«Lucky Spirit», das ist nicht nur der poetische Titel dieser Ausstellung, er widerspiegelt auch das gemeinsame Glücksgefühl, wenn die Künstlerinnen in den malerischen Prozess eintauchen, sich auf das Wesentliche, das künstlerische Ambiente, auf die bildnerische Schaffenskraft und damit die Freiheit der Kunst konzentrieren, um ihre jeweils eigene Welt zu erschaffen. Eine Welt, die bei Myriam Werner von der Landschaft als malerische Orientierung, von der Natur, den Blumen als Farbkraft und Farblust, als Erfahrung und von jener wirkmächtigen Energie bestimmt wird, die sich im Leuchten und in der Intensität widerspiegelt.
Myriam Werners Farbkontraste
Myriam Werners Landschaften wirken begehbar, vertraut und sind doch in der malerischen Absicht frei interpretiert. Flickenteppichartigen Topografien gleich, wirkungsvoll in der Tiefe und Weite des Horizonts, farbintensiv in den blauvioletten Tönen geschichtet, imaginieren markante Farbkontraste landschaftliche Zeichen: ein Baum vielleicht, flirrendes Licht und Schatten, Hügel, Gebirgiges. Doch nie naturalistisch, sondern inhaltlich offen und ebenso imaginativ zeigt sich, es ist die Natur an sich, die im rein malerischen Anspruch bis ins Abstrakte resultiert. Wie in den leuchtenden Blüten, durchaus als solche zuzuordnen, und die dennoch mit einem subjektiven Moment spielen – sie Blüten als dynamische Leuchtkraft zwischen reiner Wirkung und individuell lesbarer Abstraktion, zwischen Licht und Topografie, zwischen Impression und malerischem Temperament. Es sind Blüten, in denen sich Landschaftliches anskizziert, die fulminant aus dem Bildraum mit Pinsel, wasserlöslichen Ölfarben und Farbpigmenten auf Leinwand sich den Betrachtenden eröffnen. Diese durchaus magischen Situationen vertieft die 1971 im luzernischen Seetal geborene Künstlerin, sie lebt und arbeitet im solothurnischen St. Pantaleon, im ersten Stock mit ihrer Interpretation malerischer und persönlich bereister Orte in Mexico. Die dichten, ungegenständlich anmutenden Dschungelansichten lassen spirituelle Räume anklingen – und zeigen eine Nähe zu den Arbeiten von Geneviève Morin –, während die erst kürzlich fotografierten rituellen Orte in Mexico sich spannungsvoll der Malerei annähern.
Geneviève Morins Gedankenwelt
Auch bei Geneviève Morin, 1963 in Montreal geboren, seit über 30 Jahren in Basel lebend, wirkt die Farbe als erzählerisches Moment. Doch in ihren Arbeiten – Farbstift, Tusche oder Öl auf Leinwand – verwebt die Künstlerin vielschichtig Traumhaftes und erlebte Wirklichkeit, Zwischenmenschliches und Mystisches, fremde und vertraute Welten, Berge als umfassende magische Orte, Naturbeobachtungen und -phänomene, Mensch, Tier und Natur, Gefühle und Spannungen. Ihre lebhaften wie auch eigenwillig reflektierten Inhalte thematisieren eine tiefer gehende Gedankenwelt, die mal fiktiv, dann wieder sinnbildhaft, persönlich konnotiert oder offen in der Interpretation die Betrachtenden einladen. All ihre Themen sind geheimnis- wie spannungsvoll und metaphorisch, dies zeigt sich insbesondere in der grossformatigen Arbeit «Sous-Couche» im 1. Stock: Das Leben, die Natur, der Wald, Lebewesen, Augen, die sehen, ein Pfeil, der den Weg in die Tiefe des Waldes weist, geisterhafte Wesen, allegorische Gestalten – alles ist miteinander untergründig verwoben und vernetzt, das Reale und das Verwunschene, das Ist und das Sein, das Gefühl und das Denken, das Mögliche und das Unerklärliche, das Sichtbare und das Darunterliegende. Derart, dass diese Szene wie eine allegorische und metaphorische Dramaturgie wirkt, die all ihre andern Inhalte einbindet und vernetzt, den Betrachtenden bleiben diese Welten frei zur Interpretation.
Maja Rieders komplexe Werke
Auch wenn die Arbeiten von Maja Rieder, aus Kestenholz gebürtig und in Basel lebend, auf den ersten Eindruck einfach scheinen, der formale und der gedankliche Prozess des Bildaufbaus, die Geometrie, das Kreuz und seine Variabilität sind komplex durchdacht. Allen Werken ist dabei eins: sie entstehen in Serien und als Abfolgen derer Variationen. Ein Grundprinzip ihrer Arbeiten im Erdgeschoss bildet ein Holzkubus, auf dem genässtes Papier rundherum gespannt und jede der sechs Seiten dann bemalt wurde, bis sich aus den Überlagerungen und Verdichtungen variantenreiche Farbkompositionen ergeben, die mit frei fliessenden Farbbahnen und Flecken variable Kompositionen aufbauen im Spannungsfeld geometrischer und informeller Gesten. Ein weiteres konstruktiv durchdachtes Bildkonzept findet sich im 1. Stock. In der Diagonalen überlagert und abgedeckt, eingefärbt und verschoben, entstehen auf dem textilartigen Papierträger grossformatige, sich überkreuzende Farbfelder, die eine subtile Räumlichkeit im Flächigen bewirken, wirkungsvoll und dezent zugleich.
Diesen geometrischen Reflexionen wirken Maja Rieders Tonobjekte entschieden entgegen. Aus halben Tonblöcken, die sie willkürlich mehrmals auf den Boden geworfen hat, sind ohne formale Absicht eigenwillige Formen und Objekte entstanden, die mit feinfarbiger Engobe gebrannt, mit Rissen, Schründen und Fingerspuren fossilienartige Effekte hervorrufen, knöchern urzeitlichen Relikten gleich.
Bis 25. Juni 2023. Öffnungszeiten: Mi / Do 16 – 19 Uhr, Sa / So 14 – 17 Uhr. Vernissage: Samstag, 3.6., 17 Uhr. Matinée: Sonntag:18. Juni, 11 Uhr, Estelle Costanzo, Harfe. Finissage: Sonntag, 25.06., 14 Uhr. Die Künstlerinnen sind an der Vernissage, der Matinee und der Finissage anwesend.
