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Werke mit meditativer Ausstrahlung: Alois Lichtsteiner stellt in der Kunsthalle Bern aus

Verfasst von Eva Buhrfeind/Bern | |   Ausstellung

In der Berner Kunsthalle zeigt der Innerschweizer Alois Lichtsteiner seine vorwiegend im letzten Jahr gearbeiteten Bilder und Plastiken. Die grossformatigen, zum grossen Teil noch nie ausgestellten Arbeiten beeindrucken durch ihre - trotz der bewegten Pinselführung - meditative Ausstrahlung.

Ausgesprochen riesig sind sie ja schon, die Bilder des Alois Lichtsteiner, so drei auf vier Meter. Aber trotz dieser Monumentalität strahlen sie eine überraschende meditative Ruhe aus, die sich aus dem reduzierten formalen Inhalt einerseits und der zwar intensiven, jedoch (wie aus einem gleichmässig dahinziehenden Fluss) unmerklich sich verändernden Farbgebung anderseits ergibt.
Mit der Ausstellung des 1950 im innerschweizerischen Ohmstal geborenen Alois Lichtsteiner - der Künstler unterzeichnet seine Werke grundsätzlich nur mit dem Namen seiner Heimat - setzt die Berner Kunsthalle ihre Ausstellungsreihe fort, mit der sie antizyklisch die Möglichkeiten moderner Malerei vorstellt, in deren Liste internationaler Namen sich der Innerschweizer nahtlos einfügt.

Hin zur Einfachheit
Alois Lichtsteiner, er war von 1980 bis 1983 Mitglied der Berner Künstlergruppe SILO, hat sich in seiner Malweise noch grösserer Einfachheit im Ausdruck genähert, dafür sind die Werke monumentaler geworden. Der Malakt wird je länger, je mehr zum realen Bildinhalt; nur wenige der hier gezeigten Arbeiten, von denen die meisten noch nie ausgestellt wurden, beinhalten noch gegenständliche, wenn auch sehr einfache Formen - ein Messer, Beine, eine Zunge, die gemächlich auf dem Pechmeer dümpelt, einen riesigen blauen Finger, der in das Bild hineinragt - Gegenstände, die mehr Mittel zum Zweck sind, der Belebung, dem Aufbrechen der Oberfläche dienen.

Besänftigende Bewegtheit
Die Farben scheinen die Leinwand wie eine Haut zu überdecken, sie sind strukturiert, oft auch pastös aufgetragen, lassen aber in ihrer oberflächlichen Monochromie schnell einmal eine gleichmässige, besänftigende Bewegtheit sichtbar werden. Wie ein Strom aus Farbfäden und -schleiern zieht der Farbton dahin, nuanciert und changiert, mal strudelnd, dann vernetzend verdichtet er sich, lockert auf, zeigt auch mal Spuren anderer Farbfelder, wodurch sich eine untergründige Spannung durch die Werke zieht.
Die Formen sind konstruktivistisch zusammengesetzt, ob nun das Bild halbiert ist oder zwei, drei geometrische Muster den Bildraum betonen; auch könnten sie überdimensional vergrösserte Ausschnitte aus schon bestehenden Bildern sein. Da entdeckt man einen Armausschnitt, das «Bassin» mutet wie das rosarote Abendleuchten über südlich-türkisenem Meer an, die Porträts in Uni, Schwarz und Weiss, gleich in der Eingangshalle, muten wie extreme Hautpartikel an. Die Kontrastierung dient dabei nicht der Trennung, sondern der Differenzierung, der Betonung von Form- und Farbgebung.

«Der Inhalt der Gefässe»
Vor einiger Zeit malte Lichtsteiner die Reihe «Der Inhalt der Gefässe», mit der er versucht, die Malerei als Mittel zur Darstellung gewisser Bildvorstellungen einzusetzen. In diesem Zusammenhang hat der Innerschweizer auch einige Tongefässe realisiert, die er ebenfalls mit Ölfarbe bedeckt hat und gleichfalls als malerische Arbeit begreift, möchte er damit doch sein Malerei-Verständnis in bezug zu einem anderen Medium setzen.
Die Ausstellung von Alois Lichtsteiner in der Kunsthalle Bern dauert noch bis zum 1. März 1992.

Installation von Alois Lichtsteiner 1992 in der Kunsthalle Bern mit «Gefäss» (vorne links), «Kegeln» sowie dem Bild «Bassin» (hinten). (Foto Eva Buhrfeind)
Installation von Alois Lichtsteiner 1992 in der Kunsthalle Bern mit «Gefäss» (vorne links), «Kegeln» sowie dem Bild «Bassin» (hinten). (Foto Eva Buhrfeind)