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Eidgenössische Stipendien im Kornhaus Bern: Angewandte Kunst heute

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Ausstellung

221 Bewerber/innen aus der ganzen Schweiz haben sich dieses Jahr am eidgenössischen Stipendium für angewandte Kunst beteiligt, einige zum wiederholten Male. Aus der Region zwischen Olten, Langenthal, Grenchen und Solothurn bewarben sich acht «angewandte» Künstler, nach der ersten Vorausscheidung waren dann nur noch vier dabei.

Seit 1918 führt das Eidgenössische Departement des Innern alljährlich einen Stipendienwettbewerb für angewandte Kunst durch, an dem sich Gestalterinnen und Gestalter sowie Kunsthandwerker schweizerischer Nationalität bis zum vollendeten 40. Lebensjahr beteiligen können. Es ist eine Parallelveranstaltung zum Eidgenössischen Kunststipendium: während dieses aber ausschliesslich Vertretern der «freien Kunst» vorbehalten ist, werden beim Stipendium für angewandte Kunst die verschiedensten Schaffensbereiche berücksichtigt: die Illustrations- und Werbegrafik, Produktionsgestaltung, Innenarchitektur, Keramik, Textilschaffen und Modekreationen, Schmuck- und Silberschmiedearbeiten, Fotografie, Bühnenbild und so weiter.

Gesamtbetrag erhöht
Es stand ein Gesamtbetrag von 308 000 Fr. für 26 Stipendien zur Verfügung, womit die angewandte Kunst nun die «Freien» eingeholt hat: Im letzten Jahr haben im selben Wettbewerb nur 248 000 Fr. zur Verfügung gestanden. Der Wettbewerb wurde wiederum in einem zweistufigen Verfahren durchgeführt. Bei der Vorselektion im Frühjahr bestimmte die Eidgenössische Kommission für angewandte Kunst, unter dem Vorsitz des Architekten Niklaus Morgenthaler. anhand der eingereichten Werkdokumentation die Teilnehmer/innen für die zweite Runde. Anschliessend wurden die 26 Glücklichen, oder je nachdem auch Begabtesten, auserwählt. die den Geldbetrag unter sich aufteilen können.

Erfolglose Solothurner Bewerber
Von den 221 Bewerberinnen und Bewerbern erhielten nun 74 (1987: 85) die Einladung, ihre Arbeiten anlässlich einer Ausstellung im Kornhaus Bern auch der Öffentlichkeit vorzustellen. Wenn es schon nicht zu einem Stipendium gereicht hat, so können die vier Gestalter aus der Region Grenchen-Solothurn wenigstens ihre Ideen im Kornhaus präsentieren.
Da wäre einmal der Solothurner Gestalter Ruedi Fluri, der - ausgehend von der Beobachtung, dass Schulhefte im Laufe der Zeit durch Lichteinwirkung ihre Farbe verändern - Kegel aus gebleichten Schulheften gestaltet. Oder der in Grenchen wohnhafte Biberister Urs Hofer, und es ist schon ein Rätsel, warum dessen eindrucksvolles, weit aufgerissenes Bühnenbild für die Uraufführung «Der Dorfschullehrer» am Stadttheater Klagenfurt das Nachsehen hatte gegenüber einem eher konventionell gefertigten Werklein des in Köln lebenden Entlebuchers Kaspar Zwimpfer (Stipendium 16 000 Fr.). Nicht nur Gottes Wege sind unerforschlich, sondern mit Blick auf die Ausstellung kann man sagen, die einer Jury sind es ebenso.

Subjektive Jury-Entscheide
Oder warum geht das Trio Heinrich Breiter, Martin Lehmann und Roland Wittwer, mit seinen drei Prototypen, der «Idee von einem projektierten Bild als permanente Raumgestaltung» leer aus, während der Tessiner Gianni Bartossa für eine relativ unfunktionelle Dutzendware aus dem Bereich Wohnmöglichkeit («Hommage à Alfred Jarry») soviel Geld einstecken kann. Unter 74 Exponaten die 26 besten herauszufinden, muss immer mehr oder weniger eine subjektive Angelegenheit bleiben. Trotzdem sollte man Konventionelles und damit Funktionstüchtiges nicht überbewerten, sondern Risikofreudigkeit, Phantasie und gestalterisches Engagement belohnen  bzw. die Gestalter mehr dazu ermutigen. So dass nicht, wie im Bereich Keramik oder Schmuck, allzu Konventionelles, fast zu sagen Phantasieloses überwiegt, oder im Textilbereich, wo die Schwerpunkte mehr auf dem Modischen als auf neuen textilen Entwürfen liegen. Dies, obwohl aus der Asche der Konvention schon manch aussergewöhnliche Idee als zukunftsträchtiger Phönix entstiegen ist.

Mit einem Stipendium ausgezeichnet: Bühnenbildentwurf von Kaspar Zwimpfer.
Mit einem Stipendium ausgezeichnet: Bühnenbildentwurf von Kaspar Zwimpfer.