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Von der Wand in den Raum: «Kunst-Textil» von Elsi Giauque im Aarbergerhus in Ligerz

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Ausstellung

Die diesjährige Ausstellung «Kunst-Textil» im Aarbergerhus in Ligerz präsentiert im Rahmen der Trilogie «Textil-Räume» zeitlos spannende, Raum und Transparenz erobernde Arbeiten von Elsi Giauque (1900-1989).

1970 beschrieb die Kunsthistorikerin Erika Billeter trefflich Elsi Giauques künstlerische Revolution: «Eine Weberei solchen Stils zu machen, war mehr als avantgardistisch, - es war eine echte Tat.» Es war eine Befreiung der textilen Kunst aus der Welt der Wandtapisserien in den Raum, Giauque hat mit ihren skulpturalen Textilien den Raum erobert und Räume geschaffen, Räume aus Licht und Transparenz, Farben und Materialien.
Die von Annelise Zwez kuratierte Ausstellung ist Teil der Trilogie «Textil-Räume» in Zusammenarbeit mit der Villa am Aabach, Uster, und «Tuchinform», Winterthur; ausgewählt wurden daher nur räumlich orientierte Arbeiten, mehrheitlich Leihgaben, von 1950 bis Mitte der 80er fahre, mit dem Schwergewicht auf den 60er und 70er fahren.

Erstmals dreidimensional
1950 hatte Elsi Giauque, die bis anhin immer zweidimensional arbeitete, von den Besitzern einer Papeterie und Kunsthandlung in Biel eine Schachtel mit kleinen Holzkeilen erhalten. Diese wurde von der experimentierfreudigen Künstlerin, respektive ihrer Mitarbeiterin Käthi Wenger, in eine Tapisserie eingearbeitet und zu einem im Raum schwebenden, textilen Windspiel gemacht: «Transparenz», eine erste räumliche Vision, die sich mit Verve in den 60er Jahren fortsetzte.
Von einschneidender Bedeutung war für Elsi Giauque, die bei Sophie Taeuber-Arp an der Kunstgewerbeschule in Zürich studiert und deren Nachfolge als Lehrbeauftragte inne hatte (und somit vom Bauhaus-Gedankengut geprägt war), die 1962 gegründete Textil-Biennale in Lausanne, an der sie ab 1965 oft teilnahm. Sie trat hier 1967 zum ersten Mal überhaupt mit einer dreidimensionalen, räumlichen Textilarbeit auf - der Bann war gebrochen, die textile Gestaltung öffnete sich dem Raum, schuf Räumliches.
Doch bereits 1961 entstand die kleine «Prototypsäule», aus der heraus sich weitere Säulen entwickelten, die im Raum hängen, diesen sich zu eigen machen, Räumliches umschreiben. Wie «Sensibilité» aus feinen Fäden, ist die Säule mit kunstvoll konstruierten, geometrischen Durchblicken, die trotz ihrer Mehrschichtigkeit so luftig, durchlässig sind, und von einer so eleganten Haltung; in Gold, Silber und Schwarz schon monarchisch schlicht, farbig wie abstrakte Bühnenelemente gestaltet. Giauque choreografiert immer wieder das Theatralische, das Architektonische: Die «Madame en noir» ist abstrakt, aber majestätisch, «Le Manteau» erscheint shakespearehaft, erzählbereit wie die «Stundenuhr» sinnbildartig wirkt.
Mit einem surrealen Augenzwinkern lässt die «Hommage an Meret Oppenheim» die Querelen um den moosbewachsenen Brunnen in Bern aufleben - hier wächst er silbergrau gewirkt von der Decke, grüne Elemente geben das Moos und aus der Mitte lugt schelmisch ein Kopf heraus.

«Les cinq fantômes»
Als eindrücklicher Augenzeuge damaliger Kunst am Bau tritt die seit 1980 im Regionalspital Sion platzierte Installation «Les cinq fantômes» in Erscheinung. Hier vereinen sich mächtig und raffiniert zugleich Tapisserie und Raumobjekt. Während das «Elément spatial», aus mit farbigen Fäden bespannten Rahmen von Elsi Giauque auch als «Chute de couleurs» bezeichnet, die, 1968 erstmals entstanden, gestaffelt hintereinander gehängt auf die Op-art eines Vasarely verweisen.

Sara Rohners Festi-Kapelle
Elsi Giauque hat als Pionierin der textilen Kunst viele jüngere Künstlerinnen geprägt, so auch Sara Rohner (geb. 1964), die mit ihrer Raum-Installation subtil Elsi Giauques Thematik die Referenz erweist. Einer schlichten Kapelle der Erinnerungen gleicht dieser aus Pergamentpapierblätter-Vorhängen geschaffene Raum im Raum, in dem sich nur ein Fauteuil und ein Buch mit Fotografien befinden. Eine rote Linie auf den weissen Papierblättern markiert den Weg zur Festi ob Ligerz, den die aus La Neuveville gebürtige Sara Rohner als Kind mit ihren Eltern zur Elsi Giauque hoch marschierte.
Auch in den Fotografien kann man den Weg zur Festi nachvollziehen. Leicht verschwommen durch die Überblendung mit den Fenstern ihres Aargauer Ateliers, reflektiert sich in diesen Spiegelungen das Mehrschichtige und die Transparenz aus Elsi Giauques Schaffen.

INFO: Ausstellung Elsi Giauque, Käthi Wenger, Sara Rohner im Aarbergerhus Ligerz bis 1. Oktober 2006, geöffnet Mo-Fr 15-18 Uhr, Sa/So 12-18 Uhr. So 24.9. Führung um 15 Uhr, So 1.10. Gespräch mit Käthi Wenger und Sara Rohner.

Textil-Räume
Die diesjährige «Kunst Textil»-Ausstellung in der Stiftung Aarbergerhus vernetzt Ligerz erstmals mit zwei anderen Institutionen, die ebenfalls an der Schnittstelle von Kunst und Design tätig sind. Gemeinsam wurde die Trilogie «Textile Räume» erarbeitet, bei welcher Uster als Raumfolge Installationen zeitgenössischer Künstlerinnen zeigte, Winterthur in vier Etappen Interieurs von vier TextildesignerInnen zeigt und Ligerz quasi historisch auf den Weg von der Wand in den Raum hinweist.

Raum und Transparenz: Elsi Giauques ab 1968 in Spanntechnik gefertigte Rahmen sind variabel und sollen als «Element spatial» zu immer neuen räumlichen Op-Art-Konstellationen gefügt werden. Für die Konzeption in Ligerz zeichnet Pia Andry-Giauque, die Tochter der Künstlerin.
Raum und Transparenz: Elsi Giauques ab 1968 in Spanntechnik gefertigte Rahmen sind variabel und sollen als «Element spatial» zu immer neuen räumlichen Op-Art-Konstellationen gefügt werden. Für die Konzeption in Ligerz zeichnet Pia Andry-Giauque, die Tochter der Künstlerin.