Home | News | Suchen | News-Archiv | Kategorien | Kontakt

Spuren der Gesellschaft: Ausstellung in der Galerie Contempo Grenchen

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Ausstellung

In der Galerie Contempo zeigt der aus Apulien stammende und seit langem in Zürich lebende Maler Fortunato Brizio Petrachi neue Arbeiten: den Kritzeleien, Sprayereien und Gemälden auf Hauswänden und Mauern nachempfundene Bilder, in deren Vielschichtigkeit sich Erinnerungen, Gefühle wie Botschaften verbinden.

Kinderzeichnungen und Sprüche auf Häuserwänden, Sprayermotive, spontane Malereien, abgerissene Plakate auf Betonmauern oder Holzzäunen, in die Baumrinde eingekerbte Zeichen der Liebe und Erinnerung, oft ausgewaschen, übermalt oder abgerissen und doch nie ausgelöscht. Für die einen sind sie Schmierereien und Verschandelungen, nicht jedoch für den 45jährigen, in der Region Apulien geborenen und zum Kunstlehrer ausgebildeten Fortunato Brizio Petrachi.

Zeichen hinterfragen
Der seit 1965 in Zürich lebende und seit 1983 als freier Künstler schaffende Italiener speichert diese vielgestaltigen Spuren und Zeichen unserer Gesellschaft, hinterfragt ihre Botschaften von Liebe und Hass, Aggressionen und Einsamkeit, die aufgestauten Gefühle, den Protest, um sie dann mit eigenen Kindheitserinnerungen neu zu definieren und zu eigenen Bildern zu formulieren.

Farben der Heimat
Inspirieren lässt sich der Maler dabei immer wieder von den Farben seiner Heimat Apulien, von der grossen Palette an braunen Tönen, die bis zum Kalkweiss gehen, das sich auf den Häuserwänden niederschlägt, vom Blau des Sommerhimmels, vom Meer. Und so vielschichtig und -farbig wie sich die Beton- und Hausmauern geben, komponiert der Künstler die Spannbreite der Emotionen, oft auch Zeichen einer zunehmend gestörten Kommunikation, mit seinen alltäglichen Eindrücken. Auf Jute oder Papier schichtet er die Zeichen und Farben, übermalt, verwischt, kratzt Zeichen ein, lässt Spuren von Kinderskizzen stehen.
Fetzen von abgerissenen Plakaten, Zeitungsreste, collagenartig zusammengesetzt, überstrichen und übermalt, Herzen als Sinnbild von Zärtlichkeit, Namen oder Wortfetzen, Blumen, Gesichter, Gestalten, Abdrücke, kraftvoll gesprayte Symbole, und wie in der Realität können übertünchen oder abputzen diese spontan gesetzten Spuren nie ganz tilgen, drücken alte Bilder wieder durch, sind neue Aussagen längst wieder hinzugekommen.
So möchte Fortunato Brizio Petrachi mit dieser Mehrschichtigkeit und den mannigfaltigen Formen die Unmittelbarkeit unserer Wirklichkeit widerspiegeln und von Poesie und Sehnsucht, Unbeschwertheit und Zerstörung erzählen. (Bis 13. Februar 1992)
 

1992 Galerie Contempo Grenchen: «Le voyer» von Fortunato Brizio Petrachi. (Foto: Eva Buhrfeind)
1992 Galerie Contempo Grenchen: «Le voyer» von Fortunato Brizio Petrachi. (Foto: Eva Buhrfeind)