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Uraufführung in Bern: «Gekreuzigt in den Frühling»

Verfasst von Eva Buhrfeind/Bern | |   Theater

Mit der Uraufführung «Gekreuzigt in den Frühling», von Simon Rosenheim zusammengestellt, erzählt das Berner Kleintheater 1230 in hautnahen, direkten Bildern die Geschichte einer jungen Frau, die sich freiwillig in eine Zelle einschliessen lässt, um über den Glauben sich selbst zu finden.

Eine junge, moderne Frau, Christine, zieht sich freiwillig zurück in die extreme Abgeschiedenheit einer Zelle, in die «Reklusion». Diese galt vom 11. bis 13. Jahrhundert, hinter vermauerten oder von aussen verschlossenen Zellentüren, als die «weibliche Art» der Einsiedelei, und religiös engagierten Frauen bot sie die Möglichkeit sozialen Handelns und gesellschaftlicher Einflussnahme; viele Reklusinnen wurden als Heilige verehrt.
Auf diesen Spuren wandelnd ist nun die junge Christine auf der Suche nach dem Sinn und Inhalt ihres Daseins, auf der Suche nach «der Einheitszeit, in der sie eins war mit ihrer Seele, die eins war mit ihrem Körper, der eins war mit ihr und alles eins mit Gott».
Unter der Regie von Simon Rosenheim - er hat das Stück zusammengestellt, und von ihm stammt auch die sakrale musikalische Untermalung - führt Regula Bodmer eine verletzbare, vom heutigen Leben verunsicherte Frau vor, die sich fast schon süchtig in den Glauben als Rettungsanker flüchtet. Hautnah und bisweilen beklemmend intim, für den unbeteiligten Zuschauer zu direkt, ringt sie in der selbstgewählten Isolation mit sich und Gott.
Hier, um die kreuzförmige, nur mit einem kargen Schemel ausgestattete Bühne gruppiert, sozusagen in die Einsamkeit der Zelle mit eingesperrt, wird der Besucher zum Voyeur eines seelischen Exhibitionismus: Mit Verve und Innigkeit durchlebt die junge Interpretin sämtliche Stadien des Hoffens und Bangens, des Haderns, des Zweifelns, der Liebe, der Wut, schwankt zwischen Demut und Aufgabe, kämpft vergeblich gegen die Einsamkeit, in der der Glaube nicht die Erlösung bringt, durchschreitet immer wieder Zeit, Gefühle und den Glauben, um sich zum Schluss doch nicht wie Jesu an das Kreuz, sondern «an den Frühling gekreuzigt» zu fühlen. Nicht das isolierte Leiden, das Leben, sich selbst findet sie.