Menschen bilden schon seit vielen Jahren das fast ausschliessliche Thema der gebürtigen Aargauerin Ursula Meier, die nach der Geburt ihrer vier Kinder jegliche künstlerische Tätigkeit aufgab; sie hatte neben dem Vorkurs an der Zürcher Kunstgewerbeschule ein Violinstudium absolviert. Vor 17 Jahren begann sie den Wiedereinstieg, wobei sich die Malerei als stärkster Ausdruck herauskristallisierte, die, seitdem ihre Kinder erwachsen sind, zu ihrem Hauptberuf geworden ist.
Konzentrierte sich Ursula Meier anfangs noch auf Einzeldarstellungen, Porträts oder Selbstbildnisse - dabei spielte vor allem die Zeichnung und weniger die Farbe eine Rolle-, wurde während eines längeren Siena-Aufenthalts vor zwei Jahren das Interesse an Menschengruppen geweckt. Seitdem erhält auch die intensive, ja expressive Farbgebung, mit schnellem, lebhaft-spontanem Pinselstrich aufgetragen, eine grosse Bedeutung.
Ausdrucksvolle Gesichter
Menschen, die Frau einsam im Getümmel an der Bar, ein alter Mann auf einer Bank, ein tanzendes Paar, tuschelnde Leute, nebeneinander, miteinander, einzeln im Strom, sind nicht einfach Abbildungen von Begegnungen, sondern es sind die Stimmungen, Gefühle, Spannungen, Erfahrungen des Lebens, die hinter diesen Menschen stecken und welche die Malerin festhalten möchte.
Es sind denn auch die Gesichter, die in den Bann ziehen, Gesichter, die das Leben kennen, die Freuden und die Leiden, harte Mienen, traurige Mienen, verletzte und erwartungsvolle. Gesichter auch, die zur Maske erstarrt sind, sich janusköpfig geben oder geisterhaft, nie verzerrt oder ästhetisiert, sondern wahrhaftig, mit expressiven Augen als Spiegelbild der Seele.
So nimmt Ursula Meier die kräftigen Farben, die sie nur selten realistisch-abbildhaft einsetzt, zur Verdichtung der Gefühlsmomente, um durch eine natürlich nachklingende Verfremdung, durch blautönige Gesichter, durch grüne Schattierungen markant konturiert, durch violette Einfärbungen, kontrast- und farbreiche Licht- und Schatteneffekte ebenso subtil wie wirksam die tiefliegenden Seelenzustände aufzudecken. (Bis 9. Februar 1992)