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Leichte Unterhaltungskost: «Der Kontrabass» im Atelier-Theater Bern

Verfasst von Eva Buhrfeind/Bern | |   Theater

Mit dem Ein-Personen-Stück «Der Kontrabass» von Patrick Süskind bietet das Atelier-Theater Bern recht heitere, wenn auch leichte Unterhaltungskost. Walter Andreas Müller baut vor allem auf sein bekanntes komödiantisches Können, sehr zum Vergnügen des Publikums. Nur gehen so die tragischen und ernsten Hintergründe unter.

Da steht also einer auf der Bühne, der im wirklichen Leben Walter Andreas Müller heisst und ein beliebter Volksschauspieler ist; hier auf der Bühne des Atelier-Theaters rekrutiert er sich jedoch aus der zwar namenlosen, jedoch wichtigen Masse der Kontrabassisten. Da steht und geht er im abgetragenen Bademantel und redet, redet über sich und sein Leben als Kontrabassist, ein ewiger Frust und auch neurotischer Zwang, redet über die Liebe (unter anderm zum Instrument), über Hass (vor allem zum Instrument), immer wieder über das arme Saiteninstrument, das doch gar nichts dafür kann und trotzdem Kumpel, Feindbild, Geliebte, Familie ist.
Er redet über Musik, Goethe, Mozart, Schubert, seine heimliche Liebe Sarah, die Sopranistin, kotzt so ununterbrochen eindreiviertel Stunden alles, was ihn bewegt, ärgert, rührt und hindert vor das Publikum, kaut auch mal laut ein Bonbon, schlürft ein wenig Bier, mümmelt ein Ei oder knabbert am Berliner; der Mikrokosmos Orchester als Abbild des Makrokosmos Gesellschaft, und er nur ein armer Krümel, so oder so, als Kontrabassist immer in der vorletzten Reihe, unbeachtet - im Leben ebenfalls ein Schlusslicht.

Autobiographisches
Der Autor Patrick Süskind, 1949 in der Nähe Münchens geboren, zählt mit seinen wenigen Werken mit zu den bekanntesten deutschsprachigen Gegenwartsautoren. Absolut publikums- und öffentlichkeitsscheu und sehr zurückgezogen lebend, hat er der Geschichte um einen Kontrabassisten und dessen Alltagssorgen auch Autobiographisches untergeschoben: die Einsamkeit eines Menschen in immer kleiner werdenden Zimmern, die zu verlassen immer schwerer fällt.

Allzu komödiantisch
Die Inszenierung von Kurt Schwarz legt jedoch ihr Schwergewicht beinahe übermächtig auf die sichere, publikumswirksame, heitere Seite des 1980 geschriebenen Buches. Auch wenn man sich recht wortgetreu an den Originaltext hält - manch Melancholisches wurde ausgelassen, manche Lacher-Garantie dafür eingebaut -, kehrt der Protagonist zu sehr seine komödiantischen Talente hervor, so dass die unfreiwillige, wenn auch bittere Ironie der herausgestossenen Pointen zur reinen Komik und zum Slapstick geraten, sehr zum Gaudi der Zuschauer.

Burlesker Musikant
Das mitunter quälend-nervige, irritierende Zwiegespräch des Buches mit dem stummen Leser, das hinter den heiteren Zeilen immer wieder hervorbricht, plätschert auf der Bühne unsensibel-glatt und oberflächlich dahin. Wie in einem Kasperle-Theater darf und kann das Publikum begeistert mitmachen.
Da steht denn in dem von Dieter von Arx eingerichteten kümmerlichen Kämmerchen doch nur Walter Andreas Müller, nicht als eine vereinsamende, sich akustik- und damit vom Leben isolierende, nach aussen und innen einigelnde, auf den Lebensinhalt Kontrabass fixierende tragische Figur, sondern nur als ein nörgelnder und räsonierender, nur manchmal unglücklicher, dafür burlesker Musikant, der redet und redet und ab und zu diesen oder jenen Ton vorführt: pizzicato, pianissimo, mezzoforte, forte. Das Premieren-Publikum dankte ihm begeistert.
(Am 10. März 1992  gastiert das Atelier-Theater mit «Der Kontrabass» auch im Stadttheater Langenthal.)
 

1992 im Atelier-Theater Bern: Walter Andreas Müller in der Rolle des Kontrabassisten.
1992 im Atelier-Theater Bern: Walter Andreas Müller in der Rolle des Kontrabassisten.