Schauen, entdecken, wahrnehmen, aufnehmen, das ist das Credo des Künstlers Fritz Guggisberg aus Welschenrohr. Ein Credo, das er auch an die Betrachtenden weitergibt, wenn er uns seine Landschaften, seine Natur als reine Stimmungsbilder mit geheimnisvoller Tiefe und märchenhafter Spannung präsentiert: offen für die landschaftliche Wiedergabe, frei im landschaftlichen Kontext, eindrücklich detailgetreu in der Natur und ihren Wirkungen.
Fritz Guggisberg ist ein fundierter Stimmungszeichner, ein Künstler, der den Zauber, die Magie, die in der Landschaft, der Natur innewohnen, auf exzellente Weise auf Papier verdichtet, sie mit Tusche und hin und wieder auch Buntstift akribisch in meisterlicher Technik Realität werden lässt. Eine zeichnerische Feinstarbeit, die faszinierend an Radierungen, an altmeisterliche Drucktechniken denken lässt.
Und so gilt auch für die Betrachtenden: schauen, entdecken, wahrnehmen, staunen und eintauchen in diese wundersamen Geschehen, die mehr sind als eine obsessiv gezeichnete und konzentriert kreierte Natur. Es sind reine landschaftliche Wirkungen, die der Künstler aus den Erinnerungen, den vielfältigen Eindrücken, so neu gestaltet und zusammenfügt, dass sie vertraut, wiedererkennbar scheinen, sich überall erleben lassen und doch frei sind und offen, sich jeder Verortung entziehen. Denn es geht dem 1955 im Bernischen geborenen Künstler vor allem – und man möchte sagen: ausschliesslich – um die Stimmungen. Da braucht es keine figurative Staffage, keine Menschen, die das Märchenhafte dieser landschaftlichen Kulissen irritieren, ja aufheben würden. Der Mensch, der soll vor dem Bild stehen und schauen, entdecken, aufnehmen, mit dem Gefühl und den Augen eintreten.
So denkt man unweigerlich an Robert Zünd, den Luzerner Maler, der seine Landschaften aus landschaftlichen Versatzstücken zu stimmigen Idealvorstellungen gestaltete, eine harmonisch und schön komponierte Natur, wirkungsvoll, zeitlos und dabei vertraut. Fritz Guggisberg hingegen schafft keine Ideallandschaften. Er sucht in der Natur das Geheimnisvolle und das Mystische, jene Magie des Verwunschenen, Stillen, das doch beredt ist, die Betrachtenden mit hineinzieht in das faszinierend Stimmungsvolle, das nicht alles offenbart, rätselhaft in der realen Interpretation bleibt: Was verbirgt sich wohl in dieser dunklen Höhle im Dickicht, wohin führt der Waldweg, was kann der abgestorbene Baum, der aus dem tiefen Walddickicht ragt, noch erzählen? Was erwartet den Betrachtenden, der hier zum Wanderer wird, wenn er aus dem Wald auf die Lichtung tritt? Ja, Fritz Guggisberg lässt uns selbst entdecken, unsere eigene Geschichte lesen und erkennen, und verweist dennoch auf die Veränderungen in der Natur, im Wald, in der Landschaft, macht sie auf subtile Art sichtbar. So ragt ein abgestorbener Baum, ragen kahle Stämme aus der nachwachsenden Natur in den freien, feinst kolorierten Himmel als sinnbildhafte Momente – die Natur unterliegt einem ewigen Kreislauf von Werden und Vergehen und ist gleichzeitig ein Teil eines grossen Ganzen. Doch so akkurat seine Zeichnungen auch sind, so konkret sie auch scheinen mögen, der Künstler löst die kleinteilige zeichnerische Verdichtung aus der Nähe betrachtet zu feinen linearen Vernetzungen und Verdichtungen auf. Seine Natur, seine Landschaften sind eben keine Abbilder, sondern das vielfältige Empfinden einer Landschaft.
Diesen Ausdruck vertieft Fritz Guggisberg in jenen kolorierten Blättern mit Tusche und Buntstiften, wenn er nun das Naturerleben ins Abstrahierte zerfliessen lässt – das Erlebnis ist nicht mehr eindeutig, verortbar, sondern freie Wirkung der Farben und Interpretationen.
Bis 11. Juli 2021. Geöffnet: Fr 18-21 Uhr, Sa 15-18 Uhr, So 11-14 Uhr. Der Künstler ist am 27.6. und am 11.7. anwesend.