Home | News | Suchen | News-Archiv | Kategorien | Kontakt

Wenn Kunststoff zu Kunst wird: Marco Eberle im Haus der Kunst Solothurn

Verfasst von Eva Buhrfeind |

Im Haus der Kunst St. Josef in Solothurn zeigt Marco Eberle, wie sich alltägliche Materialien in Kunstmomente transformieren lassen. Dabei erweist sich seine Arbeit als vielschichtig, wenn er Kunststoff zu Kunst werden lässt.

Es scheinen Landschaften in Farbe auf Papier zu sein und lassen doch keine malerisch landschaftliche Intention erkennen. Da wirken rosettenförmige Wandobjekte wie plüschiges Design und erheben doch keinen Anspruch auf das künstlerische Moment. Und im Chorraum die grossflächigen Bodenobjekte aus Maschendraht, die mit ihrem feingliedrig gefügten Muster eine künstlerische Aktion zwischen feiner Spitzendecke und optischer Raffinesse suggerieren, wenn sie sich netzartig wie ringförmig aus der inneren Krone zur textilen Situation ausbreiten. Dabei geht es dem 1968 in Grabs geborenen Marco Eberle, der in Liechtenstein aufgewachsen ist, einige Jahre Assistent bei Franz Eggenschwiler in Roggwil BE war, wo er auch lebt und arbeitet, weniger um einen rein künstlerischen Anspruch als vielmehr um die intensive Auseinandersetzung mit den Industriematerialien, mit dem Handwerk, dem Technischen, deren materielle und formale, aber auch persönlichen Zusammenhänge er variationsreich neu sichtet und gestaltet bis hinein in eine Welt alltäglicher Dinge.

Die gestalterische Transformation industrieller Werkstoffe
Auch in dieser Ausstellung im Haus der Kunst St. Josef erweist sich Marco Eberles künstlerische Sprache inhaltlich vielschichtig, wenn er mit handwerklicher Sorgfalt und Präzision in der Wahl der Mittel wie der technischen Ausführung diese Materialien des Profanen aus ihrem Kontext und ihrer Begrifflichkeit löst und eher konzeptuell in künstlerische Bildsprachen übersetzt, verfremdet und damit in eine neue Wahrnehmung und Wirklichkeit verschiebt. Wobei die herkünftige Bedeutung der einen oder anderen Arbeit sich nicht ganz aufheben lässt, in anderen jedoch die Betrachtung ebenso subtil wie nachhaltig irritiert wird. Die gestalterisch formale Transformation industrieller Werkstoffe ist das eine, das andere ist die daraus resultierende, neu geschaffene Begrifflichkeit auf dem Grat zwischen dekorativer, stofflicher und künstlerischer Wirkung.

Erstmals grossformatige Arbeiten von 2007
Die grossformatigen Arbeiten mit Kunstharz- und Acrylfarben auf Papier sind keine Malerei im herkömmlichen Sinn, der ausgebildete Kunst- und Bauspengler sowie Plastiker setzt hier auf die Möglichkeit einer Art Monotypie und Abdruckverfahren, um landschaftliche Impressionen zu erzeugen. Das Papier wird mittig geknickt, in einem Gestell lässt der Künstler die Farben herunterlaufen, um dann diese Farbbahnen auf die gegenüberliegende Seite zu drucken. Das Resultat ist verblüffend, die Betrachtung individuell. Aber gerne glaubt man, eine Art Ufer mit einer sich spiegelnden Natur herauszulesen, in verschiedenen Farbnuancen variiert zu einer durchaus malerischen Reduktion. Diese grossformatigen Arbeiten von 2007 wurden bisher noch nie in einer Ausstellung präsentiert. Schlichte Ästhetik zeichnen auch die Arbeiten aus Maschendrahtgeflecht aus, das üblicherweise für Zäune Verwendung findet. Auf dem Boden ausgelegt zu übergrossen, runden Spitzendecken unterschiedlicher Grösse verweist er die metallische Komponente in eine filigrane «gehäkelte» Stofflichkeit. Während seine Blüten aus Polypropylen sich als Resultat aus der Kunststoffproduktion erweisen. Manuell verformt aus dem noch heissen flüssigen Material, das röhrenförmig aus der Produktionsmaschine kommt, werden diese ursprünglich industriegrauen Blüten mit farbigen Polyesterfasern überzogen, deren dekorative Plüschigkeit sich zwischen wohligem Dekor und dezent ironischer Performance bewegt.

Bis 18.09.2022. Geöffnet: Do-Fr 16-19 Uhr, Sa-So 13-17 Uhr.

Zum Artikel in der Solothurner Zeitung