«Hintersinniges Sieben», ebenso hintersinnend wie mehrdeutig ist der Titel dieser Ausstellung in der Galerie Löiegruebe. Hintersinnig, weil es die Dinge, das Erleben hinter dem vordergründigen Sinn erfasst. Und Sieben ist eben das intuitive Filtern und Sichten von Erfahrungen, Eindrücken und Empfindungen, subjektiver Lebensbruchstücke als gemeinsamer Ansporn und sich befruchtende Inspirationen. Mario Bernhard Cavoli, 1945 in Basel geboren, seit 41 Jahren in Solothurn lebend und arbeitend, war 30 Jahre – bis 2009 – Mitglied im Künstlerhaus 11 an der Schmiedengasse, seit 1983 hat er sich mit diversen Ausstellungen und Aktionen einen Namen gemacht. Eine schwere Krankheit und ein Unfall führten zu einem längeren Unterbruch im künstlerischen Schaffen. Jetzt ist er wieder voll zeichnerischem Drang, seine inneren Bilder zu sichten. Denn die Zeichnung, das präzise Zeichnen des ausgebildeten Kunsthandwerkers gehört mit zu seinen Kernkompetenzen. Und das beweist er hier in vexierbildartigen Federzeichnungen, wenn er präzise und konzentriert mit der Spitzfeder, mit Tusche und Aquarell aus Linien und Punkten kleine akkurate Geschehen inszeniert, verdichtet, verschlüsselt und dann doch wieder Hinweis gibt auf die dahinter stehenden Eindrücke und Inspirationen. Getragen und motiviert von dem, was passiert, was er erlebt und fühlt nach der Krankheit, nach der Genesung, geleitet von Zufall und persönlichen Gefühlsmomenten entwickelt Mario Bernhard Cavoli auf dem Papier seine Geschichten, unermüdlich in der künstlerischen Motivation, kreativ in den Figurationen, effektvoll in der Magie der Imagination, der grafischen Akkuratesse. In Schwarzweiss wirken sie wie Holzschnitte, farbig erinnern sie an märchenhafte, versponnene oder surreale, stets phantasievolle bis rätselhafte Illustrationen tiefempfundener Erlebnisse.
Nicht einfach zu fassender Yves Lavoyer
Yves Lavoyer, 1981 in Jegenstorf geboren, ist bereits zum dritten Mal in der Löiegruebe zu sehen und überrascht einmal mehr mit seiner Kreativität. Dabei ist seine künstlerische Absicht nicht immer einfach zu erfassen. Ursprünglich vom Graffiti, damit von der Zeichnung herkommend, changiert sein Werk zwischen Zeichnung, filmischer Animation, Fotografie, Malerei, Druck, Objektarbeit. Beide Kunstschaffenden kennen einander, so hat Mario Bernhard Cavoli Yves Lavoyer in einer Notsituation einen Platz in seinem Atelier geboten. Der Jüngere erweist hier mit kleinen Tuschezeichnungen dem Älteren Reverenz: feinste, minutiös gesetzte Punkte entwickeln sich aus dem intuitiven bildnerischen Bewusstsein heraus zu eigenwilligen Figurationen und Fiktionen. In diesen durchaus surrealen und phantastischen, vieldeutigen Geschehen vernetzt sich Erlebtes und im zeichnerischen Prozess zufällig sich Generierendes, Bruchstücke eines breiten Repertoires alltäglicher Reize und intuitiver Gedanken. Denn Yves Lavoyer, der auf ein Diplom der Hochschule der Künste und auf das Lehrdiplom für Bildnerisches Gestalten der Pädagogische Hochschule Bern verweisen kann, reagiert aus dem Moment heraus auf die Welt, auf Gefühle, Farben, Fundstücke, auf den Fundus seiner Kreativität, auf spezifische und zufällige Momente, auf Situativ-Philosophisches – um intuitiv seine Inspirationen, Assoziationen und Gedanken bildlich zu chiffrieren. Mit Leuchtfarben markierte Glasbruchstücke und Fundobjekte spiegeln subjektive Bruchstellen ausserhalb von Sollbruchstellen. Zeichenhaft-Installatives, ob im Raum oder als abstrahierte Wandobjekte, lassen an reliktartig-rätselhafte Restzustände denken, analoge Fotografien und Zeichnungen ergeben absichtslos übereinander gelegt aus dem Zufallsprinzip weitergedacht vielschichtige suggestive Momentaufnahmen.
Bis 4. März 2023
