas Seilnacht und Fredy Schaffner mit Bedacht und thematisch konzipiert präsentiert werden.

Reise durch vielfältige weltanschauliche und malerische Geschichten
Das Thema dieser Ausstellung «Der Berg im Wandel der Zeit» erweist sich Schlösschen Vorder-Bleichenberg als spannende Reise durch die Kunst vielfältiger weltanschaulicher und malerischer Begrifflichkeiten und Geschichten. Ja, der Berg im Wandel der Zeit lässt sich mannigfaltig und individuell interpretieren und lesen: Gletscher, die verschwinden und in der malerischen Darstellung greifbar bleiben, karstige wie auch romantische Naturen schneebedeckter Bergketten, elegant schwingende Gletscher, die Idyllen heiler Welten, das Monumentale und Unverrückbare. Der Klimawandel, der im Permafrost seine Spuren hinterlässt; auf geologische Zeichen und Strukturen konzentrierte klimatische Erosionen, die zur bildhaften Vision werden. Der Berg zeigt sich facettenreich im Wandel jahres- oder tageszeitlicher Atmosphären, als expressive Komposition, als feinst mit Bleistift gezeichnete Versteinerungen, die auf Urzeiten verweisen. Unmittelbare Ausblicke in heimische Bergwelten inszenieren sich zu rätselhaft erlebten Eindrücken oder als süffisante Betrachtung des Klimawandels, wenn sich der abgestorbene Baum am Rand des sandigen Gletschers zum Kaktus verwandelt. Dafür taucht der Mensch selten auf, höchstens als Bergsteiger oder sinnbildhaft. Erfreulich ist, dass die sympathische Ausstellung trotz Bilderfülle nicht überladen wirkt. Und, dass die Malerinnen und Maler in ihren Bergen, Gebirgen, Berglandschaften, Naturen authentisch bleiben, auch wenn sich durchaus künstlerische Bildzitate und -anleihen erkennen lassen. Der Wandel der Zeiten zeigt sich auch als Wandel malerischer Grundhaltungen, alles hat seinen Platz: das Bewährte, das Moderne, das Originelle, die junge Generation mit eigenwilligem Lego-Gebirgsszenarium.
Bis 10. November 2019. Geöffnet: Mi + Do 16-19 Uhr, Sa +So 14-18 Uhr. Matinée- Konzert: Sonntag, 3. November 2019, 11 Uhr mit Michael Steiner, Violine und Robert Flury, Klavier.

Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist 2019: «Berg» von Markus Gilomen. (Foto: Eva Buhrfeind)
Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist 2019: «Berg» von Markus Gilomen. (Foto: Eva Buhrfeind)
Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist 2019: «Aletsch Wüste» von Peter Schneider. (Foto: Eva Buhrfeind)
Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist 2019: «Aletsch Wüste» von Peter Schneider. (Foto: Eva Buhrfeind)