Home | News | Suchen | News-Archiv | Kategorien | Kontakt

Aufmüpfige Alte: Atelier-Theater Bern

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Theater

Als zweites Stück dieser Spielzeit bringt das Atelier-Theater Bern die Schweizer Erstaufführung «Ich bin nicht Rappaport» des New Yorker Herb Gardener, eine Art Plädoyer, alte Menschen nicht ins Abseits zu schieben, auf die Bühne.

Die ältere Generation ist der heute fast nur noch auf Nutzen und Gewinn schauenden, ewig jung bleiben wollenden Gesellschaft ein Dorn im Auge; da überflüssig, werden sie oft abgeschoben. Autor Herb Gardener, obwohl mit seinen 55 Jahren selber noch nicht so alt, hat sich diesem stets aktuellen Thema angenommen, nachdem er im New Yorker Zentralpark zwei alte Männer, einen Weissen und einen Farbigen, beobachtet hatte, und dies zu einem faszinierenden, in vielen Situationen beklemmenden Schauspiel verarbeitet hat. Und in dieser Vorführung stehen dann zwei hervorragende alte Männer des Theaters auf der Bühne: Carlos Werner und Robert Owens, die unter der einfühlsamen Leitung von Michael Wedekind Gardeners Anliegen in nahezu beängstigender Bühnenrealität umsetzen.

Der Treff der Alten
In einer heruntergekommenen Parkbankecke im Zentralpark, nüchternkahl und stilecht von Dieter von Arx nachgebaut, treffen die zwei Alten, Nat, ein Weisser (Carlos Werner) und Midge, ein Farbiger (Robert Owens) des öfteren zusammen. Beide über achtzig, lahm oder fast blind; als zusätzlicher Makel auch noch arm, sind sie hier am Ende ihres Lebens angelangt.

Witzig und spritzig
Als Kernstück ihrer täglichen Auseinandersetzungen ist Nats Ausruf zu sehen: «Ihr sammelt alte Möbel, alte Bilder, alte Autos, nur eines sammelt ihr nicht, alte Menschen. Ihr Idioten, wisst ihr denn nicht. Eines Tages werdet ihr auch zu diesem unheimlichen Stamm gehören.» Und während Midge sich resigniert und ohne Widerstandsgeist auf seinen Platz im Hinterhof des Lebens zurückziehen will (wie müde und abgeschlafft, mit hängendem Kopf und Schultern schlurft da Owens durch die letzten Stationen seines Bühnenlebens), lässt Nat sich nicht unterkriegen. Trotz Krücke und lahmem Bein muckt Carlos Werner gegen die Ungerechtigkeiten dieser Welt auf, mit einer Spritzigkeit, Witz und Frechheit, dass es für den Zuschauer nur so eine Freude ist.

Tiefgehende Wirkung
Die komischen Momente sind denn auch nur oberflächlich, der Hintergedanke ist viel zu ernst. Die tiefgehende Wirkung bezieht das Stück von den beiden grossartigen Protagonisten, deren ergreifendes Zusammenspiel sich wie zwei gut geölte Zahnräder ineinanderfügt, unterstützt von profilierten Schauspielern wie Erwin Leimbacher als Brutalo-Punk, Mirjam Dreifuss als überbesorgte Tochter, sowie Brigida Nold, Günther Kropp und Peter Glauser.
Wieder einmal ist es Michael Wedekind gelungen, mit einem anspruchsvollen Stück und guter Besetzung das Atelier auf ein hohes Niveau zu bringen.

Carlos Werber, Erwin Leimbacher und Robert Owens in «Ich bin nicht Rappaport» von Herb Gardener.
Carlos Werber, Erwin Leimbacher und Robert Owens in «Ich bin nicht Rappaport» von Herb Gardener.