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Künstlerische Vielfalt wider einfältiges Kunstverständnis – Judith Nussbaumer und Nadja Lerch im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist

Verfasst von Eva Buhrfeind |

Judith Nussbaumer und Nadja Lerch zeigen im Schlösschen Vorder-Bleichenberg in Biberist ihre Arbeiten, die eindrucksvoll einen Kunstbegriff individueller Freiheiten repräsentieren.

Diese Ausstellung zeigt einmal mehr, Kunst ist Freiheit der Bildsprachen. Kunst erzählt, schafft Verbindungen oder steht autonom für sich als reines Ausdrucksmittel, die individuellen Intentionen scheinen oftmals unerschöpflich, manchmal kryptisch oder verschlossen, abbildend oder ungegenständlich, persönlich oder universell, schöpferisch oder radikal. Und so ist auch diese Werkschau optimal auf das jeweilige Schaffen eingerichtet, damit beide Künstlerinnen ihre ganz eigene Bühne bespielen.

Wandelbare Ideenvielfalt
Judith Nussbaumer überrascht immer wieder mit der Wandelbarkeit ihrer malerischen wie gestalterischen Ideen, wenn es darum geht, ihrer Kreativität Ausdruck zu verleihen. Und auch in diesen neueren Arbeiten – Malerei und Objekte – zeigt sich die Natur als inspirierender Nährboden, um das Gesehene und Faszinierende variationsreich zu transformieren. Dabei geht es der Fulenbacherin nie um ein Abbild der Natur, sondern stets um die Freiheit des künstlerischen Moments. Es ist eine Natur, die die Künstlerin auf Spaziergängen mit feinem Sensorium für die kleinen Dinge aufgreift, in ihr Atelier in Wolfwil mitnimmt als Material, als Idee und Skript für ihre künstlerischen Interventionen, um sie mit ihrer ganz eigenen Bildsprache zu interpretieren: abgestorbene Äste, getrocknete Wurzelgeflechte, verwelkte Pflanzen, Blütendolden, Samenköpfe, feine zeichnerisch wirkende Gräser – das Vergängliche der Natur findet in diesen Arbeiten ihre Unvergänglichkeit, wenn sich das Wachsen und Vergehen, die allegorisch wirkenden Verflechtungen und schlichten Formen die Malerei oder das objekthafte Moment zu eigen machen. Dazu sind die Farben zurückhaltend oder je nach Intention auch leuchtender, in bewegter Linienführung oder in der Form ruhend. Neben der Malerei schöpft Judith Nussbaumer ihre gestalterischen Impulse aus der Objektarbeit, wobei sich die Themen gegenseitig befruchten. In diesen plastischen Werken präsentiert sich die Natur als feine Poesie und leichte Ironie, wenn die Künstlerin aus Rechenzargen und Schwämmen skurrile lebendige Wesen schafft, dem Wespennest im metallenen Zylinder eine neue Bedeutung verleiht und schmale Eisenstangen auf die pflanzliche Gestalt einer Natura morte reduziert. Wenn sich alles miteinander verbindet: Malerei, Objekt, das Wesenhafte und Ästhetische, das Vergängliche und das Unvergängliche mit der Natur als gemeinsamer Nenner.

Unerschöpflich variierbare Themenvielfalt
Nadja Lerch zeigt mit ihrem einfallsreichen skulpturalen Schaffen, dass die Menschen ein unerschöpflich variierbares Thema bis hinein in die Tiergestalt sind. Mensch und Tier, irgendwie hängt alles zusammen. Jede der hier bühnenreif vorgestellten Damen und Herren, jüngere und ältere, kleinere und grössere, als Büste, als akrobatische Lebenstruppe oder in einer Fabelinszenierung mit kuriosen Tieren, stehen für die schöpferische Neugier der Künstlerin, manifestieren innere Haltungen als äusseren Ausdruck: als Ausdruck für Sehnsüchte, Lebenswünsche, Gefühle und unerfüllte Träume, die Kreatur als Sinnbild unserer Innenwelten und merkwürdigen Verhaltensweisen. Diese charmanten Figurationen erzählen phantasievoll mit ihrer leicht ironischen, theatralischen Poesie von tagtäglichen Inspirationen und Eindrücken. Aus Holzmasse gefertigt, mit Aquarellfarben und Farbstiften nun feinfarbiger und detailfeiner koloriert, beschreiben sie eine Artenvielfalt skurriler, märchenhafter, zuweilen gruselig wirkender und immer wieder menschlicher – und auch tierischer – Charakteren. Seltsam nahbar in ihrer Unnahbarkeit, spiegeln ihre Mienen und Mimiken, sei es als Mensch, als Hund, Schwein, Huhn, als gleichnishaft anmutende Phantasiegeschöpfe die Haltung mancherlei Gefühlswelten und -dramen wider: traurig, sinnierend, müde, ergeben oder frustriert, kapriziös oder erhaben, mit Käppi, kronenartiger Montur, komischer Frisur, anekdotisch vereint mit den dominanten Tieren. Dazu der versponnene Blick aus den verträumten Augen, der in eine imaginäre Ferne gerichtet ist. Wieder entpuppt sich die in Oberdorf wohnhafte Künstlerin als einfallsreiche Fabuliererin, wenn sie ihre menschlichen und tierischen Gestalten zu allegorischen Attitüden ausformt, die in der Feinheit der Farben und Formen dezente Botschaften und Biografien in sich tragen. Fabel und Fabelhaftes als gestalterisches Narrativ wunderlicher Pointen des Lebens – selbst in den Figuren aus Polyester und Kunststoff, die auch draussen am Leben teilnehmen können.


Bis 7. November. Geöffnet: Sa + So 14-17 Uhr, Mi + Do 16-19 Uhr. Vernissage heute Samstag, 16.10., 17 Uhr. Matinée: Sonntag, 24.10.11 Uhr, Marcel Wyss, Saxophon und Basso Salerno, Akkordeon