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Vater, Sohn und Liebhaber: Claudia Federspiel spielt «3 x Liebe»

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Theater

Nach dem Erfolg mit Simone de Beauvoir’s «Mutterseelenallein» kommt das Basler Theater «t» mit drei Uraufführungen erneut nach Solothurn. Im Muttiturm setzt sich Claudia Federspiel in drei Monologen mit dem Thema Mann auseinander.

Eine starke, bedeutende Persönlichkeit muss er gewesen sein, dieser erste und wichtigste Mann im Leben einer Frau, der einst über- und allmächtige Vater. Als aufopfernder Arzt für die Patienten, blieben die Familienmitglieder, vor allem die Töchter, emotional auf der Strecke. Erst am Grab kann Claudia Federspiel als verbitterte wie verletzte, flehende und doch irgendwie noch liebende Tochter vom tiefen Schmerz des Zurückgestossenseins, von der Verzweiflung um die fehlende Anerkennung und die Wut um die nicht fassbare, mangelnde Zuneigung reden.
Im Text der jungen österreichischen Schriftstellerin Brigitte Schwaiger «Lange Abwesenheit» setzt sie sich mit dem immer noch übermächtigen Vater auseinander, taucht in die deprimierenden Jahre der Kindheit, die der jungen Frau bis zu seinem Tod, um mit dieser einseitig verbalen Abrechnung sich aus der Hassliebe zum Vater zu lösen. Eine unendlich sprudelnde Quelle, die trotz Intimität in ihrer Länge die Zuschauergeduld bemühte.

Mutter aus dem Volk
Während sich diese intensive, persönliche Nabelschau eher psychologisch intellektuell verbrämt darbot, schlüpfte Claudia Federspiel im nächsten Monolog «Korrekturen» - der Text basiert zum Teil auf eigenen Erfahrungen wie auch auf Recherchen - in die Rolle einer typisiert schlichten Frau und Mutter aus dem Volke. Wie ein aufgescheuchtes Huhn referiert sie in Mundart aus dem Publikum ins Publikum über ihren Sohn, der in den USA nun heiraten will und dem sie brieflich
antworten möchte. Und wie viele Mütter, die ihre Söhne nicht gehen lassen können, bemüht auch sie die Kindheit, die Jugend, die Ängste, Sorgen, Nöte, Freuden, die vielen Erinnerungen wie Gemeinsamkeiten und die so oft gehörte Forderung nach Dankbarkeit.

Theatralischer Schlussakt
Unverblümt, ehrlich und sehr lebendig-herzerfrischend tritt Claudia Federspiel hier als zu sehr liebende Mutter auf, so dass sich der Schlussakt «Zweite Liebe» nach Jürg Ammann recht stilisiert theatralisch gebärdet. Einem verwelkten Dornröschen gleich, unfähig mit dem Leben, dem Älterwerden und der Einsamkeit fertig zu werden, wühlt sie rastlos in ihren Klamotten umher, durchstöbert unkonzentriert die Briefe des zweiten Liebhabers, der durch die überstarke Liebe zum ersten nie richtig zum Zuge kam: Ein tragisches Stück Hoffnungslosigkeit wie Beziehungslosigkeit, dem eine natürliche, nachklingende Substanz, trotz der ansonsten einfühlsamen Regie von Gabrielle Hürlimann, fehlte.