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Das wandelbare Licht des Gelben Alpenmohns: Elisabeth Strässle in der Balsthaler Galerie Rössli

Verfasst von Eva Buhrfeind |

Zum dritten Mal zeigt Elisabeth Strässle ihr künstlerisches Wirken in der Balsthaler Galerie Rössli. Diesmal widmet sich die gebürtige Spolothurnerin dem Gelben Alpenmohn.

Das Sehen, Erleben, Entdecken und – als künstlerischer Akt – das Erinnern, begleitet, ja prägt ihr kontinuierliches Schaffen. Denn Elisabeth Strässle, 1942 in Solothurn geboren und in Derendingen lebend, geht mit offenen Augen vor allem für das kleine Besondere, für den Reiz des Unspektakulären durch die Welt und die Natur. Dieses Mal ist es der Gelbe Alpenmohn, seine leuchtende oder zarte Farbe, je nach Tageszeit und Licht. Eine Pflanze, die nur in bestimmten Alpenregionen vorkommt und die Elisabeth Strässle während eines längeren Aufenthaltes in der Einsamkeit und Bescheidenheit eines Engadiner Maiensässes entdeckte und deren stille Farbpracht trotz aller anderen bunten Wiesenblumen sie schlicht und einfach faszinierte. Eindrückliche Farbfundstücke also, die Elisabeth Strässle in ihrem Kopf und in ihrem Herzen mitgenommen hat, um sie dann im Atelier in Gerlafingen zeichnerisch umzusetzen – sobald die Zeit für die Erinnerung reif ist. Dabei es geht der Künstlerin nicht um die Abbildung, die Beschreibung einer wundersam blühenden Pflanze, ihr geht es um die absolute Abstraktion des Gesehenen und Erinnerns, mit der Geometrie als Grundbedingung im Umgang mit technischen Geräten wie Zirkel und Kurvenlineal. Und so thematisiert und variiert Elisabeth Strässle mit den am Zirkel montierten gelben Farbstiften das Motiv der meist vierblättrigen Blüte als archetypische Idee des Kreises. Skizziert mit dicht an dicht gesetzten Kreisen die zarten Strukturen der Erinnerung, formt derart das innere Wesen, die Kraft der Farbe des Gelben Alpenmohns. Frei in der Assoziation pflanzlicher Momente, befreit von einer gestischen Attitüde, baut sich der zeichnerische Prozess langsam, ja meditativ auf; das Ureinfache, das schlicht Wirkungsvolle der Natur, die Bescheidenheit des erlebten Ortes in den Alpen, finden hier ihr bildnerisches Echo. Je nach Intensität des Auftragens, je dichter oder transparenter die Linien gezogen werden, scheinen die nuancierten Farbpigmente ineinander zu verschwimmen, sich zu konzentrieren, aufzulösen, subtil zu formen und zu wirken. Die florale Natur des Alpenmohns ist aufgehoben, doch trotz der geometrisch reduzierten Intention bleibt die Natur in ihrer Farbwirkung bestehen, wenn auch nur als Effekt lichter Sonnenkörper. Die in sich repetitiven Inhalte erhalten ihre beinahe greifbare Struktur durch dezente farbige Farbstiftlinien, die am äusseren Rand mit dem Kurvenlineal gezogen, dem jeweiligen Farbkörper eine variable schattenhaft konturierte Gestalt verleihen. Eine plastisch anmutende, wellige Wirkung erreicht die Künstlerin, indem sie die Ecken des jeweiligen Blattes mittels Wasser befeuchtet und dann trocknen lässt. Und so vereinen sich im Zusammenspiel von quadratischem, weissem Japanpapierbogen und dem wandelbaren, stets gleichgrossen runden Farbobjekt der Augenblick des Empfindens und Erinnerns, das Meditative des Ortes mit einer konzentrierten zeichnerischen Reflexion. Ursprünglich hatte Elisabeth Strässle die Idee gehabt, im äusseren Wasseramt die Alpen in einem Gewächshaus zu präsentieren. Corona hat es ihr verunmöglicht und so zeigt sie nun im zweiten Raum eine Serie mit weissem Farbstift auf schwarzem Seidenpapier fein ziselierte Ansichten und Perspektiven von botanischen Architekturen, inspiriert von Botanischen Gärten in London, Paris und Berlin.

Bis 3. Juli 2022. Geöffnet: Fr 18-21 Uhr, Sa 15-18 Uhr, So 11-14 Uhr. Vernissage, Sonntag 12.6., 11:30 Uhr, Einführung Adrian Dürrwang. Die Künstlerin ist an der Eröffnung sowie Samstag, 18.6., und Sonntag, 26. Juni, anwesend.