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Gegenwartskunst – jenseits des Barocks und mittendrin: Ausstellung im Schloss Feldbrunnen-St. Niklaus

Verfasst von Eva Buhrfeind |

Die Ausstellung «Jenseits des Barocks» bietet im Schloss Waldegg Gegenwartskunst jedwelcher Art: von Art déco bis Anleihen an Popart.

In Solothurn, der vielfach gepriesenen schönsten Barockstadt der Schweiz, ist der Barock allgegenwärtig. Was wäre da als Perspektivenwechsel zum Barock geeigneter als eine Ausstellung zeitgenössischer Kunst im imposanten Schloss Waldegg. Die Ausstellung «Jenseits des Barocks» mit 14 lokalen und internationalen Kunstschaffenden wurde von art+château initiiert, einem 2018 gegründeten, gemeinnützigen Verein mit dem Ziel, zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler in historischen Räumen ausserhalb des «White Cube» zu präsentieren. Bei «Jenseits des Barocks» handelt es nicht etwa um Kunst und Künstler, die sich dem barocken Kunststil verschrieben haben. Vielmehr, konzipiert und zurückhaltend kuratiert von Valentina Locatelli, geht es um die Frage, wie sich zeitgenössische Bildsprachen über eine Interaktion mit einer historischen Epoche – hier den Barock – inhaltlich, formal oder sinnbildlich in einen gemeinsamen Kontext bringen und interpretieren lassen. Mit seinen musealen Räumlichkeiten bietet sich das Schloss Waldegg tatsächlich als Ort einer künstlerischen Debatte an, wenn es um Gemeinsamkeiten und Widersprüche geht. Sparsam auf Räume, Nischen, Terrasse, Kapelle, Aussenraum verteilt, eingebunden in den historischen Hintergrund, findet sich eine beachtliche Spannbreite moderner Kunst: Malerei, Keramik, Plastik, Objekte, Video-Installation, Video-Toninstallation, Zeichnung, landschaftliche Intervention.

Vielfältige Analogien des Formenvokabulars
Der Barock, eine Zeit der Gegenbewegung, geprägt von Widersprüchen und Kontrasten, mythologischen und religiösen Allegorien, üppigen plastischen, steinernen und malerischen Elementen, illusionistischer Darstellung, dramatisch bewegten Inszenierungen, trifft so auf eine vielfältige moderne Analogie des Formenvokabulars. Kaspar Flück konzentriert sich auf die malerisch-dynamische Gestik, Verena Thürkauf beweist mit ihren Miniaturfigürchen vor überdimensional vergrösserten Zeichnungen die Kleinheit des Menschen. Luisa Kasalicky illusioniert zwischen Figuration und Abstraktion das historische Bildnis, um mit der Bodenarbeit aus Keramikplatten in den Raum  einzugreifen. Franziska Baumgartner bespielt mit ihren Kombucha-«Präparaten» die Idee von Zerfall und Transformation, Materie und Wirkung. Gergana Mantscheva inszeniert speziell für diese Ausstellung mit zwei dramaturgisch spannenden Rauminstallationen die mythologische und religiöse Allegorie. Und Christian Fogarolli vertieft die Zerbrechlichkeit des Seins mit seiner gläsern bruchstückhaften, auf dem Bett drapierten Figur. Während Jan Bajtlik (Malerei) und Lynn Frydman Kuhn (Keramik) mit ihren schlichten Vasen das «Memento mori» bespielen: Der gestisch aufgelockerte Totentanz vereint sich gleichzeitig mit dem floral-ornamentalen Fresko dahinter – wie zufällig aus dem Hier ins Vergangene transformiert. Auch Yuan Yuan verweist mit seiner klassisch geprägten Malerei auf das historische Umfeld, illusioniert eine universelle Stimmung. Für Alina Kopytsias und Coco Schwarz` Videoinstallation muss man sich Zeit nehmen, um das sensuell Fluide des Lebens wirken zu lassen. Dagegen vereint Carlotte Hugs sphärische Video-Toninstallation in der Kapelle das Hier und Heute mit der kosmischen Deckenmalerei des Barocks. Und Pável Aguilar hinterfragt mit seinen installativen Objekten im Aussenraum die Zerstörung der Natur seiner Heimat.

Gefordert sind Zeit und Phanstasie
Die Werke und das Ausstellungskonzept fordern ihre Zeit, gefordert sind auch die Phantasie und Beobachtungsgabe der Betrachtenden. Daher ist es empfehlenswert, sich mit dem Orientierungsplan und den Raumtexten auf die Spurensuche mit weiteren künstlerischen Überraschungsmomenten zu begeben.

Bis 25.9.2022. Öffnungszeiten:  Di – Do 14-17 Uhr, Fr geschlossen, Sa 14- 17 Uhr, So 10-17 Uhr

Teilnehmende Kunstschaffende
Pável Aguilar (*1989 in Honduras, lebt und arbeitet in Basel) mit MarBoreal (*1991 in Honduras, lebt und arbeitet in Tegucigalpa). Jan Bajtlik (*1989 in Warschau, lebt und arbeitet in Chamonix) mit Lynn Frydman Kuhn (*1964 in Ohio, USA, lebt und arbeitet in La Rippe, Schweiz). Franziska Baumgartner (*1987 in Solothurn, lebt und arbeitet in Basel). Kaspar Flück (*1989 in Solothurn, lebt und arbeitet in Basel). Christian Fogarolli (*1983 in Trient, lebt und arbeitet in Trient). Charlotte Hug (*1965 in Zürich, Schweiz, lebt und arbeitet in Zürich). Luisa Kasalicky (*1974 in Prag, lebt und arbeitet in Wien). Alina Kopytsia (*1983 in Poliske, Oblast Kiew, Ukraine, lebt und arbeitet in Zürich) mit Coco Schwarz (*1983 in der Region Zürich. lebt und arbeitet in Zürich). Gergana Mantscheva (*1975 in Sofia, Bulgarien, lebt und arbeitet in Solothurn). Verena Thürkauf (*1955 in Basel, lebt und arbeitet in Basel). Yuan Yuan (*1973 in Zhejiang, China, lebt und arbeitet in Berlin).