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Bildhafte Fiktionen: René Myrha in der Galerie Rössli Balsthal

Verfasst von Eva Buhrfeind |

René Myrha gibt in der Galerie Rössli in Balsthal Einblick in sein vielseitiges Schaffen. Seine Werke sind Bildräume, die an die Dramaturgie raffinierter Bühnenkulissen erinnern: Sein magisches Requisitenrepertoire agiert als kosmisches Weltentheater.

Ein dunkelgrauer Gang, ein sich entfernender Fluchtweg, der von der Bühnenwand ins tiefe Feuerlodern führt und durch den eine immer kleiner werdende Gestalt ins surreal anmutende Licht flieht, während links seltsame, grau gewandete Gestalten aus einer Türe geflogen kommen, und, wie es scheint, aus der gleichen Feuersglut. Ein mysteriöser Kreislauf des Lebens auf einer Bühne, die ins Graudüstere getaucht ist, merkwürdige Gestalten tummeln sich im freien Raum, ein Hund kommt durch ein Fenster gesprungen. Die Figuren tragen eine venezianisch anmutende Maske, das Publikum am vorderen Rand hingegen verschwimmt ins Vage. In der Galerie Rössli – wie im Kunstmuseum Thun – treten wir in eine Welt rätselhafter Fiktionen, wir Betrachtende müssen uns nur einlesen. Denn es sind gar seltsame Geschichten, die uns der 1939 in Delémont JU geborene René Myrha präsentiert. Figuren spielen eine relevante Rolle, Licht, der Raum, das Räumliche auch in der Natur, ihre wandelbaren Beziehungen zueinander, zur jeweiligen Geschichte, zum Mysterium, das dahinter wirkt, stets aus der Realität geboren. Ja, René Myrha macht es uns anfänglich nicht einfach mit seinen narrativ inszenierten Phantasien und Phantasmen, seiner unerschöpflichen Kreativität. Sie spielen auf verschiedenen Levels, deren verschachtelnden Grenzen, den inneren Kern, der Künstler raffiniert aufbricht oder überschreitet.
Bewusstes und Unbewusstes wirken zusammen, erzählen visionär und surreal von wahren Begebenheiten, arbeiten mit Mitteln des Trompe-l’œil, des Fiktiven, mit grafisch-plakativer Raffinesse, mit monochromer Flächigkeit und schablonenartigen, farbleuchtenden Figurationen, eingebettet in die subtile Spannung von Ruhe und Bewegung.

Wunderliches Universum
René Myrhas Bilder sind Bildräume, die an die Dramaturgie raffinierter Bühnenkulissen erinnern, sein seltsames Ensemble und das magische Requisitenrepertoire agieren als kosmisches Weltentheater, als einzigartiges, manchmal wunderliches Universum, das doch so allgemeingültig ist: Maskeraden, Spiegelbilder, offene Türen und Fenster, vieldeutiger Lichteinfall und magische Spannungsmomente als ambige Allegorien unseres Seins. Denn, ob Acryl auf Leinwand, Papier, als plastisches Relief, ob farbig belebt oder schwarzweiss reduziert, seine Arbeiten sind – wie im Theater – erfundene Welten aus der erlebten, erfahrenen, reflektierten Realität transformiert. Hier zeigt sich auch Myrhas Erfahrung als Bühnenbildner, wenn er die zweidimensionale Bühne als dreidimensionale Szene «Scène du monde» in den Raum erweitert. Während die schwarzweissen,  scherenschnittartigen Inhalte an unergründliche Schattenspiele erinnern, die Figuren zeigen sich wie alle anderen Marionetten gleich.

Philosophischer Einfallsreichtum
René Myrha, er lebt und arbeitet im jurassischen Les Breuleux, entwickelte – von der Grafik und der Pop-Art kommend – in den 1980er-Jahren seinen ebenso rätselhaften wie bildstarken Figurenkosmos. Sein nachgerade philosophischer Einfallsreichtum, sein vielschichtiges wie einzigartiges Universum mehrdeutiger Situationen, seine Themen basieren, ob nun poetisch oder tragisch, skurril oder nachhaltig, stets auf dem Zustand der Welt, der Wirklichkeit bis ins aktuelle Geschehen wie Corona oder den Ukrainekrieg. Erfunden in zeichnerischen Prozessen, bleiben die Geschichten in ihrer Subtilität dennoch eindeutig.

Bis 11. September 2022. Geöffnet: Fr. 18-21 Uhr, Sa. 15-18 Uhr, So. 11-14 Uhr. Vernissage, Sonntag, 21.August, 11:30 Uhr. René Myrha ist an der Eröffnung und am Samstag, 3. September anwesend.