Feine weisse Linien durchziehen das Schwarz des Bildes, schlängeln sich, bilden kartografische Gefüge, mysteriöse Gestaltungen, formieren Ornamentales oder Bizarres, wandeln zwischen repetitiven geometrischen und figurativen Momenten. Feine Linienführungen lassen an ein Gewebe denken, bewegte Konturen zwischen Schwarz und Weiss erzeugen seltsame Dimensionen. Doch sind es weisse Formlinien, die diese opulenten Inhalte entstehen lassen, oder sind es nicht schwarze Tuschelinien, die wie fernöstliche Kalligrafien das weisse Blatt füllen?
Seit seiner Kindheit ist der gebürtige Pariser David Rougeul fasziniert vom Reisen und von der Kartografie. Während seiner Ausbildung zum Schreiner erlernte er das technische Zeichnen. Diese Technik des Tuschezeichnens entdeckt er Jahre später als Werkzeug, das ihm jene höchste Präzision für sein bildnerisches Werk ermöglicht. Während vieler Reisen zeichnete David Rougeul mit dem schwarzen Filzstift fraktale und symbolische Formen frei aus dem Kopf; Zeichnungen, mit denen er die Schönheit der Welt ausdrücken wollte, so, wie sie ihm erschien. Ein Grafik-Design-Kurs führte ihn zu neuen Techniken.
Die Intention seiner künstlerischen Arbeiten basiert auf Formen – geometrische, architektonische, symbolische, archaische und auch fantastische, nebeneinander gesetzt, oft sich wiederholend. Einziges Werkzeug sind die Hände und der Tuschestift. Geleitet vom Unterbewussten, absolut frei in der Kreativität und von inhaltlichen Absichten, beeinflusst von der Jahrtausende alten Kunst der Haïda, einer indigenen Kultur Kanadas, und der chinesischen Kalligrafie, inspiriert von spirituellen Aspekten Indiens folgt der 1968 geborene und in Derendingen lebende David Rougeul ohne Lineal seinem Grundgerüst, seinem «Skelett» - hoch konzentriert in den meditativen und rituell geführten Bewegungen.
Wenn das «Skelett» erschaffen ist, füllt er, abwechselnd an der Linienführung und den Formen arbeitend, seine Formen mit Tusche, stets auf der Suche nach dem Gleichgewicht zwischen Weiss und Schwarz, Hell und Dunkel, um eine perfekte Harmonie zwischen den Strukturen, den Farbklängen und den Formen zu finden. In der Überlagerung der Formen und der Perspektive der Zeichnung entwickelt sich ein für den Künstler wichtiger optischer Effekt, der die Formen wie in Bewegung erscheinen lässt.
Auch wenn die Motive frei sind von Sinn, die Natur und deren Formen, eine universelle Spiritualität spielen eine wesentliche Rolle, wenn sich das unendlich Kleine im unendlich Grossen wiederfindet, das «fractale» Zeichen sich als virtueller wie symbolischer, kartografischer Ausschnitt grösserer Zusammenhänge von Vergangenem, Gegenwärtigem und Zukünftigem lesen lässt.