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Eine Peepshow in den Bergen: Markus Köbelis Komödie in Langenthal

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Theater

Ein Reststück heile Alpenwelt als gewinnbringende, folkloristische Peepshow. Mit Markus Köbelis satirischer Komödie «Holzers Peepshow» kommt am 3. März das Städtebundtheater Biel/Solo- thurn nach Langenthal.

Was soll man machen, wenn das allgemeine Bauernsterben nun auch Kleinseelen erreicht hat, nur noch eine Kuh im Stall steht, die Touristen zwar für eine Pinkelpause anhalten, aber erst auf dem Berggipfel für die schöne Aussicht zahlen? Wenn man trotz zunehmender wirtschaftlicher Not, schwindendem Lebenssinn und -inhalt es in diesem kleinseligen Bergdorf aushalten will? Man hört auf den Junior der Familie. Der hat nämlich eine glänzende Idee, wie man mit einer neuzeitlichen Attraktion das grosse Geld machen kann: Die Holzers werden den kurzweilenden Städtern und ausländischen Touristen ihr Familienleben als Inbegriff der heilen Welt Vorleben.
Der bezahlte Blick durch das Chaletfenster soll einerseits ein nostalgisches Bedürfnis befriedigen und sich gleichzeitig für die Anbieter bezahlt machen. Doch das Mitreiten auf der Tourismuswelle à la Zürcher Nachtleben kann ja nicht gut gehen. Die ausufernde, immer groteskere Züge annehmende folkloristische Peepshow gerät indes zu einer familiären, für den Theatergast ausgesprochen komischen Zerreissprobe, führt in dieser pervertierten Form zum unausweichlichen Identitätsverlust.

Witziges Lehrstück
«Ich plädiere für ein respektloses, phantasievolles Theater», schrieb der Schweizer Gegenwartsdramatiker Markus Köbeli im Programmheft zur Schweizer Erstaufführung der hochdeutschen Fassung in Zürich. Und das ist dem Autor, der national vor allem durch seine «Schreckmümpfeli» für Radio DRS bekanntgeworden ist, mit denen er zu nächtlicher Stunde den Zuhörern das Gruseln lehrte, denn auch voll geglückt. Mit seinem entlarvenden, satirisch überspitzten «Bauerntheater» gelingt ihm ein witziges wie farcenhaftes Lehrstück, das Gelächter und Nachdenken geschickt vereint. Unter der bewährten Regie von Franz Matter - er war erst kürzlich auf gleicher Bühne als Goethes «Faust» zu sehen - spielen Wolfgang Grabow, Therese Bichsel, Reto Baumgartner, Monika Niggeler und ein hinreissender Werner Panzer als arg malträtierter, seniler «Grossätti». Prädikat: sehenswert.
(Dienstag, 3. März 1992, 20 Uhr, im Stadttheater Langenthal.)
 

«Holzers Peepshow»: Werner Panzer als malträtierter Grossvater.
«Holzers Peepshow»: Werner Panzer als malträtierter Grossvater.