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Aus Spass und Freude am Theater: 180 Jahre Liebhabertheater-Gesellschaft Solothurn

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Theater

Mit der englischen Kriminalkomödie «Katharina die Kühne» geht die Liebhabertheater-Gesellschaft ins 180. Jahr. Ein stolzes Alter für diese städtische Kulturinstitution, für die zahlreiche Mitglieder immer wieder ihre Freizeit opfern, um mit Spass und Elan ihre Freude am Theater für Theaterfreunde umzusetzen.

Eigentlich geht die Geschichte ja bis ins 18. Jahrhundert zurück, als nämlich 1750 der Stiftskantor Franz Jakob Herrmann nach Überlieferungen die Liebhabertheater-Gesellschaft ins Leben rief. Schliesslich waren die Solo­thurner schon seit Menschengedenken ein recht theater- und spielfreudiges Völkchen. Aber das Gründungsdatum der heutigen LTG ist festgelegt auf das Jahr 1810, als namentlich bekannte Solothurner, zu den damaligen 40 Mitgliedern gehörten auch mehrere Stadträte, die Vereinigung unter dem Namen «Theatralische Gesellschaft» gründeten.

Haarsträubend
Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts beherrschten sie die Szene; gespielt wurde alles, was Rang und Namen hatte, im positiven wie im negativen Sinne. Sie studierten am Anfang in haarsträubend kurzer Zeit vier bis acht Inszenierungen im Jahr ein, in der Saison 1816/17 wagte man sogar zwölf Inszenierungen: Nur war dann hier der Souffleur die Hauptperson. Aber bessere Zeiten waren schnell in Sicht. In den dreissiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts standen so anspruchsvolle Aufführungen wie Schillers «Wallensteins Lager», «Wilhelm Tell», Kleists «Emilio Galotti», Shakespeares «Romeo und Julia», «Othello», «Der Kaufmann von Venedig», Goethes «Clavigo» und «Egmont» auf dem Programm. Überhaupt sah sich die LTG damals als Vermittlerin der klassischen Theaterliteratur und wurde dieser Aufgabe dem damaligen Empfinden nach auch stets gerecht.

Volkstümliches
Die Wende zur volkstümlichen Unterhaltung kam 1927 mit der Gründung des Städtebundtheaters Biel/Solothurn, das von diesem Zeitpunkt an die Vermittlerrolle des Klassischen übernahm. Die Liebhabertheater-Gesellschaft sah sich in der Folge, wenn auch schweren Herzens, gezwungen, endgültig auf Mundart umzusteigen, nachdem schon 1892 ein erster Versuch gemacht worden war.
So nahm also die LTG in den vergangenen fast 60 Jahren die Mundartliteratur in Pflege, um das Publikum mit Volkstheater zu unterhalten und anzuregen. Im Jahr 1929 traten sie zum erstenmal im umgebauten Stadttheater mit dem «Wittlig» auf. Es folgten Einstudierungen wie «Dr ewig Vikar» (1953 erste schweizerische Fernsehübertragung aus dem Stadttheater Solothurn), «Hansjoggeli der Erbvetter», «Früelig im Buechehof», die Mundartfassung von «Jonny Belinda», «Katharina Knie» oder «Dr Verrot vo Novarra» des Solothurner Autors Cäsar von Arx.
Hausautor war jahrzehntelang der Bellacher Heimatdichter Otto Wolf, viele seiner Werke wurden von der LTG aus der Taufe gehoben.
Und so kann sich die LTG mit Stolz als die älteste Bühne auf dem Platz Solothurn rühmen, immer bemüht, neben anspruchsvollen Stücken auch dem Wunsch des breiten Publikums nach leichter, volkstümlicher Kost zu entsprechen. Dazu ist der Spielbetrieb auch noch selbsttragend, kommt ohne staatliche Unterstützung aus, allein durch die Mitgliederbeiträge und Eintrittspreise werden die Finanzen gesichert. Kommt hinzu, dass sogar 40 % der Bruttoeinnahmen als Benützungsgebühr an das Stadttheater abgeführt werden. Da muss scharf kalkuliert werden, vieles entsteht in Eigenarbeit, viel kostbare Freizeit wird investiert, für einen Dreiakter zum Beispiel an die 36 Abende für die Proben. Weiterbildungskurse werden besucht, die ebenfalls von der Freizeit abgehen. Trotzdem zählt die LTG heute immerhin 38 Aktiv-Mitglieder, 21 Passiv-Mitglieder und vier Ehrenmitglieder, von denen drei schon über 40 Jahre dabei sind: Sepp Pfluger seit 1944, Robert Fischbach seit 1946 und Meieli Eggimann seit 1948. Vergangenes Jahr fand noch ein Wechsel an der Vereinsspitze statt, seitdem leitet Roman Rivar die Geschicke der LTG.

Zweimal pro Saison
In den letzten Jahren trat die LTG immer mit zwei Produktionen pro Spielzeit in die Öffentlichkeit, für die Stückauswahl und die Besetzung sind die Spielkommission und der jeweilige Regisseur zuständig. Geübt wird abwechselnd im Restaurant Rebstock und im «Webernhüsli» in Oberdorf. Meistens wird ein klassisches Volksstück und die Dialektversion eines Krimis aufgeführt, so auch in dieser Saison. Auftakt macht diesen Herbst (Premiere ist am 3. November) die Kriminalkomödie in drei Akten von Jack Popplewell, «Katharina die Kühne», in der Dialektbearbeitung von Hans Gmür und unter der Regie von Greti Affolter.
Im Frühjahr 1991 steht die Uraufführung des Schauspiels «Praxis Bolder­mann und Kluge» auf dem Programm. Autor ist das langjährige Mitglied Robert Fischbach, der auch oft als Übersetzer in die Mundart die Feder geführt hat. Anlass zu diesem Stück, das kritische, spannende und humorvolle Aspekte enthält, war der Roman «Die Zitadelle» von Cronin.

Kurt Egger und Rita Schneitter in  «Katharina die Kühne» der LTG.
Kurt Egger und Rita Schneitter in «Katharina die Kühne» der LTG.
Roman Rivar ist gegenwärtig Präsident der Liebhabertheater-Gesellschaft.
Roman Rivar ist gegenwärtig Präsident der Liebhabertheater-Gesellschaft.