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Bindemittel zwischen Wahrnehmung und Befindlichkeit: Fotoausstellung im Schösschen Vorder-Bleichenberg Biberist

Verfasst von Eva Buhrfeind |

Im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist, steht das Thema Fotografie im Zentrum einer Ausstellung. Eine Künstlerin und zwei Künstler sind mit individuellem Schaffen von persönlichen Befindlichkeiten und Lebenserfahrungen präsent.

Ursula Müller, Urs Amiet und Simon von Gunten, alle drei leben und arbeiten in Solothurn, nutzen die Fotografie als erzählerisches oder darstellendes Medium. Obschon die Fotografin und die beiden Fotografen das Medium Fotografie unterschiedlich nutzen, gehen ihre inhaltlichen Ansätze in dem hier präsentierten individuellen Schaffen von persönlichen Befindlichkeiten und Lebenserfahrungen aus. Ursula Müllers Inspiration zu diesen Arbeiten mit dem Titel «Testimoni, Zeugen, Testigos» ist das Haus ihrer Kindheit, in dem Menschen mit italienischen und spanischen Wurzeln ebenso lebten wie sie mit ihrer Familie – ein Haus, das die 1958 Geborene nun nochmals besuchte, um die Erinnerungen und Betrachtungen fotografisch zu versinnbildlichen und für sich zu deuten. Ihre Arbeiten sind eine eher subjektive Hommage an die verschiedenen Kulturen und an die eigene Geschichte, gefunden und interpretiert in der Natur und Architektur: Akkurat wie klassisch gepresste Pflanzen, farbig fotografiert und vergrössert, poetisch stimmig zu Papier gebracht, dichtes, geheimnisvoll wirkendes Gebüsch, ursprüngliche Wurzelgebilde, das Sediment des Umfeldes, auf dem alles gewachsen ist, die leeren Wände als geschichtetes Archiv gelebter Leben verschmelzen zu persönlich konnotierten Erinnerungsräumen erlebter und reflektierter Zeitgeschichte. Der bewahrende Blick zurück vereint sich mit dem erinnerten Blick aus der Vergangenheit zum Heute, die  verzweigt gewachsene Natur, die Verwurzelungen, die abgelegten Räume, die Spuren früherer Leben bleiben persönlich und ermöglichen den Betrachtenden eigene Reflexionen.

Urs Amiets «30 Sekunden»
Urs Amiet, Jahrgang 1966, hat seine fotografische Herausforderung vor vielen Jahren in der Lockkamera gefunden. «30 Sekunden», dieser Titel ist gleichzeitig Thema und Leitmotiv seiner Porträts, die mit ihrer schwarzgrauen, leicht verschwommenen Wirkung nicht eine konturierte Identität spiegelt. Ihn interessieren nicht das digital Scharfe, der fotorealistische Blick, nein, Urs Amiet sucht den Moment des Erkennens in der Unschärfe, jenen Zeitfaktor zwischen dem in sich ruhenden Blick und dem unmittelbaren Prozess des schnellen Bildes einer Sofortbildkamera. 30 Sekunden lang müssen seine Protagonistinnen und Protagonisten in die Sofortbild-Lochkamera – die er inzwischen selber baut –  schauen, bevor er abdrückt. Diese 30 Sekunden scheinen eine Ewigkeit, Zeit für die Porträtierten, den Blick loszulassen, sich auf sich selbst zu konzentrieren, bevor das Sofortbild diesen Augenblick bannt. Auf Japanpapier gedruckt, entwickeln diese Fotografien jenes Erkennen in der Unschärfe, wenn der aktuelle Zeitmoment historisch anmutet.

Simon von Guntens «Arbeitstitel»
Simon von Gunten, geboren 1983, Berufsfotograf, steckt in seinen Fotografien die ersten fünf Jahre Erfahrung als Vater ab. Reflektiert und versinnbildlicht diese Wende in seinem Leben, deren ungeahnten Folgen und Veränderungen, deren persönlichen Bestimmung er variationsreich nachgeht und zum Teil als subjektive Metaphern verarbeitet: das Kind als vertrautes Motiv, landschaftliche Situationen als wichtiger Freiraum oder Fixpunkt, aussenräumliche Impressionen als persönliche Standortbestimmung, eine sich verdichtende Natur, seine Situation in einem unendlich weiten Raum. Simon von Gunten arbeitet digital, analog, mit Lochkamera, Camera obscura, Polaroid – seine Inhalte spiegeln seine Suche nach einem Weg, der Titel «Arbeitstitel» beschreibt die erlebten Jahre als ein unerwartetes Arbeitsabenteuer.

Bis 25.09.2022. Öffnungszeiten: Mi/Do 16-19 Uhr, Sa/So 14-17 Uhr. Künstlergespräch Donnerstag, 8.9., 19 Uhr. Matinée Sonntag, 11.9., 11 Uhr. Urs Amiet porträtiert an folgenden Daten Besucherinnen und Besucher: 4.9. 14-17 Uhr. 8.9., 16-18.30 Uhr. 10.9./. 11.9./17.9./  18.9.3, jeweils 14-17 Uhr