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Seelen bei der Zerreissprobe: Rolf Blaser stellt in der Schachen-Galerie in Oensingen aus

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Ausstellung

Schonungslose und direkte Menschendarstellungen als körperlicher Ausdruck extremer innerer Spannungen. In der Schachen-Galerie in Oensingen zeigt der gebürtige Solothurner Rolf Blaser seine «ungeschminkten Menschenbilder»: intensive, realistische, Betroffenheit auslösende Arbeiten, mit denen die Galerie ihr Programmangebot erweitert.

Die Frau auf dem Bürodrehstuhl schlägt die Beine zwanghaft übereinander, presst sie heftig aneinander, die Hände, die Arme unnatürlich verkrampft, der steife Rücken verspannt sich, ein letztes, verzerrtes Abmühen um eine verzweifelte elegante Haltung. Eine Seele unter innerem Hochdruck, die sich trotz rotem Minikleid allein durch ihre Pose seelisch entblösst. Eine Nacktheit, die sich bei den anderen Figuren konkretisiert, wenn, nur noch spärlich oder gar nicht bekleidet, die Qual der extremen seelischen Anspannung körperlich sichtbar wird.

Direkt verbildlicht
Die Sehnen, Muskeln treten unnatürlich markant hervor, die Venen scheinen zu pulsieren, jedes Detail der körperlichen Anspannung als Ausdruck des Seelenzustandes wird, so bar jeglicher schützenden Hülle und wertlos dem Blick ausgeliefert, aus der Intimität geholt, schonungslos und sehr direkt verbildlicht.
Ein Mann kauert in angespannter Abwehrhaltung auf dem Boden, eine nackte Frau windet sich wie ein gehetztes Tier auf einem Stuhl, rutscht auf der Kante, klammert sich an die Armlehnen, kippt und verkrampft, bäumt sich auf, quält sich - das Bild komponiert wie fragmentarische Ausschnitte aus losen Filmsequenzen.

Hautnaher Realismus
Auch hier wieder, wie bei all den anderen gepeinigten Gestalten, sind die Sehnen, Muskeln, Nerven bis zum Zerreissen gespannt, in ihrem hautnahen Realismus erschreckend fassbar, durch die technische Qualität und reife Intensität in ihrer eindringlichen Ausstrahlung verdichtet.
Mit der ungeschminkten Offenheit der Körper, der absoluten Direktheit der dargestellten Gemütstour, will der 31jährige gebürtige Solothurner und seit 1988 in La Chaux-de-Fonds lebende Rolf Blaser die innere Hochspannung auf dem extremen Höhepunkt, der Grenze zum Umschlagen nach aussen tragen.

Schmerzvolle Identität
Gesichter sind für den an der Bieler Kunstgewerbeschule im Fachbereich Graphik ausgebildeten Künstler nebensächlich. Um keine Portraits oder Wiederholungen entstehen zu lassen, lässt er die Mienen undeutlich verschwommen. Eine Identität, wenn auch eine schmerzvolle, verleiht ihnen der Werkjahrespreisträger von 1989, der sich während der Ausbildung auch mit der Malerei befasste und seit 1984 als freier Maler und Zeichner tätig ist, allein durch ihren Körper. Die äusserlich gesund, ja kräftig wirken, nichts anderes sind als nach aussen gestülpt sich in einer Art Zerreissprobe befindende, gepeinigte, gestresste und leidende Seelen. (Bis 21. März 1992)

Schachen-Galerie in Oensingen 1992: «Sitzende Frau» von Rolf Blaser. (Foto: Eva Buhrfeind)
Schachen-Galerie in Oensingen 1992: «Sitzende Frau» von Rolf Blaser. (Foto: Eva Buhrfeind)