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Vernissage Margarita Flad Stuttgart-Zuffenhausen

Auch ich möchte Sie herzlich willkommen heissen zur Begegnung mit Margarita Flad, mit ihren Farben, Menschen, Eiszeiten, Landschaften.
Als wir uns für den Text ihres letzten Kataloges trafen, fiel irgendwann der entscheidende Satz: «Begegnung ist der Anfang jeder Kommunikation».
Und Margarita Flads Bildsprache ist auch die eines künstlerischen Dialoges: Hier begegnen sich die Farben untereinander im Bild und dadurch mit dem Betrachter. Wie es ja auch zwischen Künstler und den Farben zu immer neuen inspirierenden Begegnungen kommt und daher auch zur Begegnung zwischen Künstler und Betrachter.

Begegnung
Wir begegnen uns hier heute Abend nicht gerade zufällig – die Ausstellung ist Anlass für eher zufällige Begegnungen, für ein zufälliges Miteinander verschiedener Menschen.
Der Mensch in der «Begegnung», das Miteinanderleben und Miteinanderauskommen, Menschen, im Kommen und Gehen, Aufeinanderzugehen, Auseinanderdriften, Menschen überhaupt sind eines ihrer Hauptthemen, Menschen, die sie so zeigt, wie sie sie wahrnimmt, wie diese auf sie wirken und die in den wandelnden und sich verändernden Formationen Ausdruck sind persönlicher Spannungen und Empfindungen, Gedanken und Erlebnisse.
Diesen Menschen begegnen wir in ihren Bildern so, wie wir sie täglich treffen: als bunte, oft anonyme, manchmal vertraute Mosaiksteine unseres Daseins, die sich immer neu gestalten und fügen, gruppieren, treffen und trennen.
Hier sind es nun Menschen in ihren typischen Grundfarben Blau, Gelb und Rot oder auch in den Mischfarben, kräftig fast immer, Ton-in-Ton oder in markanten Kontrasten, aber auch in lichteren Naturtönen, aber immer setzen rot, blau, gelb die entscheidenden, belebenden Akzente.
Man erlebt sie als Paar, dem Besucher entgegen schreitend, schlendernd, oder sich abwendend. Menschen, die sich, die uns begegnen. Menschen auf dem Weg ihres Lebens oder einfach nur unterwegs. Seit bald 20 Jahren ermalt Margarita «ihre» Menschen in immer neuen Begegnungen, lässt uns, die Betrachter diese Menschen immer neu erleben. So, wie man vertraute Menschen immer neu, neue Menschen an sich erlebt.
Wie so oft im Leben führt ein Schlüsselerlebnis auf neue Wege. Ein Tag in Bern, der Blick auf die Menschen in den Laubengängen, hektisch eilend, dicht gedrängt oder locker flanierend, kurz aufeinander zugehend, von links, von rechts.
Und so habe ich auch erstmals diese Bilder erlebt, die nicht einfach nur Bilder waren, denn immer wenn ich durch die Laubengänge in Bern laufe, denke ich unwillkürlich an ihre Bilder der Begegnung. Denn auch meinen inneren und äusseren Stimmungen, Wetter, Tages-Jahreszeiten entsprechend begegne ich ihnen immer anders und sie mir eben auch, nehme ich sie immer wechselnd wahr.
Margarita Flad reagiert intensiv auf Stimmungen, innere und äussere Erfahrungen, auf Wandel und Atmosphärisches, das sich in den Bildern widerspiegelt, formal ebenso wie der farblichen Gewichtung der Kontraste oder Harmonien.
Diese Malerei entsteht aus dem Un- wie Unterbewussten, erst mit dem fertigen Bild kommt auch die Erkenntnis des Inhaltes. Sind doch diese Menschenbilder auch Seelenbilder, immer wieder er- und durchlebte Reaktion auf die Umwelt, auf Eindrücke, Gefühle. In ihnen reagiert sie auf das Ruhige und das Heftige, das Leichte und das Schwere, das Positive und das Negative.
Wie auch die Farben, der Malprozess Stimmungsbarometer sind, Er- und Durchlebtes anklingen lassen, unermüdlich variiert in den Empfindungen und Spannungen. Licht und Farbe sind dabei unabdingbar für Margarita Flads Malerei, sie haben ihre ganz eigene unverkennbare Dynamik und Intensität entwickelt, sie sind so zum bewussten Wechselspiel von Licht und Schatten, von Ausstrahlung und Wirkung geworden.
Und so, wie die Malerin Neues erfährt, fühlt, sich ändert, so haben sich ihre «Begegnungen», ihre Bildinhalte überhaupt im Laufe der Zeit geändert, sind mit ihr gegangen, haben sich mit ihr entwickelt, sind mit ihrer Malerei allmählich, aber konsequent gewandelt.
Als ich Margarita Flad und ihre Malerei vor vielen Jahren kennenlernte, wirkten diese Menschen noch mit einer beinahe biblischen Charakter, kamen sie doch einem Exodus gleich dem Betrachter im Strom des Lebens entgegen. Aber im Laufe der Zeit und wechselnder Erfahrungen haben sie so mancherlei figürliche Änderungen durchgemacht, haben sich vereinzelt, sind in kleineren Gruppen aufgetreten, wurden flächiger, dann reduziert zu statuarischen Momentaufnahmen, bis zu überspitzten, gar kristallinen Fragmenten menschlicher Körper und felsschroffen oder landschaftlichen Formationen.
Allmählich sind sie wieder figürlicher geworden, ummittelbarer. Man spürt in den kleine Gruppen das Leben, meint man Stimmen zu hören, hier eine Gebärde, dort eine akzentuierte Kleidung, manche treten sogar wie Figuren aus einem Theaterstück auf namens Leben.
Menschlicher und anekdotischer sind sie, ist aus der Distanz wieder Nähe geworden, inszeniert die Malerin ihre «Begegnungen» abgeklärter und wirklicher.

Eiszeiten
Und dann plötzlich, Anfang 2000, waren sie irgendwie da diese «Eiszeiten», still und leise aus den kristallinen Formationen entwachsen, leuchten diamanten aus dem gelben Meer, oder bläulich schroff aus dem nachtblauen Ozean, als kristalliner Berg im rötlichen Licht. Zum Greifen naturnah oder aus der Natur befreit – wie metamorphierte Topographien des menschlichen Seins in immerwährender Bewegung und wechselnden Atmosphären – melancholisch romantisch, mystisch seltsam, magisch kalt oder in einsamer Aufbruchstimmung.
Aber eigentlich, so plötzlich und überraschend trat diese inhaltliche Veränderung nicht auf, wenn man Margarita Flads Malerei konsequent in den Reifeprozessen betrachtet: Die Menschen in den «Begegnungen» waren ja stets steten Metamorphosen des malerischen Seins unterworfen –von der figürlichen Gruppe über die Einzelwesen bis zur kristallinen Form, die in topografische Züge überging, immer neu variiert in den Stimmungen und Spannungen bis hin zu nadelartig-kantigen Lebensbruchstücken des Lebens im Strom ihres Daseins.
So sind denn auch die eiszeitigen Formationen zu betrachten, die viel mit dem Menschen gemeinsam haben: Sie kommen und gehen, lösen sich, lösen sich auf. Mal bricht ein Stück ab, treibt für sich weiter und verschwindet oder formiert sich neu.
Bis zur Auflösung treibt sie die Malerin, nimmt das Eindeutige zurück.
Bei manchen weiss nicht mehr, sind es noch Eiszeiten oder schon Sputniks im turbulenten Weltall, bis in der Ungegenständlichkeit ihre Themen eins zu scheinen werden - Farbe, Strukturen, Komposition, Bewegung auf dem Grat von Mensch zur Eiswelt, von der Natur zum Menschen.
Dann vergangenes Jahr kam für mich die Überraschung, die eigentlich keine ist, viel mehr ein künstlerischer Reifeprozess Weg, der ganz einfach geprägt ist vom Leben, von ihrem Leben.

Die Landschaften
Ahnbar waren sie ja schon, aber sie mussten erst den eiszeitigen Formationen entwachsen. Sie sind entstanden aus jenen Eindrücken - die gelben Rapsfelder auf einer Reise durch Norddeutschland -, die bleiben, die man als Charakteristikum einer Landschaft erkennt.
Anfänglich waren es vertraute heimische Landschaftsszenen, Reisebilder, ganz einfache, aber eigenwillige Topografien, prägnant, aber nie zu präzise, die auch Ausdruck sind einer neuen, oder besser neu entdeckten malerischen Energie bei Margarita Flad. Typisch im Farbauftrag, im Malgestus, in der klaren mosaikartigen Komposition haben sich die Landschaftsaugenblicke aus dem Korsett einer festen Wahrnehmung befreit. Jetzt sind ganz einfach nur noch Landschaft, landschaftliche Projektionsfläche.
Jeder kann seine Landschaftsstimmung empfinden, sein Landschaftsbild reflektieren, seiner Landschaftsidee begegnen. Während sich Margarita Flad im künstlerischen Wandel im dem Wandel von Mensch und Natur treu bleibt, und uns zu jenen Landschaftsbildern führt, die eine ihrer Facetten offenbaren: der freiheitliche Umgang mit Farbe, Form und Inhalt.
Da lösen sich die Konturen, übernimmt eine wirkungsreiche Vitalität Pinsel und Spachtel. Die Landschaft scheint lustvoll gestisch im malerischen Moment, Malerei pur und die Freude an der Malerei - Und hier bei den Landschaften kommen wir zurück zu den «Begegnungen», wandeln doch ihre Menschen nicht mehr in einem fiktiven Raum, sondern in einer anskizzierten Landschaft, auf realen Wegen vor einem konkret fassbaren Horizont.
Und so, wie eine Begegnung auch immer ein Wandel der Gefühle ist, von Konstantem und Bewegtem, so ist Kommunikation auch immer ein Reagieren auf das Gegenüber, auf Altes und Neues, auf Stimmungen und Empfindungen, auf Orte und Inhalte, auf Bilder und dahinter liegende Geschichten.
Ich wünsche Ihnen viele spannende Begegnungen und anregende Gespräche – heute Abend und für das Leben an sich.

Eva Buhrfeind, anlässlich der Vernissage in Stuttgart-Zuffenhausen, 15. Mai 2009